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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 8.1904

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Heft 13
DOI Artikel:
Rilke, Rainer Maria: Ein Märchen vom Tod und eine fremde Nachschrift dazu
DOI Artikel:
Schäfer, Wilhelm: Geschichten vom lieben Gott
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.19988#0328

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Lin Närchen vom Tod.

Lr reichte mir seine Hand, und ich hielt sie fest.
„Aber ich möchte sie gerne weitersagen. Das darf
man doch?" Ich nickte. Plötzlich siel ihm ein: „Aber
ich habe niemanden. A)em sollte ich sie auch er-
zählen?" „Nun, das ist einsach; den Aindern, die
Ihnen manchmal zusehen kommen. A)em sonst?"
T>ie Ainder haben auch richtig die letzten drei 8e-
schichten gehört. Allerdings die von den Abend-
wolken wiederholte nur teilweise, wenn ich gut
unterrichtet bin. Tie Ainder sind ja klein und

voN riLLL^

^ OOI^r. Vvv w. 8cnRi-Lkr.

Lürxlicd wnräe in eini^sn Llllitern ein Üder-
dliclr versacdt, was von äer inoäernen äentscden
Qicdtnn^ nocd 2n srivarten wäre. dlatörlick del
äie Qesckickte trnbseliA ans; nur wnr ankfälli§,
wie sicd solcde IllntersncdnnAen irnrner nnr an
viel^ennnnte dlarnen knnpfen. Ls ist äns selde,
wie in äer rnoäernen IVlnIerei, wo rnan dis rinrn
Überärnü von Idieberrnann, Illdäe, Qeistilcow,
Ltncll, Tdorna, Trndner, v. Hofrnann nnä LIsvoZt
dört. On rnnd sicd alleräinAS äns Qefndl einer
srxen IInfrucdtbLrlreit einstellen; äenn äaö so
fest ein^estellte ?ersönlicdkeiten etwns nnäeres
tnn sollten, nls idr Werll adrnnäen, ist IiLnin
2n srwnrten. 80 wäre es verstänäiZer nnä ver-
äienstlicker, statt solcder Qilanxen, äie äocd
inedr oäer wenixer Qe§enstiinrnnn§ rnncksn nnä
leickt vor einer späteren 2eit läcderlicd änsteden
Irönnen, nncd dlenern nnSLnscdanen nnä so nacd
IVlöAlicdlreit 2n sor^en, äLd wir in äer VerllennnnA
eiZentnrnlicker LeZLdunZen äocd nack nnä nacd
etwas dinter äen ver§3NAensn 2eiten Lnrncll-
dleiben.

Wenn icd rnit äisser llllnleitunA eine 8e-
sprecknnZ äer „Qescdickten vorn lisden Qott"
deZinne, so will icd äninit ansärnclrlicd sn^en,
äall icd äies Irlsine Sncd (soeben in II. -VnflaAS
iin Insel-VerlnZ erscdienen) fiir deäentenä nnä
für eins äer sckänsten äeutscden Sncder nder-
dnnpt dnlte, odwodl sein Oicdter, äer jnn^e
Sra^er Sniner IVlarin Sillre, änrcdans
Icsiner von äenen ist, an clie sick solcde
allAsrneinen SstracdtnnAen äer rnoäernen Oicd-
tnnZ 2N dnnpfen p6e§sn. 8cdon in seiner
dlovelle „Oie Qststen" (VerlaA Rxel ^nnclcer,
Serlin), äie in äiesen Slättern xnrn ersten /Vd-
ärucl: llnin, xeiZte sicd jsne Helldöri^lleit fnr
clen ^tern äer Welt, clie nucd cliesern Sncd
idren eixensn Seix §ibt. TVIIerclinZs feklte
äainals nocd clie scdlicdte Seife cles Wortes:
es war nlles nocd insdr nsrvöser Oialo^, wns

darum von den Abendwolken viel weiter als wir.
Toch das ist bei dieser Eeschichte ganz gut. Trotz
der langen wohlgesetzten Rede des Hans würden
sie erkennen, daß die Zache unter Aindern spielt
und meine Ärzählung kritisch, als Iachverständige,
betrachten. Aber es ist besser, daß sie nicht er-
sahren, mit welcher Anstrengung und wie ungeschickt
wir die Tinge erleben, die ihnen so ganz mühelos
und einsach geschehen.

jetxt ein rndiZes Silcl ist. Ons dier LdZeclrncllte
„IVlärcden vorn Aocl rnit einer frernclen dlLcd-
sckrift" ^ibt seine wnnclersnine t^rt ain clent-
licdsten. Ss ss§t anck arn besten, clad es §ar
lceine IVlärcden, sonclern Qescdicdten, wenn anck
nicdt initten ans clern Qeden, so clocd initten
dinein sincl, ^eracls in cler TVrt, wie sie clein
Oickter einfallen: IrZenclwo ist ein IVlenscd ocler
eine Wollce ocler ein Lnnin, wss sein Qefndl
dewe^t, nncl — so wie wir es alls nns clein
Tranrn Irennen, ader irn Qeben so selten erleden,
weil wir so bederrsckt nncl verstäncliA sincl —
als Rntwort Icoinrnt eine LrinnerunZ, ir§enclwo-
der ans clen ZEdeiinnisvollen Diefen cler 8eele,
clarin so viele 8cdätxs cler Ver^an^endeit ver-
Araden sinä. Wenn wir clenllen, was in einein
clreilÜNäkriZen IVlenscken von stLrlcern Qefnkl
nlles rndt nn LrlädrnnAen, nn Qslesenein, nn
Aräninen von Qott nncl clen Wunclern cler Welt!

sür laZ uncl ^adr für ^ndr sincl clort 8tiin-
innnZ;en nncl Qilcler, Worte nncl Qeclanlren kinZe-
snnlcen in VerZessendeit, nncl anf einrnnl erdsdt
sicd etwns ans cliesen wnnelersainen Tiefen nnä
wircl eine LrinnernnZ nncl wircl Wort, ist nicdts
als ein Lrlednis uncl stedt clocd so ans clen
tranindaften 8cdleiern cler 3eele Zedoden wie ein
IVlärcken cla. Qncl nll clisse Qescdicdten dnnclsln
vorn lieden Qott, nicdt von jenein cler Rtdeisten
nncl ?riester, sonclern von clern cler Xincler nncl
cler Weisen. Wo ancd clns -Vn§s dinAsdt ins
Qeden, wenn es nnr ernst nncl dell Zenn§ dliclct:
siedt es seine Hänäe. Oiese TVrt §e§en clie
I^ornLntillsr vorn 8cdla§ Qrentsno ^ednlten: wie-
viel reicder, inilcler, einldcder ist alles Zeworclen.
Qie 8eele drancdt nicdt rnedr inbrünsti§ nacd
Qott xu scdreien, drnncdt nicdt in Visionen
nncl IVl^sterien xn wüklen. 8ie ^edt still sn
seiner Hancl. 80 inacdt clieses wnnclsrsaine
Lncd eines jnn^en cleutscden Qickters nieinancl
lllü^er, wsni^s weiser, sder jsclsn ^lüclclicder;
trotxclern vorn Qlüclr so §ar nicdts Rnfärin^Iicdes
clarin stekt. Qncl xanx rein wäre es von Qiteratnr,
wenn nickt jens Qescdicdte von äen elrei IVlalern
äarin stäncle.

Zi?

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