Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0442

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
A 1.1. Grablegen

441

Einige zeitgenössische Quellen führen an, dass Karl IV., der vormalige
Gegner Günthers von Schwarzburg, und eine Reihe weiterer Fürsten an der
Bestattung teilnahmen.2565 Wichtige Details überliefern die Antiquitates des in der
zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts schreibenden Johannes Latomus, die in
dieser Passage wohl von den verlorenen Annalen von St. Bartholomäus abhän-
gig sind.2566 Der ausführliche Bericht schreibt Karl IV. eine prominente Stellung
bei den Feierlichkeiten zu. Die geschilderte Zeremonie weist darüber hinaus
Ähnlichkeiten zur späteren Bestattung Karls IV. in Prag auf.2567 Der Luxemburger
wird daher als Organisator der Beisetzung Günthers von Schwarzburg angese-
hen.2568
Die Indizien legen nahe, dass Karl IV. die Grab lege Günthers von Schwarz-
burg festlegte.2569 Der Luxemburger nutzte seinen Aufenthalt in Frankfurt, um
sich von den Kurfürsten urkundlich als König anerkennen und auf den Altar in
der Bartholomäuskirche setzen zu lassen.2570 Die Beisetzung Günthers von
Schwarzburg ist im Rahmen dieser Akte als feierliche Inszenierung zu sehen.
Karl IV. kümmerte sich öffentlich, wie es einem guten König zukam, um die
Memoria seines besiegten Gegners. Er bedient sich dabei des Leichnams seines
Vorgängers mit ähnlichen Absichten, wie sein Großvater, Heinrich VIL, 1309 bei
der Umbettung der Könige Adolf und Albrecht nach Speyer.2571
Darüber hinaus handelte es sich auch um einen öffentlichen Akt der Ver-
söhnung, vor allem mit den Wittelsbachern: Die Kurfürsten, die Günther von
Schwarzburg wenig zuvor zum König gegen Karl IV. erhoben hatten, hatten kurz
vor dessen Tod ihre Stimmen auf Karl IV. übertragen.2572 Mit der öffentlichen
Ehrerweisung für den verstorbenen Kandidaten zeigte der siegreiche Luxem-
burger an, dass der Konflikt auch von seiner Seite aus beendet war.

2565 Mathias von Neuenburg, Chronik, Rez. B, cap. 121, S. 280; Michael de Leone, De cronicis tem-
porum hominum modernorum, S. 478.

2566 fo[h]annes Latomus, Antiquitates, S. 90-92.

2567 Die Ausführungen des Iohannes Latomus im Detail: Meyer, Königs- und Kaiserbegräbnisse,
S. 89-94/Abb. 44 (schematische Zeichnung des Trauerzuges); Utterodt, Günther, S. 96f. - Die
auffälligste Gemeinsamkeit der geschilderten Zeremonien bei Günther von Schwarzburg und
Karl IV. ist die Integration von Rittern und den Turnierpferden des Verstorbenen in die Feier-
lichkeiten. Diese Sitte ist erstmals bei zur Bestattung des ungarischen Königs Robert von Anjou
1342 überliefert. Möglicherweise hatte Karl IV. an dieser Feierlichkeit teilgenommen, siehe
Blähovä, Begräbniszeremonien, S. lOOf. Mit dem Aufkommen dieser Beisetzungssitte setzt sich
Boytsov, Ghostly Knights auseinander.

2568 Meyer, Königs- und Kaiserbegräbnisse, S. 99.

2569 Anders ebd., S. 96-98, der zwar ebenfalls die große Rolle Karls IV. bei der Bestattung sieht, die
Wahl des Graborts jedoch ohne Belege oder Indizien auf Günther von Schwarzburg zurückführt.

2570 Büttner, Weg, Bd. 1, S. 365.

2571 Siehe Kapitel A 1.2.3. - Die Sorge eines siegreichen Königs um das Seelenheil des verstorbenen,
gegen ihn erhobenen Königs zeigt sich auch in einer panegyrischen Episode über Heinrich IV.:
Beim Anblick des Grabs Rudolfs von Rheinfelden, das diesen als König darstellt, soll er sein
Gefolge von einer Zerstörung abgehalten und gesagt haben, er wünschte, alle seine Feinde seien
so ehrenvoll bestattet, Otto von Freising/Rahewin, Gesta Friderici I. imperatoris, lib. I, cap. 7,
S. 23.

2572 Büttner, Weg, Bd. 1, S. 365 Anm. 1044.
 
Annotationen