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Kamenzin, Manuel; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]; Universität Heidelberg [Mitarb.]
Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) — Mittelalter-Forschungen, Band 64: Ostfildern: Jan Thorbecke Verlag, 2020

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62605#0454

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A 1.2. Umbettungen

453

tersuchungen die Informationen aus dem Brief Floris' V. nur um das Detail
ergänzen, dass dieser in Friesland wohl Gebeine ausgegraben und dann nach
Holland gebracht hat. Der Fund der echten Gebeine seines Vaters nach 26 Jahren
in der Fremde wird damit nicht wahrscheinlicher.2644 Sollte es sich bei dem Grab
hingegen gar nicht um das Grab König Wilhelms handeln, ist selbst dieses Indiz
nichtig.
Die Umbettung König Wilhelms ist somit problematisch. Aufgrund der
Briefe Floris' V. an seinen Schwager kann davon ausgegangen werden, dass der
Graf von Holland mit Gebeinen aus Friesland wiederkehrte, die er als die seines
Vaters ansah und/oder ausgab. Genaueres lässt sich nicht herausarbeiten. Es
kann allerdings gesagt werden, dass Melis Stoke und Wilhelm von Egmond,
welche der gräflichen Familie nahestanden, gleichermaßen die Auffindung und
Umbettung literarisch im Stile einer Heiligenlegende verformten und überhöh-
ten. Im Mittelpunkt dieser Erzählungen steht der Sohn, der den in der Fremde
verstorbenen Vater heimführt. Der Fund macht hierbei den Sieg des Sohns über
die Feinde des Vaters komplett, erst hierdurch wird die Schmach vollständig
getilgt. Wilhelms Königtum spielt in den Darstellungen nur insofern eine Rolle,
als es angeführt wird, um zu betonen, wie schändlich die Friesen gehandelt
hatten, hatten sie doch ihren eigenen Herrn erschlagen.2645 Eine Bezugnahme auf
das Königtum darüber hinaus erfolgt nicht, das Auffinden des Leichnams ist eine
Angelegenheit der gräflichen Familie und auch die Beisetzung erfolgt in diesem
Rahmen. König Wilhelm wurde somit laut den darüber berichtenden Chronisten
als Graf von Holland umgebettet und begraben, nicht als römisch-deutscher
König.
A 1.2.3. Zwei versöhnte Parteien und ein profitierender Nachfolger:
Adolf und Albrecht I.
Die Könige Adolf und Albrecht I. starben unter außergewöhnlichen Umständen:
Adolf fand seinen Tod in der Schlacht gegen Albrecht, Albrecht wurde zehn
Jahre später von einer Gruppe um seinen eigenen Neffen ermordet.2646 Diese
Schicksale spalteten die Meinungen. Albrecht geriet, trotz seiner Versuche
ebendies zu verhindern, in den Ruf eines Königsmörders, und auch der Ver-
wandtenmord, durch den er sein Ende fand, war in der Deutung umstritten.
Nach dem Tod Albrechts gab es unter den Fürsten im Reich zwei Lager, die
Anhänger Albrechts, allen voran seine Söhne Leopold, Heinrich und Friedrich,

2644 In der Coronike van Vrieslant, S. 37 aus dem 15. Jahrhundert hat sich eine Variante der Ereignisse
aus friesischer Perspektive erhalten. Es wird geschildert, wie Floris V. auf der Suche nach dem
Leichnam seines Vaters gegen die Friesen vorgegangen sei. Die Reaktion wird wie folgt ge-
schildert: Merzommige van den Vriesen die zeggen dat hem gelevert was dat ghebeente van eenen dooden
monnick. Etwa 150 Jahre nach dem Ereignis ging man in Friesland somit davon aus, dem jungen
Grafen die Gebeine eines toten Mönchs übergeben zu haben.

2645 Einmalig ist die Zuschreibung einer „königlichen" Bestattung in Middelburg, siehe S. 451
Anm. 2637.

2646 Siehe Kapitel 7.1.2.
 
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