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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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2. Maiheft
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Engelmann, Max: Der Wegmesser des Pfalzgrafen Johann Kasimir
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0463

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Tochter Anna in erster Ehe und lernte sicher am Dres-
dner Hofe di6 vielfältigen Bemühungen des Kurfürsten
um ein brauchbares mathematisches Wegmeßmittel
kennen. Dagegen ist es
schwieriger, den Wegmes-
ser einer bestimmten Werk-
statt zuzuschreiben, da sich
keinerlei Meisterzeichen
oder Herkunfsmarken an
ihm vorfindet. In seinen
ungewöhnlichen, njassigen
Ausmaßen von 35 cm H.

29 cm L. und 18 cm Br.
überragt er alle anderen
Stücke seiner Zeit bedeu-
tend. Das Instrument
konnte nur auf einem Wa-
gen verwendet werden,
während die erwähnten
Stücke zum großen Teil
auch eine Benutzung als
Schrittzähler, durch Zug-
gurt am Knie von Mann
oder Pferd betätigt, zu-
ließen, Jos. Heigenmooser
veröffentlichte den Weg-
messer des Pfalzgrafen zu-
erst2) und nimmt an, daß
er von Martin Feyliel,
einem gebürtigen Naum-
burger gefertigt sei. Feyhel
war Uhrmacher „ejn ver-
trauter Freund des Schiß-
lers“, wie von Stetten berichtet, und wahrschein-
lich dessen Schüler. Die wenigen erhaltenen Arbeiten
Feyhels lassen die Annahme Heigenmoosers nicht ohne
weiteres zu und wiedersprechen ihr eher, namentlich
im Vergleich mit dem
zierlichen Wegmes-
ser Feyhels im Ma-
thematischen Salon
vom Jahre 1580 3),
den der Meister
selbst in erhaltenen
Augsburger Akten,
und auch von Stetten,
ein „unerhörtes In-
strument“ nennt.

Wahrscheinlicher ist
der Wegmesser des
Pfalzgrafen ein Er-
zeugnis Christoph
Schißlers selbst. Der

stoph Schißler gehörte zu den hervorragendsten In-
strumentenbauern des 16. Jahrhunderts überhaupt,
lernte als Gürtler, findet sich in Akten des Augsburger

Stadtarchivs das erste Mal
1554 erwähnt und starb in
Augsburg 1609. Er ver-
suchte sich in verschiede-
nen Entwürfen. von Weg-
messern und bot mehrere
davon Kurfürst August und
auch Kaiser Rudolf II. an.4)
Mit seinem in Dresden vcr-
wahrten Wegmesser,s) hat
der Wegrnesser des Pfalz-
grafen Verwandschaft in
der zentralen Anordnung
der Zeiger, in deren Anzahl
und in ihren . Schmuckfor-
men. Die gravierten Zahlen
beider Stücke scheinen
.einer Hand zu entstammen
und das gravierte Ornament
unter der Jahreszahl auf
dem Wegmesser des Pfalz-
grafen ist ganz Schißler-
scher Art. Man könnte
durch die höchst lebendi-
gen, in Rotguß geschnitte-
nen vier Löwenköpfe ver-
sucht sein, den Meister bei
Wenzel Jamnitzer und sei-
ner Werkstatt auch matlie-
matjsche Instrumente her-
vorgingen. Jamnitzer befaßte sich aber offenbar nicht
mit Wegmessern und würde dieser, iin Werke reine
Feinschlosserarbeit zeigende Wegmesser Johann Kasi-

Augsburger Chri-

Werkansicht des Wegmessers 'Johann Kasimirs

mirs völlig aus dem Rahmen der Arbeiten eines Gold-

schmiedes vom Ran-
ge eines Jamnitzer
fallen.

Diese. von Krän-
zen umrahmten. Lö-
wenköpfe sollten of-
fensichtlich als ein
Hoheitszeichen des
Pfalzgrafen wirken,
der den Titel eines
Herzogs von Bayern
führte. Der gekrönte
pfälzer Löwe begeg-
net uns wieder in
zwei der gravierten
Schilder innerhalb
der Zifferblätter,

Wegmesser des Pfalzgra.fen Johann Kasimir v. J. 1584
Bronze, feuervergoldet

Sammlung: E. von Bassermann-Jordan, München

2) I. d. Zeitschr. d. Miinchner Altertumsvereins N. F. XIII

(1902) ab S. 12.

:l) Ahgebildet: Mitt. a. d. Sächs. Kunsts. a. a. O. 1 afel I uhd
„Kunstwanderer“ 2. Märzheft 1921.

4) Rudolf II. um 1582, siehe: Jahrb. d. Kunsthistor. Samml.
Bd. XV 11966 S. LXXXIV.

®) Abgebildet in Mitt. a. d. S. K. a. a. O. S. 13.

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