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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 1
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Schönleber, Gustav: Notizen zu meinem Leben
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0021

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GUSTAV SCHÖNLEBER.

Rheinfahrt; die zeichnerischen Studien dazu
waren mir sehr nützlich, namentlich als ich
einen großen Auftrag übernahm für Ad. Kröners
Verlag, die Nord- und Ostsee zu illustrieren,
welcher mich lange beschäftigte. 1875 und 76, zwei
lange Sommer, fuhr ich die deutschen Küsten
ab von Emden bis Memel, und manches hab
ich mit großer Liebe mit der Feder gezeichnet
und kanns heute noch mit Vergnügen sehen,
wenn die Arbeiten auch sehr ungleich sind.

Großes Interesse hatte ich schon Anfang
der siebziger Jahre für die Böcklin bei Schack;
wie ungemein wahr aber zugleich diese Bilder
sind, ist mir erst später klar geworden, als ich
durch selbständige Studien gegangen war. Bei
der Ausstellung 1879 in München war ich Mit-
glied der Aufnahmejury, es gab schon einen
Vorgeschmack der späteren Kämpfe, die „Zu-
lassung“ von Liebermanns „Christus im Tempel“
war einer der Anklagepunkte.

Nachzuholen habe ich: Bis Ende 1873 blieb
ich in der Lierschule, dann noch ein Jahr im
Atelier mit meinem Freund Baisch zusammen,
mit dem ich mich immer gut verstand, wir
waren in Holland auch öfter auf Studien zu-
sammen, meistens führte ihn aber sein Interesse
für das Vieh in der Landschaft an andere Orte.
Er war seit 1875 mit meiner Schwester ver-
heiratet, die im Jahre 1881 in München starb, kurz
vor Baischs Umzug nach Karlsruhe. Dahin
war ich das Jahr vorher, 1880, berufen worden
als Professor an die Kunstschule nach Weggang
Gudes (Baisch desgleichen 1881), und wir haben
immer vereint gearbeitet bis zu Baischs Tod 1894.

1884 malte ich für den alten Fürsten von
Fürstenberg eine Ansicht und Aussicht über
das Land bei Heiligenberg, das Schloß und
viele Quadratmeilen Wälder und Felder samt
Bodensee und den Alpen dahinter, wochenlang

durchs Perspektiv gezeichnet; ich glaube es
hängt in Berlin bei der jetzt wiederverheirateten
Fürstin, geb. Prinzessin Sagan. Wo ich dazu
die Geduld hernahm, ist mir jetzt nicht mehr
klar.

1888—89 erbaute ich mein Haus nach meinen
eigenen Ideen und sitze seitdem recht fest in
Karlsruhe, was nur gut geht bei vielem Reisen
nach auswärts. Übrigens hab ich doch der
näheren Umgebung auch manches abgewonnen,
und bin nahe bei meiner engeren schwäbischen
Heimat.

Die schönsten Tage, das Wunderbarste an
großartiger Natur, brachte uns der Aufenthalt
r8g2—93 im Castello di Paraggi am Montefino.
Einsam an der felsigen Küste gelegen im
schwarzblauen Meer, hatte es allen Zauber
schwerer Böcklinscher Schönheit. Die tief-
stehende Wintersonne, die langen Schatten der
Berge, ich hätte wohl Gefühl dafür gehabt,
aber ich glaube, da reicht der einfache Land-
schaftsmaler nicht aus, und meine Studien und
Bilder von da decken das Erlebte nicht. In
der Pinakothek ist ein Bild Punta da Madonetta,
das etwas erreicht hat davon. Vielleicht ver-
suche ich nochmals diese Aufgaben in neuer
Technik. Freilich ein so ideales Dasein, wie
der Winter im Castello, darauf kann ich nicht
mehr rechnen. Alles im Familien- und Freun-
deskreis zu genießen, dabei niemand etwa krank,
kein Arzt, ein besonders milder Winter, der
selten die Arbeit im Freien unterbrach, die
herrlichen Brandungen bei verhältnismäßigem
Windschutz, die Gänge über den Berg, die
Bootsfahrten in der Dämmerung, San Fruttuoso,
die Fahrten mit dem Fürsten von Wied im Lotsen-
dampfer dicht an sonst unzugänglichen wilden
Felsufern, nach Punta Chiappa, nach Sestri,
die Villa Pagana bei Sta. Margherita, Rapallo

Gustav Schönleber. Hochwasser am Neckar.
 
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