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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0331

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7. Tod durch Gewalteinwirkung

Die Schilderung vom Tod König Wilhelms in den Chronica majora des
Matthaeus Parisiensis ist somit ein Sinnbild für den verderblichen Einfluss des
päpstlichen Gelds.1941 Die gesamte Entwicklung des Königs zeigt dies auf: Wil-
helm wurde durch päpstliches Geld zum König und durch dieses verdorben. Er
bringt die Friesen gegen sich auf und zieht schließlich gegen sie zu Felde. Unter
dem Gewicht seines königlich gerüsteten Pferds bricht das Eis unter ihm ein und
in dieser gefährlichen Situation verlassen ihn seine Begleiter, um nicht sein
Schicksal zu teilen. Als er von Feinden umzingelt wird, kann ihm nicht einmal
seine bisherige Stütze, das päpstliche Geld helfen, er wird getötet. Die monetäre
Unterstützung durch den Papst sorgte somit für seinen Tod und konnte ihn in der
schwierigen Situation nicht retten. Die Schilderung vom Tod König Wilhelms in
den Chronica majora ist somit als Kritik an der Monetarisierung der Politik durch
das Papsttum zu werten.1942
Diese Schilderung bettet den königlichen Tod somit in einen deutlich über
das Reich nördlich der Alpen hinausreichenden Kontext ein. Die enge Bindung
König Wilhelms an das Papsttum ließ ihn für den englischen Schreiber zum
prädestinierten Beispiel werden, um den verderblichen Einfluss des päpstlichen
Geldes aufzuzeigen und damit die bei Heinrich Raspe begonnene Erzählung
fortzuführen. Der kurze Verweis am Ende der Schilderung, das Geld sei überall
und mit allen Mitteln gesammelt worden, verleiht dem Vorwurf dabei beson-
deres Gewicht, da er auf die aggressive Geldeintreibepolitik der Kurie in Eng-
land bezogen werden kann. Damit weist diese Schilderung eine weitere eigen-
ständige Wertung auf, denn weder Friesen oder Krieger noch Wilhelm selbst,
sondern das Papsttum wird hier abgeurteilt.
Gesammelt betrachtet zeigen die Schilderungen vom Tod König Wilhelms,
wie sehr die spezifischen Entstehungskontexte den Blick auf den Tod des Königs
prägten und in welch unterschiedliche Kontexte der Tod daher eingebunden
werden konnte. Mit Ausnahme Hermanns von Niederaltaich folgten dabei alle
Schreiber dem Grundnarrativ, dass der König von seinem Heer getrennt worden
und im Eis eingebrochen sein soll. Gemeinsam haben die Schilderungen dabei,
dass sie eine Begründung für diese Trennung von seinen Kriegern suchten, um
die Frage nach dem Überwinden der Garde zu beantworten. Auch Hermann von
Niederaltaich lieferte in seiner Schilderung von den im Schilf versteckten At-
tentätern mit den langen Spießen eine Antwort auf die Frage, wie die Friesen
überhaupt in die Nähe des Königs gelangen konnten.
Die zeitgenössischen Notizen zum Tod König Wilhelms in der Historiogra-
phie stammen fast ausschließlich aus dem Reich und zeichnen ein größtenteils
einheitliches Bild: Wilhelms Tod wurde dem Sachverhalt gemäß fast aus-

1941 Diese Eigenheit übersehen Lecuppre-Desjardin/Lecuppre, Perceptions, S. 838-840 wie auch
Appelmans, Rooms Koning, S. 152 bei ihren Bearbeitungen dieser Quelle vollständig.

1942 Die Monetarisierung der Politik im 12. und 13. Jahrhundert untersucht Andreas Büttner (Hei-
delberg). Ich danke für Hinweise und Ratschläge. - An dieser Stelle muss van Eickels, Grafen,
S. 461 f. widersprochen werden, der ausführt, König Wilhelm werde in den Chronica majora von
Gott gestraft, da er sich gegen die legitimen Herrscher Friedrich II. und Konrad IV. aufgelehnt
habe.
 
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