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Kamenzin, Manuel; Universität Heidelberg [Contr.]; Universität Heidelberg [Contr.]; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0397

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9. Chronologischer Durchgang

Berkhamsted im Reich zwar wahrgenommen, aber nicht niedergeschrieben
worden zu sein. Auf sein Ableben folgte die Wahl König Rudolfs, es gibt aber
keine historiographische Überlieferung. Dies kann mit der geringen Präsenz des
Engländers im Reich begründet werden, aber auch mit den eingangs ange-
führten Eigenheiten des Interregnums. Doch auch in England schilderten nur
sein enger Vertrauter Thomas Wykes und einige von ihm abhängige Quellen den
Tod des Königs. Damit passt diese Überlieferung ins Bild: Die Herrschertode des
Interregnums wurden wenn überhaupt nur lokal sehr eingeschränkt wahrge-
nommen.
9.3. Folgenreiche Impulse bis 1349
In achtzehn Herrschaftsjahren vertrat Rudolf I. die Ansicht, der erste König nach
den Staufern zu sein. Die zeitgenössische Historiographie griff dies auf und
berichtete meist wohlwollend von diesem König. Sein Tod 1291 wurde in vielen
Notizen und Schilderungen wiedergegeben, wobei dem Habsburger der in
dieser Untersuchung einmalige Umstand zuteil wurde, dass sein Tod aus-
schließlich positiv auf ihn ausgedeutet wurde. Besonders in nach der Umbettung
der Könige Adolf und Albrecht I. nach Speyer entstandenen Quellen wurde ein
bewusster Grabritt des kranken Herrschers nach Speyer ausführlich beschrieben.
Auch wenn die Faktizität dieses Rittes zumindest in Frage gestellt werden muss,
entfaltete die Zuschreibung eine große Reichweite.
Rudolf schaffte es nicht, seinen Sohn Albrecht zum König erheben zu lassen.
Stattdessen wählten die Fürsten nach seinem Tod den Nassauer Adolf zum
König. Sieben Jahre später wurde Albrecht jedoch von einer Gruppe von Fürsten
gegen König Adolf erhoben. Der Kampf um die Herrschaft gipfelte schließlich in
der Schlacht von Göllheim, in der König Adolf den Tod fand. Aus diesem Tod
erwuchs der folgenschwere Vorwurf gegen Albrecht L, ein Königsmörder zu
sein. Der Habsburger hatte noch versucht, mittels eines Briefes Deutungshoheit
über den Tod zu erlangen, allerdings muss dies spätestens mit der päpstlichen
Ablehnung einer Kaiserkrönung aufgrund der Vorwürfe als gescheitert be-
trachtet werden. Auf den Verstorbenen selbst wurde dieser Tod von den Zeit-
genossen nur selten bezogen, zu präsent war der Vorwurf an Albrecht I.
Diese Anklage sollte im Zusammenspiel mit dem Kampf von Albrechts Sohn
Friedrich um die Krone dafür sorgen, dass der Mord an Albrecht I. von den
Zeitgenossen ambivalent beurteilt wurde. Denn obwohl sich die bei Toden durch
Gewalteinwirkung bekannte Fokusverschiebung beobachten lässt und die
Gruppe von Königsmördern um den Onkelmörder Johann verdammt wurde,
wurde in der umfangreichen Überlieferung teilweise auch das Opfer negativ
abgeurteilt. Besonders nach der Doppelwahl 1314 und während der darauffol-
genden kriegerischen Auseinandersetzungen wurde dem Habsburger aufgrund
von Habgier oder Kirchenverfolgung ein schlechter Tod zugeschrieben und
somit Stellung im Kampf seines Sohns gegen den Wittelsbacher Ludwig bezo-
gen.
 
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