Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 8.1904

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Hesse, Hermann: Zum achten September
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19988#0292

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zum uchten 5eptember.

können, so eng und lebendig hängt e5 mit den
untersten wureeln de5 schroäbil'chen Volk5tum5
rusammen.

vielleicht ist Mönke aber auch in 5chmnben
dechnlb untei-schätzt moi-den, weil mnn dort sich
mit ru einseitigem stetmgen an diese5 Volk5tüm--
liche stielt. 5eine schönsten Lieder namentlich
sind eigentlich wenig schwäbisch. - stun, er ist
jetzt nntze daran, a>5 stlassiker eum deutschen
stationalgut gerätzlt ru werden: man kennt itzn
nun längst weit über seine steimat tzinau5, und
er tzätte den weg eum stutzm auch ganr allein
gefunden, wennschon langsamer. stald werden
nun auch wotzlseilere stu5gaben seiner werke eu
tzaben sein, und damit wird itzm, wa5 itzm etwa
an stopularität noch fetzlt, schnell euteil werden.

* *

wer stlörike nur flüchtig kennt, mag itzn viel-
leicht überau5 eierlich, delikat und schalktzaft
finden. stast alle5 von itzm ist >n einen vuft oon
Sraeie getzüllt, und man ksnn itzn eine ganre
weile mit rein formalem wotzlgefallen und mit
besriedigtem steniesterlächeln lesen, bi5 plötzlich
die earte vecke dricht und stbgründe sich auftun,
bei deren stnblick man erstaunt und sast erschrickt.
k5 gidt wenig vichter, vielleicht übertzaupt wenig
Menschen, die so beängstigend natze am sterren
alle5 Leben5 gewotznt tzaben, Lrdkräste und
gärende 5chicksale mit so feinen steroen gefützlt
und belauscht tzaben, wie dieser unscheinbare
schwäbische stsarrer. ttzm war die alte 5etzergabe
geschenkt, im stetrachten eine5 Vogelflug5 und
im storchen auf einen leisen strützling5nschtwind
die 5timme 6otte5 ru oernetzmen, kommende
Unwetter frütz oorsu5/ufützlen und in knteücken
und 6rauen den 6etzeimnissen der 5chöpsung
beieuwotznen. ststur und 5chicksal belauscht er
mit beklommener khrsurcht an der strdeit, und
wa5 er selber schssft, ist nie gemacht und gewollt,
sondern scheint wie au5 jungen Quellen unmittel-
bar au5 der schöpferischen 6rde eu rinnen.

stber er hatte auch die 6abe, dsst itzm jede
Inspiration in schöner sdliger storm über die
tippen trst, und er tzatte die stescheidentzeit und
den stleitz, da5 vlötzliche und stragmentarische der
6mpsängni5, otzne seine strische eu schädigen,
reisen eu lassen und, mit allem 56^>muck einer
gründlichen 5prachkünstlerschaft umgeben, ru
schönen oollkommenen werken au5rubauen. 5o
tzat er oerhältni^mätzig wenig geschrieben, aber
alle5 ist sertig, oollendet, untadelig, und beim

Lesen fützlt man neben dem 6rstaunen über die
liese seiner 6ingebungen beständig eine stille be-
rutzigende streude über die klare stesonnentzeit
seiner kunst. vieselbe stunst tzat er auch sn
tzundert stagatellen, 6elegentzeit5oerse und der--
gleichen, oerschwendet; er gab nicht5 au5 den
ständen, wa5 nicht d>5 auf die standschrift tzinau5
schön und fertig und ersreulich war.

65 scheint rwischen der unmittelbaren 6enia--
lität de5 stützlen5 und 6rsinden5 und der fast
peinlichen 5auberkeit de5 stu5sützren5 ein wider--
spruch ru bestetzen. voch liegt die 6rklärung
natze. Istörike war ein gane autzerordentlich
sensibler Mensch, überempfindlich für vöne, vüfte,
starden: itzm wurden wineige 6rlebnisse eu vffen--
barungen und tzeftigen 6rschütterungen. 5o kam
e5, datz er, statt wie manche strmere nach 6in--
drücken ru jagen, oielmetzr unter der wucht der
6indrücke litt und sich ost oor itznen ru flüchten
suchte, wie er denn such Zeiten der Istenschen--
scheu tzatte. va fand er denn al5 beste und
tröstlichste Zuslucht die künstlerische strbeit und
rutzte darin au5, datz er ein stild, einen 6infall,
einen 5cherr mit unendlicher 5orgfalt au5fützrte und
aufstmend etwa5 oon der idgllischen stefriedigung
eine5 Miniaturenmaler5 in dieser strbeit fand.

ver schwäbische vsarrer und vichter, der so
köstliche wihe und so lierliche verse machen
konnte, tzatte oiele, oiele 5lunden und vage
tiefer Iraurigkeit, wo er wie ein verwundeter
beiseite ging und jeder von und stuf au5 der
Menschenwelt itzm wetze tat. voch setzlte ihm
auch da, wo seldst die stunst itzn nicht eu tzeilen
oermochte, ein Iröster niäst. 6r trug, obwotzl
er Keine5weg5 eu den „frommen vfarrern" rählte,
ein uneerstörbare5 6efützl der 6otte5nätze in sich.
va er in keiner ciebe und streundschast die 6e--
wätzr de5 6wigen und jene in sich rutzende 6e-
nüge sand, nach der alle Menschensetznsucht dürstet,
erledte er sein wunderoo»e5 sied:

steue siebe.

«3NN guch ein IHensch de; sndei'n suf dee kede

Ssnr, wie ee möchle, sein?

— In Isngei-slscht dedscht ich mie'5 und nnchte ssgen: neln!

5o ksnn Ich niemsnd5 keisten suf dee k>che,

Und niemsnd wZee mein?

— ÜU5 rinstei-nissen keU in mit susrückt ein rreudenschein:

5oUt ich mit Sott nicht können sein,

5o wie ich möchte, Nlein und veln?

Ws5 hielte mich, dgjs ich'5 nicht Ueute wende?

Sin süjse5 Zchnecken geht dutch mein Sedein!

Illich wundctt, dsss e5 mie ein wundet woilte sein,

Sott seldst ru eigen hsben suf det Stde!

494
 
Annotationen