Die Hollandreise.
traum verloren hatte, und dessen Mtive sich nun
im lustigen Haag trösten wollte.
Wer die Teschichte kennt, ist unterrichtet, wie
ost ihr das gelang, trohdem sie nie aus ihrem
schwarzen Rleide kam und trotzdem sie nie ein
Dritter mit einem Nanne lächeln sah. Nur unter
ßreunden, wenn ihrer zwei nach tzause gingen,
war manchmal ein Terücht von ihren Nächten;
und wenn aus großen Sesten die unersahrenen
Ztutzer und die Pagen sich um nackte Zchultern
oder bunte Zeidenschärpen mühten, war um das
hochgeschlossene schwarze Rleid der Winterkönigin
ein sester Rreis von ernsten Liebhabern — wie
der Leibmedikus des sranzösischen Tesandten spöt-
telte: war ein süßer Teruch um sie, der alle
schmerzlich erinnerte und keinen frei ließ, bis er
in seine Lollheit ganz verbissen war.
Nur Noriamez war nicht darunter. Lr ging
mit seiner schönen Brüsselerin wie ein Tespann,
vor dem die seinsten Renner neidisch standen, bis
mit dem Winterende eine Nüdigkeit auf sie zu
sallen schien. Lie singen an, unabgesagt bei Taste-
reien zu sehlen, auch sah man mehr als sonst den
weißen Kederhut des Trasen ohne sie. Und eines
Abends geriet seine junge Hofratsfrau merkwürdig
an die Winterkönigin. Ls sollte an dem andern
Tag eine große Zchlittensahrt stattsinden, und die
junge ßrau war abends trotz dem Trasen mit
einer Besorgung dasür zu dem Pelzhändler über
die Ltraße gesprungen. Zurückkehrend geriet sie
vor einen Trupp holländischer Zoldaten, die singend
Arm in Arm durch den nebeligen Abend die Ltraße
abschritten. Ls war zu spät, das Haus noch zu
erreichen; so wurde sie vor ihnen her, die ihre
Angst bemerkend eine scherzhaste Iagd auf sie
machten, die Ltraße hinunter getrieben und geriet
durch einige Nebengassen, die sie entsetzt durcheilte,
zwar aus ihrer lärmenden Versolgung, sand aber
nicht zurück und verirrte sich in eine Ztraße, wo
kleine Häuser nur verhängte Kenster zeigten und
aus dem dunklen Nebel flüchtige Testalten auf-
tauchten, die sich srech und slüsternd an sie drängten
und erst weiter gingen, wenn andere in die Rähe
kamen. Als die kleine §rau, die nie zur Nacht
allein draußen gewesen war, in Todesängsten weiter
rannte, kam hinter einem Hallenvorbau her dumpf
über den geballten Achnee ein Magen angerollt,
der dicht vor ihr anhielt und eine schlanke §rau
entsteigen ließ, der sie sich slatternd vor Angst fast
in die Arme warf. Ls war die Mnterkönigin,
die erst erschrocken, dann erstaunt nach wenig
Worten ihrem Autscher winkte und, wie wenn sie
deshalb hergekommen wäre, den Wagen wenden
ließ und sie mit mütterlicher Zärtlichkeit nach ihrer
Wohnung brachte.
Als sie dem Noriamez, der seine Ztunde dem
Barbier gesessen und ihren Weggang nicht bemerkt
hatte, noch immer zitternd aber stolz ihr Abenteuer
beim Abendbrot erzählte, ließ der sich aufmerksam
den Grt beschreiben, wo ihr der Wagen begegnet
war, und blieb nachdenklich und zerstreut. Am
nächsten Vormittag ging er, zur Achlittensahrt schon
angeputzt, der Dame Dank zu sagen, blieb lange
Zeit und kam, wohl durch den raschen Tang er-
hitzt, zu spät nach Haus, als daß sie noch zur
Zchlittensahrt zurecht gekommen wären. Ls gab
aus ihrem verweinten Zinn einen raschen Ltreit,
in dem er seinen Hut und Degen zornig auf den
Boden wars und daraus bis zum Abend in seinem
Zimmer eingeschlossen blieb. Lie tat desgleichen,
in vergebener Hofsnung, daß er sie, wie es sonst
geschehen war, durch Bitten wieder holen würde.
Dann hörte sie nach einem Nachmittag verdros-
sener Tedanken — wie ihre Liebesstunden so selten
und lau und die Ltreitigkeiten so häusig geworden
wären — ihn still aus seinem Zimmer kommen
und zögernd erst, dann rasch und bestimmt die
Treppe hinunter gehn. Lr mochte von der letzten
Ztufe in den Zteinflur treten, als sie auch schon
in schnellem Erimm einen Nantel rasfte und ihm
nachging.
Ls war die Aeit der ersten Dämmerung wie
gestern; nur siel schon wieder Lchnee, der dicht an
Zchildern, Türen und Kebälken slockte. Lie sah
den Trasen noch einige hundert Zchritte schlank
und aufrecht durch die Nenschen gehn, bis er in
eine Nebengasse bog, wohin sie ihn, nun schon mit
einem bestimmten Verdacht, versolgte. Die Neben-
gasse war nur kurz, zwar kaum belebt, doch fegte
ihr daraus der A)ind den nassen Zchnee scharf in
die Augen; sie hatte Not, ihm so zu solgen, daß
sie ihn an der Lcke wiedersah, so ging es hin und
her, bis sie erschöpft und glühend in der kalten
Luft zu einer breiteren Tasse kam, die sie an dem
Hallenvorbau von gestern gleich erkannte. tzier
war der Zchnee nicht mehr im A)ind, er rieselte
vielmehr in dicken Lternen nieder, die in den trüben
Lichtern pelzig glänzten. Lie sah den Trasen
langsamer gehn, und weil er eisrig hin und wieder
ein paarmal auch nach hinten spähte, blieb sie im
Dunkel der schräg einlausenden Tasse stehn.
Lie brauchte kaum zu warten, da kam diesmal
von einer andern Zeite her der A)agen. Die
Pserde stapsten mühsam durch den hohen Lchnee
an dem Trafen vorbei, der ihnen im geringen
Abstand folgte. Lie sprang in eine Lcke zurück,
wobei sie, mit beiden Augen nach der Tasse
gerichtet, nicht bemerkte, daß sie gerade vor ein
beleuchtetes Kenster zu stehen kam/ Zo mochte sie
von einem scharsen Blick gesehen worden sein: noch
war der A)agen an der Tasse nicht vorbei, als der
Rutscher von innen angerufen wurde und dem
klappernd aufgestoßenen Lchlag noch im Zahren
mit einem leichten Zprung die schwarze Testalt der
ANnterkönigin entsprang und rasch auf sie zukam,
die in dem Ausrnhr solcher Lekunden dentlich den
eiligen weichen Lchritt des Trafen von der Leite
kommen hörte, der ehe noch die ANnterkönigin bei
ihr war mit einer geschmeidigen Verbeugung vor
sie hintrat. Lie wich ihm mit einer Biegung
ihres schlanken Rörpers aus, nahm aber im Vor-
beigehn seine Hand und sührte ihn, der sich gleich
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traum verloren hatte, und dessen Mtive sich nun
im lustigen Haag trösten wollte.
Wer die Teschichte kennt, ist unterrichtet, wie
ost ihr das gelang, trohdem sie nie aus ihrem
schwarzen Rleide kam und trotzdem sie nie ein
Dritter mit einem Nanne lächeln sah. Nur unter
ßreunden, wenn ihrer zwei nach tzause gingen,
war manchmal ein Terücht von ihren Nächten;
und wenn aus großen Sesten die unersahrenen
Ztutzer und die Pagen sich um nackte Zchultern
oder bunte Zeidenschärpen mühten, war um das
hochgeschlossene schwarze Rleid der Winterkönigin
ein sester Rreis von ernsten Liebhabern — wie
der Leibmedikus des sranzösischen Tesandten spöt-
telte: war ein süßer Teruch um sie, der alle
schmerzlich erinnerte und keinen frei ließ, bis er
in seine Lollheit ganz verbissen war.
Nur Noriamez war nicht darunter. Lr ging
mit seiner schönen Brüsselerin wie ein Tespann,
vor dem die seinsten Renner neidisch standen, bis
mit dem Winterende eine Nüdigkeit auf sie zu
sallen schien. Lie singen an, unabgesagt bei Taste-
reien zu sehlen, auch sah man mehr als sonst den
weißen Kederhut des Trasen ohne sie. Und eines
Abends geriet seine junge Hofratsfrau merkwürdig
an die Winterkönigin. Ls sollte an dem andern
Tag eine große Zchlittensahrt stattsinden, und die
junge ßrau war abends trotz dem Trasen mit
einer Besorgung dasür zu dem Pelzhändler über
die Ltraße gesprungen. Zurückkehrend geriet sie
vor einen Trupp holländischer Zoldaten, die singend
Arm in Arm durch den nebeligen Abend die Ltraße
abschritten. Ls war zu spät, das Haus noch zu
erreichen; so wurde sie vor ihnen her, die ihre
Angst bemerkend eine scherzhaste Iagd auf sie
machten, die Ltraße hinunter getrieben und geriet
durch einige Nebengassen, die sie entsetzt durcheilte,
zwar aus ihrer lärmenden Versolgung, sand aber
nicht zurück und verirrte sich in eine Ztraße, wo
kleine Häuser nur verhängte Kenster zeigten und
aus dem dunklen Nebel flüchtige Testalten auf-
tauchten, die sich srech und slüsternd an sie drängten
und erst weiter gingen, wenn andere in die Rähe
kamen. Als die kleine §rau, die nie zur Nacht
allein draußen gewesen war, in Todesängsten weiter
rannte, kam hinter einem Hallenvorbau her dumpf
über den geballten Achnee ein Magen angerollt,
der dicht vor ihr anhielt und eine schlanke §rau
entsteigen ließ, der sie sich slatternd vor Angst fast
in die Arme warf. Ls war die Mnterkönigin,
die erst erschrocken, dann erstaunt nach wenig
Worten ihrem Autscher winkte und, wie wenn sie
deshalb hergekommen wäre, den Wagen wenden
ließ und sie mit mütterlicher Zärtlichkeit nach ihrer
Wohnung brachte.
Als sie dem Noriamez, der seine Ztunde dem
Barbier gesessen und ihren Weggang nicht bemerkt
hatte, noch immer zitternd aber stolz ihr Abenteuer
beim Abendbrot erzählte, ließ der sich aufmerksam
den Grt beschreiben, wo ihr der Wagen begegnet
war, und blieb nachdenklich und zerstreut. Am
nächsten Vormittag ging er, zur Achlittensahrt schon
angeputzt, der Dame Dank zu sagen, blieb lange
Zeit und kam, wohl durch den raschen Tang er-
hitzt, zu spät nach Haus, als daß sie noch zur
Zchlittensahrt zurecht gekommen wären. Ls gab
aus ihrem verweinten Zinn einen raschen Ltreit,
in dem er seinen Hut und Degen zornig auf den
Boden wars und daraus bis zum Abend in seinem
Zimmer eingeschlossen blieb. Lie tat desgleichen,
in vergebener Hofsnung, daß er sie, wie es sonst
geschehen war, durch Bitten wieder holen würde.
Dann hörte sie nach einem Nachmittag verdros-
sener Tedanken — wie ihre Liebesstunden so selten
und lau und die Ltreitigkeiten so häusig geworden
wären — ihn still aus seinem Zimmer kommen
und zögernd erst, dann rasch und bestimmt die
Treppe hinunter gehn. Lr mochte von der letzten
Ztufe in den Zteinflur treten, als sie auch schon
in schnellem Erimm einen Nantel rasfte und ihm
nachging.
Ls war die Aeit der ersten Dämmerung wie
gestern; nur siel schon wieder Lchnee, der dicht an
Zchildern, Türen und Kebälken slockte. Lie sah
den Trasen noch einige hundert Zchritte schlank
und aufrecht durch die Nenschen gehn, bis er in
eine Nebengasse bog, wohin sie ihn, nun schon mit
einem bestimmten Verdacht, versolgte. Die Neben-
gasse war nur kurz, zwar kaum belebt, doch fegte
ihr daraus der A)ind den nassen Zchnee scharf in
die Augen; sie hatte Not, ihm so zu solgen, daß
sie ihn an der Lcke wiedersah, so ging es hin und
her, bis sie erschöpft und glühend in der kalten
Luft zu einer breiteren Tasse kam, die sie an dem
Hallenvorbau von gestern gleich erkannte. tzier
war der Zchnee nicht mehr im A)ind, er rieselte
vielmehr in dicken Lternen nieder, die in den trüben
Lichtern pelzig glänzten. Lie sah den Trasen
langsamer gehn, und weil er eisrig hin und wieder
ein paarmal auch nach hinten spähte, blieb sie im
Dunkel der schräg einlausenden Tasse stehn.
Lie brauchte kaum zu warten, da kam diesmal
von einer andern Zeite her der A)agen. Die
Pserde stapsten mühsam durch den hohen Lchnee
an dem Trafen vorbei, der ihnen im geringen
Abstand folgte. Lie sprang in eine Lcke zurück,
wobei sie, mit beiden Augen nach der Tasse
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beleuchtetes Kenster zu stehen kam/ Zo mochte sie
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war der A)agen an der Tasse nicht vorbei, als der
Rutscher von innen angerufen wurde und dem
klappernd aufgestoßenen Lchlag noch im Zahren
mit einem leichten Zprung die schwarze Testalt der
ANnterkönigin entsprang und rasch auf sie zukam,
die in dem Ausrnhr solcher Lekunden dentlich den
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kommen hörte, der ehe noch die ANnterkönigin bei
ihr war mit einer geschmeidigen Verbeugung vor
sie hintrat. Lie wich ihm mit einer Biegung
ihres schlanken Rörpers aus, nahm aber im Vor-
beigehn seine Hand und sührte ihn, der sich gleich
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