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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 8.1904

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Heft 7
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Hesse, Hermann: Peter Camenzind: Roman
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Schwindrazheim, Oskar: Deutsche Bauernkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.19988#0035

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Peter Lainenzind.

tun, seine paar Vbstbämne kmnmerlich instand
zu halten, das Rartosseläckerlein zu bestellen und
nach dem Heu zu sehen. Ungesähr alle paar
Wochen aber nahm er mich abends, ehe er aus-
ging, bei der Hand und verschwand stillschweigend
mit mir auf deu über dem Ltall gelegenen Heu-
boden. Dort vollzog sich alsdann ein seltsamer
Ztras- und Sühneakt: ich bekam eine Tracht
Prügel, ohne daß der Vater oder ich selbst genauer
gewußt hätte, wosür. Ls ivaren stille Vpfer am
Altar der Nemesis und sie wurden ohne Schelten
seinerseits oder Eeschrei meinerseits dargebracht,
als schuldiger Cribut an eine gehcimnisvolle Macht.
Immer wenn ich in späteren Iahren einmal vom
„blinden Lchicksal" reden horte, fielen diese myste-
riösen Lzenen mir wieder ein und schienen mir
eine überaus plastische Darstellung jenes Begriffs
zu sein. Ghne es zu wissen, besolgte mein guter
vater dabei die schlichte pädagogik, die das Leben
selbst an uns zu üben pslegt, indem es uns hie
und da aus heiteren Lüsten ein Donnerwetter
sendet, wobei es uns überlassen bleibt nachzusinnen,
durch was für Nissetaten wir eigentlich die oberen
Nächte herausgesordert haben. Leider stellte dies
Nachsinneu bes mir sich nie oder nur selten ein,
vielmehr nahm ich jene ratenweise Züchtigung
ohne die wünschenswerte Lelbstprüsung gelassen
oder auch trotzig hin und sreute mich an solchen
Abenden stets, nun wieder meinen Zoll entrichtet
und ein paar wochen Ltraspause vor mir zu haben.
Viel selbständiger trat ich den Versuchen meines
Alten, mich zur Arbeit anzuleiten, entgegen. Die
unbegreisliche und verschwenderische Äatur hatte
in mir zwei widerstrebende Taben vereinigt: eine
ungewöhnliche Lörperkrast und eine leider nicht
geringere Arbeitsscheu. Der Vater gab sich alle
Mihe, eineu brauchbaren Zohn und Mthelser aus
mir zu machen, ich aber drückte mich mit allen
Zchikanen um die mir auserlegten Arbeiten, und
noch als Tymnasiast hatte ich sür keinen der antiken
Heroen so viel Mtgesühl wie für Herakles, da er

von o. senwikMir^^iiLiivi.

Wir llännen ctieses wertvolle 8uck>, llns so-
eben im VerlsZ von lVluriiri Oerlaobi ^ Oo. 2U
VVien ersckieneri i8t, vickt be88er ernptekleri,
sl8 clurck eixene VVorte c1e3 VerkL88er8, clie wir
clerri let^ten Xupitel entnekrrieri. Oer bellarinte
8ckrikt8teIIer, cle88en 8eAei8terrniA kür cleutscke
I^nn3tübnnA in clen „Ltuclien uu3 Oent^ck-
Kuu8en" §Ieick3urn clie Lckönkeit äe8 üeut8cken
Lunc1e8 in einer Lolxe von ?kuntu8ien 2U rnslen
vsr8uckte — wie 3ckön 68 wur uncl wie 3ckön e3
8ein Icönnte, wenn un3ere 3tucltbuuinei8ter unc!
k.uniIbürZerlnei3ter ikr üeut3cke8 Her2 nickt nur
uuk cler 2un§e, 8onclern uuck unter clern lkocll
kütten, kut clie^rnul 8tren^ere ^Vrbeit ^etun: In

zu jenen berühmten, lästigen Arbeiten gezwungen
ward. Linstweilen kannte ich nichts Lchöneres, als
mich aus Helsen und iltatten oder am Wasser müßig-
gängerisch herumzutreiben.

Berge, Lee, Lturm und Lonne waren meine
Kreunde, erzählten mir und erzogen mich und waren
mir lange Zeit lieber und bekannter als irgend
Mnschen und Mnschenschicksale. Mine Lieblinge
aber, die ich dem glänzenden Lee und den traurigen
Zöhren und sonnigen Kelsen vorzog, waren die
Alolken.

Zeigt mir in der weiten Welt den Nann, der
die Wolken besser kennt und mehr lieb hat als
ich! Vder zeigt mir das Ding in der Welt, das
schöner ist als Wolken sind! Zie sind Zpiel und
Augentrost, sie sind Zegen und Gottesgabe, sie
sind Zorn und Todesmacht. Zie sind zart, weich
und sriedlich wie die Zeelen von Neugebornen,
sie sind schön, reich und spendend wie gute Lngel,
sie sind dunkel, unentrinnbar und schonungslos
wie die Lendboten des Todes. Zie schweben
silbern in dünner Lchicht, sie segeln lachend weiß
mit goldenem Rand, sie stehen rastend in gelben,
roten und bläulichen Harben. Lie schleichen finster
und langsam wie Mrder, sie jagen sausend kops-
über wie rasende Reiter, sie hängen traurig und
träumend in bleichen Hähen wie schwermütige Lin-
siedler. Lie haben die Sormen von seligen Inseln
und die Hormen von segnenden Lngeln, sie gleichen
drohenden Händen, slatternden Legeln, wandernden
Aranichen. Lie schweben zwischen Eottes Himmel
und der armen Lrde als schöne Kleichnisse aller
Mnschensehnsucht, beiden angehörig — Träume
der Lrde, in welchen sie ihre befleckte Leele an den
reinen Himmel schmiegt. Lie sind das ewige Zinn-
bild alles Wanderns, alles Luchens, Verlangens
und Heimbegehrens. Und so wie sie zwischen Lrde
und Himmel zag und sehnend uud trotzig hängen,
so hängen zag und sehnend und trotzig die Leelen
der Nenschen zwischen Zeit und Lwigkeit.

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