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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1. Februarheft
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Bogeng, Gustav A. E.: Deutsche Buchkünstler der Gegenwart und Buchkunstwerkstätten, [1]: die Engel-Drucke
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0290

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überall seine ästhetischen Problemstellungen in ihre
eigentiichen bibliotechnischen weiterführten, so sah er
doch mit dem stets betonten Bewußtsein, daß das Satz-
bild das Ergebnis des Schriftbildes sei, daß alles vom
Buchstaben abhänge, den der Buchdrucker in der Form
der Letter zu nutzen hat. Hier rnachte nun Morris Halt
auf seinem Wege. Die Flächenkunst des Satzbildes,
wie es die beiden aufgeschlagenen Buchseiten neben-
einander zeigten, war nach seiner Ansicht in dem der
Buchdruckerkunst zugewiesenen (zweidimensionalen)
Raum zu üben. Das war zweifellos richtig, aber nicht
erschöpfend genug für eine Kunstlehre vom schönen
Buch. Denn auch der Buchkörper übt seine Wirkungen
auf des Lesers Sinne, der „Architekt“ eines Buches ist
nicht eingeschränkt auf den Aufbau der Buchseiten im
Satzbilde, auch die Buchform, die im (dreidimensio-
nalen) Raum erscheint, übt einen zu bemeisternden
Zwang auf die Buchgestaltung, die zur Verkörperung
eines Schriftwerkes in ihr wird. Ebenso wie Morris, der
das Formale in Satz und Schrift hervorhob, wenig auf

ständnis, daß Buchdrucken ein mechanische Repro-
ducieren ist, für das Fortschritte der Technik nicht aus-
zuschließen blieben, so erzog sie andererseits zu einem
Überglauben an das Musterstück, der einigen Buch-
druckwerkstiitten gefährlich geworden ist, die sich mit
dem „guten Stück Arbeit“ zufrieden gaben.

Die Beherrschung der ihm dienenden Kunstfertfg-
keiten wird man von einem jeden Künstler verlangen
wollen. Aber sie machen aliem nicht das aus, was wir
als sein Künstlertum schätzen. Der sicherste Tech-
niker, der Virtuoso, kann nicht weiter, wo der Künstler
vorwärts will. Und man pflegt bei der Einschätzung
eines Künstlers sogar Mängel seiner Technik mit in den
Kauf zu nehmen, wenu sie durch echte künstlerische
Werte ausgeglichen werden. Für das Kunstgewerbe,
das Kunsthandwerk oder wie man es sonst nennen soll,
gilt das nun allerdings kauni ebenso wie für das freie
Kunstschaffen. F3ei ihm handelt es sich um die Her-
stellung einer Gebrauchs- und Zweckform, die An-
sprüchen ganz bestimmter Art zu genügen hat. Wenn

Menzel,

Eine bei einer
Porträtsitzung
überraschte
Dame.

Zur Biographie
des

Kaspar Netscher

Federzeichnung
auf Stein.

Aus dem
Werke:

Adolph Menzel
von

Elfried Bock

Verlag Amsler und Ruthardt, Berlin

das psychologische Element geaclitet hat, das die Buch-
stimmung hervorruft, sich etwa in der Druckfarbe, in
dem historischen einer Type, in dem Format und sonst-
wie äußert, hat er auch wenig hervorgehoben, daß die
künstlerisch lebendige Wirkung eines Buches, das an-
schaulich ein Zeitgefühl darstellt, nicht lediglich durch
den mechanischen Prozeß des Druckens, und vollziehe
sich dieser noch so vortrefflich, auszudeuten ist, son-
dern seine Ergänzung in einem organischen Prozeß
finden müsse, der in der Buchgestaltung eines Schrift-
werkes das hervorruft, was Buchdruckerkunst im
höchsten Sinne wird. Ganz gewiß, es handelt sich hier-
bei letzten Endes um Imponderabilien, die man bei-
spielgebend etwa an ausgezeichneten Buchdrucker-
persönlichkeiten erklären kann, die sich besser empfin-
den als erklären lassen. Aber sie sind nicht zu ver-
gessen, weil sie so wichtig sind, daß sie bei jedem Buch-
kunstmeisterwerke dem Dogmatiker, der es zum Muster
nimtnt, gefährlich werden können. Denn das war die
Gefahr der Morrisdoktrin, daß sie eine absolute Regel-
mäßigkeit allzu ausschließlich betonte. Verschloß sie
sich nach der einen Richtung hin zu sehr dem Einge-

wir von einem Buchdruckmeister reden, setzen wir vor-
aus, daß er das Bucli so gut druckt, wie es sich nur
irnmer drueken läßt, daß er die Höchstleistungen des in
seinem Fache notwendigen mechanischen Prozesses
erreicht. Eine Voraussetzung, die allerdings selten zu-
trifft — weshalb das Morrissche Verlangen nach detn
guten Stück Arbeit an und für sich wohl begründet war.
Aber doch auch eine Voraussetzung, die notwendiger-
weise gemacht werden muß, sobald von einer Buch-
druckerkunst die Rede sein soll. Daß ein deutscher
Druckmeister ersten Ranges — Ernst Engel in
Offenbach a. M. — diese Voraussetzung bester
Druckleistungen erfiillt, kann also in den folgenden Be-
Lachtungen seiner Drucke vorausgesetzt werden. Nur
an eins ist gerade bei der Erwähnung seines Namens
noch kurz in diesem Zusatnmenhange zu erinnern, an
den meist mißverstandenen Gegensatz zwischen der
Flandpresse und der Maschinenpresse. Wie es scheint,
sehen nicht wertige sonst besser unterrichtete Buch-
kunstliebhaber. in der Handpresse eine Arbeit Zauber-
gerät, dessen Benutzung bereits die Druckgüte ver-
bürgt. Das ist nun freilich durchaus nicht der Fall. Wenn

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