Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Bibliogr. antecedent]; Weinfurter, Stefan [Bibliogr. antecedent]; Universität Heidelberg [Contr.]; Universität Heidelberg [Contr.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0435

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
434

Anhang: Bestattungen, Grablegen und Gebeine

Leichnam sei den Pisanern überlassen worden, da sie inständig darum gebeten
hätten.2511 Diese Darstellung erscheint durch die übrigen Indizien wahrschein-
lich, lässt sich jedoch nicht überprüfen. Der Dom weist mit den Gräbern Beatrix'
von Canossa (t 1076) und Papst Gregors VIII. (t 1187) eine lokale Tradition als
Ruhestätte bedeutender Personen auf. Eine Verbindung zum König- oder Kai-
sertum bestand vor der Beisetzung Heinrichs VII. nicht.2512
Von der Bestattung berichten vor allem der Imperator Heinricus und eine
Reihe italienischer Chronisten.2513 Der Imperator Heinricus gibt dabei an, im di-
rekten Vorfeld der Beisetzung hätten die Gefolgsleute des Kaisers umgekehrte
Schilde und Banner geführt.2514 Dies könnte als direktes Anzeigen vom Ende des
Kaisertums gesehen werden. Heinrich VII. wurde in einem prächtigen Steinsarg
bestattet, der Teil eines aufwändigen Grabmals war.2515 Aus den Rechnungs-
büchern der Stadt geht hervor, dass es von dem sienesischen Bildhauer Tino di
Camaino geschaffen und 1315 fertiggestellt wurde.2516 Wo und wie der Leichnam
des Kaisers zwischen 1313 und 1315 aufbewahrt wurde, ist nicht bekannt.
Ebenfalls den Rechnungsbüchern kann entnommen werden, dass sechs Maler
für die Ausgestaltung des Grabmals in der Chorapsis angestellt wurden. Bei
Restaurierungsarbeiten kam unter der heutigen Verkleidung eine Ausmalung
mit heraldischen Motiven zum Vorschein - der luxemburgische Löwe und der
kaiserliche Adler.2517 Bei Umbauarbeiten im Dom 1494 wurde das ursprüngliche
Grabmal abgebrochen und im südlichen Querhaus ein neues Wandgrab unter
Einbezug des Sargs geschaffen.2518 Dies ist der Grund für die bis heute andau-
ernde Diskussion um die Gestalt des ursprünglichen Grabs.2519

2511 Historia lohannis de Cermenate, S. 133.
2512 Meyer, Königs- und Kaiserbegräbnisse, S. 63 f. - Ferreti Vicentini Historia Rerum, Bd. 2, lib. V,
S. 96 gibt an, dass eigentlich das Dominikanerkloster als Grablege vorgesehen gewesen sei,
allerdings sei unter den Deutschen das Gerücht vom Giftmord durch einen Dominikaner auf-
getaucht, weshalb der Dom ausgewählt worden sei. Es folgt eine Beschreibung, wie die Deut-
schen an den Dominikanern Rache geübt hätten und wie verwerflich der Mord durch vergiftete
Sakramente sei. Die Bemerkung über die ursprünglich geplante Grablege wird von keiner
weiteren Quelle gestützt und ist aufgrund ihrer Funktion als Überleitung zu den folgenden
Ausführungen mit Vorsicht zu interpretieren. Meyer, Königs- und Kaiserbegräbnisse, S. 64
wertet sie hingegen als Tatsache und stuft den Dom als Grablege zweiter Wahl ein, was den
„Eindruck einer gewissen Zufälligkeit" verstärke.
2513 Ebd., S. 55-57 versucht, aus verschiedenen Einzelaussagen in unterschiedlichen Quellen ein
kohärentes Gesamtbild zu gewinnen.
2514 Imperator Heinricus, S. 130.
2515 Grundlegend zum Grabmal: Trenta, Tomba; Tripps, Restauratio; Middeldorf-Kosegarten,
Grabmäler, S. 318-322; Schwarz, Liturgie, S. 168-177.
2516 Herzner, Grabmal, S. 163, vor allem Anm. 2 mit Angaben zu den Quellen und älterer Literatur.
2517 Ebd., S. 174. In der Miniatur vom Grab des Kaisers im Codex Balduineus sind über dem Grab-
baldachin die Wappen Böhmens und Luxemburgs sowie der Adler des Reichs zu sehen. Wäh-
rend die Wappen Heinrich VII. sicherlich als bedeutenden Herrscher auszeichnen sollten,
könnten sie auch einen Hinweis auf die Bemalung der Chorapsis darstellen, Weg zur Kaiser-
krone, S. 107.
2518 Herzner, Grabmal, S. 163.
2519 Ebd., S. 165-168 gibt die verschiedenen Rekonstruktionen mit Abbildungen wieder und fügt
diesen S. 171 seine eigene hinzu.
 
Annotationen