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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 8.1904

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Heft 9
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Monatliche Mitteilungen des Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein (Juni 1904)
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https://doi.org/10.11588/diglit.19988#0107

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Darmstadt. Auf der Nathildenhöhe zu Darmstadt, unter-
halb der bekannten Mnstlerhäuser, sind durch Vlbrich
süns weiße Pavillons mit grünen runden Dächern
ausgestellt, die Vorboten einer zweiten Ausstellung
der Darmstädter Rünstlerkolonie, die im Iuli d. I.
eräsfnet wird. Ls ist gut sitzen unter den weißen
Tempeln zwischen schönen alten Väumen, und wenn
abends Aonzert ist, bleibt kein Ituhl srei unter den
Dächern wie im Garten. Dort begann am 29. Nai
in geselliger Aleise die Zusammenkunst unserer Vor-
stände, die an den solgenden Lagen zu langen,
ernsten Veratungen sühren sollte. Aber wie schon
an diesem ersten Abend die unerwartete Anwesen-
heit unseres hohen Protektors dem zwanglosen
Veisammensein eine sestliche Hreude gab, so standen
auch die folgenden Tage unter dem Zeichen seiner
sürstlichen Huld.

A)ie schon angekündigt wurde, handelte es sich
in Darmstadt darum, nun nachdem unsere Vinrich-
tung vollendet war, in einer persänlichen Aussprache
aller Vorstände einen Arbeitsplan für die einzelnen
Ausschüsse wie sür dcn gesamten Vorstand zu ge-
winnen. Daß diese Beratungen im Großherzog-
lichen Ichloß und unter Anwesenheit des Sürsten
stattfinden konnten, in dessen hochherziger Aunst-
pflege sich das am schönsten verkörpert, was nicht
nurwir, sondern dieLrnstesten auch sonstwo iu unserm
Volk erstreben: das war nicht nur der schönste
Lohn sür uns alle, die wir seit einem halben Iahr
an der Ausbildung unseres Verbandes arbeiten,
sondern es gab auch alicn Leilnehmern die sröhliche
Kewißheit, daß wir nuu das feste Hundament haben,
aus dem ein guter Ausbau sich vollziehen kann.

Vor den Veratungen empsing Zeine Aönigliche
Hoheit den geschäftssührenden Vorstand in Audienz,
wobei unscr vorsitzender die Lhre hatte, dem Sroß-
herzog als unserm Protektor das Vriginal der
tAitgliedskarte von Alilhelm Ichreuer zu über-
reichen. Auch nahm der hohe Herr die Ztistung
eines Bildes von Vtto Iohn-Rethel entgegen,
das der Verband gemäß einem früheren Beschluß
der Ztadt Varmstadt zur Vrinnerung an diese
Versammlung widmet. Besonderen Äcifall spendete
der Kroßherzog unserm Vereinsblatt „Abendsrieden"
von Aarl Biese.

Die Verhandlungen des crsten Cages dauerten
von s bis 6 Ahr. Bie wurden eröfsnet und bis
gegen den Schluß geleitet durch unsern Vorsitzenden
Präsident zur Nedden, der sich auch in Varmstadt
wieder als ein wahrer Btratege in der großen
Aunst erwies, verhedderte ßäden abzuschneiden und
vereinzelte zu sammeln.

Vor der Lagesordnung wurden die Versammel-
ten durch den Virektor des Troßherzoglichen Aa-
binetts, Seheimrat Römheld, im Austrag Leiner
Aöniglichen Hoheit des Eroßherzogs in der ehrend-
sten Äleise begrüßt.

Als Lrster sprach Prosessor W. Bteinhausen aus
Hrankfurt: „A)as kann den Verband der Aunst-
sreunde dauernd zusammenhalten?" Unsere Mt-
glieder finden seine lieben tiesen A)orte im Inhalt
dieses Hestes. Ls war eine A)eihe, sast wie ein
Tebet, als der stille Neister gerade in dieser Ver-
sammlung, da sich so viele bis dahin Sremde zum
gemeinsammen A)erk vereinigt hatten, aus die un-
verlierbaren Gesühle der Temeinsamkeit hinwies.
Aach ihm gab der Zchriftsührer Wilhelm Achäfer
noch einmal eine kurze Darlegung der Verbands-

ziele: Nicht Aunsterziehung, sondern Aunstpflege,
und zwar Pslege der starken Talente, da in ihnen
sich die Lntwicklung der Aunst vollzöge. Sür die
Arbeit der Rommissionen gab er eine Reihe von
Anregungen, die sich namentlich aus den Beratungen
der Vüsseldorser Aommission ergeben hatten, vor
allem die: wie auch ohne Auswendung von Ver-
bandsgeld Austräge und Ankäuse durch den Verband
erledigt werden können.

Nach ihm sprach Prosessor A). Trübner, von
dem die Idee unserer Aünstlerkommissionen her-
rührt, über die Tründe, warum in Sragen der
künstlerischen Befähigung hervorragenden Aünstlern,
als den berufenen ßachleuten, das Urteil zustände.
Auch seine Aussührungen, die in einer mit köst-
licher Trockenheit vorgetragenenAritik der bisherigen
Leistungen der Laienkommissionen gipfelten, sind in
diesem Hest abgedruckt. Akan wird sie als die Äuße-
rungen eines großen Nalers, der zugleich ein schrift-
gewandter scharfer Aops ist, sehr beachten müssen.

Professor v. Bochmann entivickelte danach, wie
die Aommissionen praktisch zu arbeiten hätten,
weniger am grünen Tisch, als brüderlich helsend
im Atelier. Lr nües noch einmal aus das bekannte
Beispiel der Pariser Kreunde Meissonnier, Daubigny,
Duprs' usw. hin, die sich als junge Leute zusammen-
taten, um gemeinsam immer je einem unter ihnen
für ein Iahr lang die Nittel zur sreien Äus-
gestaltung seiner künstlerischen Ideen zu schaffen,
während die anderen vier ihm zuliebe sich lustig
dem „Teschmack des Publikums" in allerlei Brot-
arbeiten anbequemten. v. Bochmann sieht in dem
Verband eine ähnliche Temeinschast, und das Wert-
vollste daran ist ihm, daß die Aünstler aus deu
bis jetzt kaum mehr als sremden Btädten im Ver-
band sich darin zusammenfinden. Lr bat sehr, nie-
mals das Teschästliche in der jZuwägung der Nittel
entscheiden zu laffen, immer nur der Krage zu
solgen: wer ist der Würdigste? Anbekümmert, ob
er in Düsseldorf oder Btuttgarl oder sonstwo im
Verbandsgebiet wohne.

In der allgemeinen Lesprechung der Verbands-
arbeit wurde cine Anregung, in den Ankäusen zur
Verlosung dem Teschmack des Publikums einiger-
maßen entgegenzukommen, von der Versammlung
einmütig abgelehnt. Hür solche Aunstpslege der
halben ' Lntschlüsse seien Aunstvereine genug da,
denen wir dann nur eine höchst überslüssige^Aon-
kurrenz machten. Vas Lebensprinzip unseres Ver-
bandes liege in dem, was die andern zu oft ver-
säumen, in der pflege der starken Legabungen;
ihnen rücksichtslos zu dienen, sie aus ihrer Liusam-
keit und Verbitterung herauszuheben — eine solche
Pslicht ersordere die größte Reinheit der Nittel,
wcnn sie irgendwie vorbildlich sein wolle. Wie
schon unsere diesjährige Verbandsgabe durchaus
nur aus küustlerischen Tründen durch eine unautast-
bare Iury gewählt sei, so solle auch jedes Ltück,
das wir zur Verlosung ankausen oder verschenken,
durchaus den Ltempel künstlerischer Ltrenge tragen.
A)eil vielzuviel gesündigt worden sei mit Aompro-
missen aller Art, solle 'es unsere Pflicht sein, uns
völlig rein zu halten von jeder Rücksicht. Nur aus
solches Programm hin hätten unsere Aünstler
und es sind die besten darunter — ihre Namen
gegeben, und nur aus solches programm hin hätten
wir es gewagt, dem Troßherzog Lrnst Ludwig
von Hessen, der in vorbildlicher Aunstpslege dem
 
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