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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1. Februarheft
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Bogeng, Gustav A. E.: Deutsche Buchkünstler der Gegenwart und Buchkunstwerkstätten, [1]: die Engel-Drucke
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0293

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langweiliger Wirkung.) Bereits der zweite Druck vom
gleichen Jahre, I m m a n u e 1 K a n t, V o n d e r
MachtdesGemütes, brachte auf seinen 32 Klein-
quartseiten einen gelungenen Hinweis, wie wissen-
schaftliche Schriften durch eine besonnene typographi-
sche Durcharbeitung und Gliederung sich dem Leser
näher bringen lassen, wie dadurch, daß die Aufnahme
eines Werkes von der Buchdruckerkunst unterstiitzt
wird, der Leser leichter sich dessen Inhalt aufschließt,
wie ein ästhetischer Buchreiz sich ausnutzen läßt, um
ein vom Verfasser gewünschtes Verständigungsmittel,
die Buchform seines Werkes', typographisch auszu-
werten. Ansehnlich und doch bequem handlich erfülite
der Band die Forderungen, die Kant in dieser Abliand-
lung an den Buchdruck steilte und die Hufeland in einer
Anmerkung insbesondere für die Antiquäanwendung
wünschte. Die Abstufungen der Schriftgrade, bezogen
auf das Ebenmaß der Druckanordnung und die Hintei-
lung des Werkes, bringen dieserart auch eine rein sacli-
liche Wirkung hervor; die Ausprägung der äußeren

1911 entstandenen Druck von Martin Luthers
Sendbrieff von Dolmetschen. Der Drucker
hat nicht lediglich im Antiquisieren, in der historischen
Type seine Mittel, einen geschichtlichen Zeitstil festzu-
llalten. Die Kunst im Buchdruck, die sich über das
Handwerk, die Kunstfertigkeiten des Buchdruckens, er-
hebt, besteht liier in der Anwendung solcher Mittel. Die
Anschauung, die ein Drucker von seiner Vorlage hat,
gibt er in den vielerlei „Kleinigkeiten“, der Buchgröße,
der Schriftsatzzusammenstellung, den Randabmessun-
gen, die sich aus den Stegverhältnissen ergeben, den
Druckfarben natürlich nicht zuletzt in der Schriftwahl,
wieder, so wieder, daß alles in einen buchgerechten
und werkgerechten Zusammenhang kommt. Der Kant-
druck ist auf den Kathederton, den klaren Lehrvor-
trag, gestimmt, der Lutherdruck auf die warme aber
doch auch wuchtige Bekenntnisschrift, deren Verfas-
ser gegen die Widersacher hervortreten will. Anklänge
an die alten Lutherquartos, die schon der weiche Per-
gamentumschlag weckt, etwa in der altväterlich behag-

Aus Menzels
Kadier-
Versuchen:

Lanlschaft mit
dem Sumpf

Aus Bocks

Menzel-Werk.
Verlag Amsler
und Ruthardt,
Berlin

Mit Genehmigung des Verlages R. Wagner, Berlin

durch die innere Zweckform-Gleichmäßigkeit des nicht
zu viel und nicht zu wenig ist es, was die „Ausstattung“
gerade des wissenschaftlichen Buches häufig noch ver-
missen läßt. Ethos und Pathos von Goethes P r o -
m e t h e u s verkörperte in edler Strengc der dieses
dramatische Fragment 1911 wiedergebende Druck. Die
antike Daseinsruhe, die trotz aller Seelenstürme von
der Diehtung gewahrt wird, spiegelt sich auclr auf den
Druckseiten wieder, die einfach sind, die nicht den Ti-
tanentrotz auf das typographische Experiment aus-
dehnen wollen. (Eine Versuchung, die bei verwandten
Werken nicht imvner von der Kunst im Buchdruck ver-
mieden wird. Die Absicht mag dann wohl zu loben sein,
allein der Satzrahmen läßt siclr nun einmal nicht spren-
gen, ohne daß dabei auch das Buch zerbricht.) Daß der
typographische Expressionismus oder das typographi-
sclie Sentiment, kurz, die typographische Ausdrucks-
fähigkeit, nicht durch ausgeklügelte Nuancen von außen
in das Buch irgendeinen Stimmungszauber hineinbrin-
gen kann, daß das psychologische Element der Kunst
im Buchdruckwirkung sich von innen her entwickeln
muß, lehnt ein Vergleich des Kantdruckes nrit dem

lichen Schriftart, werden nicht retrospektiv zu histori-
sierenden Reminiscenzen ausgemünzt. Es bleibt alles
durchaus neuzeitliche Typographie, der unerwartete
Wirkungen (die Anordnung der rot- und schwarzge-
druckten Titelseiten, dic Paginierung zum Beispiel)
zwanglos gelingen. Ein anspruchloses Bändclien: D c r
H a g e 1 s c h 1 a g. E i n e G e s c h i c h t e v o n H e i n -
rich Seidel (1911) bereicherte die Reihe mit dem
Muster eines ganz schlichten Buches, es liätte sich hier
nicht geschickt, mehr Wesens machen zu wollen als der
Autor selbst. (Auch das ist keine schlechte Lehre fiir
die Veranstalter von Prachtwerken, die bisweilen des-
halb zu aufgeblasenen Büchern gelangen, weil keinerlei
Motive eines großen Aufwandes in ihrer Druckvorlage
gegeben scheinen und die schließlich doch übersehen,
daß das gute Stück Arbeit, wenn nicht alles, so doch je-
denfalls sehr viel wert ist.) Eine Sämmlung dagegen,
die einer Auswahl bestimmter Gedichte, einer Gedicht-
gruppe, in einer Buchform Selbständigkeit geben will
muß ein solches Unternehmen auch typographisch zr-
charakterisieren verstehen können. Das zeigt der Druck
von Goethe’s Sonetten (1912). Das Format

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