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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 4./​5.1922/​23

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1./2. Augustheft
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Zülch, Walther Karl: Chinesische Keramik: Ausstellung im Frankfurter Kunstgewerbemuseum
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https://doi.org/10.11588/diglit.20303#0572

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1

Grab, — waren die Gegenstände, die den Toteri mitge-
geben wurden, um der Seele das Fortleben unter
gleichen Umständen zu ermöglichen: Geräte und Ge-
brauchsgegenstände, die Haustiere und die Diener-
schaft, die Frauen, der Totengott und die Machtgötter.
In diesen aus Formen hergestelltdh kleinplastischen
Werken stellt sich uns eine künstlerisch hochstehende,
im Anschluß an die Großplastik entwickelte keramische
Industrie dar, die in der Handynastie (206 v. Chr. bis
220 n. Chr.) beginnend, in der Tangzeit (618—906 n.
Chr.) den Höhepunkt der chinesischen keramischen
Bilderei überhaupt erreicht. Die Tiere zeugen von
einem so sicheren Erfassen der charakteristischen
Merkmale, die menschlichen Figuren sind von einer so
kraftvollen großartigen Modellierung, wie sie China
selbst später nie wieder erreichte und die nur in den
Glanzzeiten europäischer Kultur gleichwertige Gegen-
stücke findet. Grund genug, daß der am Ererbten zähe
haftende Chinese solchen Wunderschöpfungen noch
spät sklavisch nachstrebte — und daß eine internatio-
nale Fälscherindustrie sich ihrer bemächtigte!

In einer Zeit politischer Zersetzung, Sungdynastie
960 bis 1279, einer Zeit der Hochbltite der Malerei, er-
hob sich, gleichsam als Nachblüte der großen Tangzeit,
der Aufschwung der Töpferkunst zu einem Gipfel an
feinstem Geschmack in formaler und koloristischer Be-
ziehung. Ungeheuer fein durchgearbeitete Form, meist
einfarbige Glasur von delikatester Tönung, Zurück-
haltung in der Verwendung von reinem Ornament, das
bei den besten Arbeiten in freihändig eingeschnittenen
Pflanzenmotiven unter der Glasur oder in großziigigen
Pinselmalereien besteht, charakterisieren die Erzeug-
nisse dieser Zeit. Die Spriingelung — Craquelee — als

Kunstform wird jetzt ausgebildet. Es ist die Zeit des
berühmten als Exportartikel weitverbreiteten Seladon.
Von den höchsten Seltenheiten dieser Epoche, Arbeiten
mit primitivem Unterglasurblau hat die Ausstellung
gar zwei Beispiele aufzuweisen.

Mit der Mingdynastie (1368 bis 1643) beginnt der
Siegeszug des eigentlichen Porzellans. Eine sehr große
Rolle spielen die farbigen Glasuren. Die Spezialität des
Blanc de Chine mit ihrer sammetweichen Glasur auf
dem durchsichtigen Scherben erzeugt ihre köstlichen
Werke, von zierlichen Opferbechern bis zu großen
Götterbildern. Die Mingzeit hat eine solche Fülle herr-
licher Formen hervorgebracht, die man höchstens mit
griechischen Vaseri auf eine Stufe stellen kann. Und
nur mit höchster Bewunderung ist der farbige Dekor
zu betrachten, nicht nur auf dem harten transparenten
Scherben des Porzellans, sondern ebenso und vielleicht
noch schöner auf dem uralt hergebrachten Scherben des
Steinzeugs und der Fayence, die neben dem Porzellan
immerfort weiter verarbeitet wurden. Die letzte und
höchste Ausgestaltung erlebt diese Entwicklung unter
der Mandschudynastie um 1680, Blütezeit des soge-
nannten „klassischen Porzellans“. Eine unübersehbare
Formenmenge, ausgezeichnet durch Technik, Leucht-
kraft der Glasuren und Reichtum im Dekor wurde in
staunenswerter BeherrsChung der schwierigsten Tech-
niken geschaffen. Nach dieser Periode setzt mit zu-
nehmender Stärke der europäische Einfluß ein, damit
gesteigertes Raffinement und Verfall.

Eine besondere Abteilung der Austellung nimmt
Korea ein, als wichtiges Bindeglied zwischeti China
und Japan, dessen künstlerischer Lehrmeister der
Koreaner war.

Überglasurmalerei,
Famille verte
um 1700

Große Schüssel,
Zeremonialszene im
Palasthof

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