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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 1
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Schäfer, Wilhelm: Gustav Schönleber, ein deutscher Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0028

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Gustav Schönleber. Alt-Antwerpen.

man konnte sich denken, daß von ihnen aus
ein direkter Weg zu diesen hätte führen können.
Aber wie ich schon einmal schrieb, daß an der
Einfachheit nur der seine Freude haben kann,
der am Überschmuck satt geworden ist, so
mußte auch Schönleber zunächst alle Register
einer in Nord und Süd bereicherten Natur-
anschauung in pathetischen Kompositionen und
magischen Farbenspielen versuchen. Allerdings
lag dies zum Teil in einer Zeit begründet, die die
Schönheit gern im Motiv suchte, auch spielten
wohl persönliche Zufälligkeiten mit, die den
jungen Maler zu längerem Aufenthalt an die
Küste von Genua brachten.

Als er das Frühlingsbild aus Eßlingen (S. io)
malte, im Jahre 1883, war er schon längst kein
Anfänger mehr; denn schon aus dem Jahre 1878
stammt jenes Uferbild im Kölner Museum, das
zwar altmeisterlich, im Ton aber auch meister-
haft ist. Aber obwohl dieses Frühlingsbild ihm
nachsteht, in vieler Beziehung ist es ihm doch
überlegen an Frische und Herzlichkeit. Und in
dem „Eßlinger Dreckbild 84“ (so steht hand-
schriftlich unter der Photographie) ist sogar bis
auf die etwas kleinliche Staffage die tonige
Ruhe des Kölner Bildes erreicht und zugleich das

Kleinliche des Frühlingsbildes geblieben (S. 10).
Dann führt ihn sein Weg in andere Bereiche.
Aus dem Jahr 1885 stammt eine Ansicht von
Antwerpen (S. 12), die man auf den ersten Blick
für einen Andreas Achenbach halten könnte.
Effektvoll baut sich vom Wasser, die Segel
überragend, die Stadt auf mit dem im sonnigen
Dunst nur schimmernden Turm. Der Roman-
tiker beginnt, der dann in seinem berühmten
Bild aus dem Jahre 1888 „Quinto al mare“ alle
Register einer pathetisch-romantischen Natur-
stimmung ebenso glänzend beherrschte wie der
große Düsseldorfer. Eine stolze Höhe, von der
aus für die Begabung des Landschafters — in
Schönlebers Lebensnotizen steht darüber ein
schönes ehrliches Bekenntnis — ein höherer
Aufschwung kaum noch möglich war. Daß
ihn noch heute bei diesem Bild die Treue
seiner Naturbeobachtung am meisten freut, ist
wohl bezeichnend lür das, was für ihn danach
nur noch kommen konnte: die Verfeinerung der
koloristischen Reize und die Vertiefung der
Stimmung. Es ist genugsam bekannt, wie er
zunächst daran ging, aus dem südlichen Meer
jene koloristischen Zauberstücke zu holen, mit
denen er seinen europäischen Ruf glänzend be-
gründete. So sehr, daß er sich heute selbst
damit im Wege steht; wenigstens habe ich vor
einiger Zeit vergeblich versucht, eine Galerie-
leitung, die durchaus das haben wollte, was
man einen Schönleber nennt, von seinen Meer-
bildern zu seinen Heimatsstücken hinzulenken.
Aus dem Jahr 1893 stammen die „Herbststürme
in Rapallo“, jenes Bild der Nationalgalerie,
dessen gelbes Wasser noch jedesmal meinen
Blick zu sich hinzog, ein Bild, das schon allein
durch seine glänzende Mache allen Moden seit
1893 gleichmütig trotzte. Freilich mögen nur
wenige damals geglaubt haben, daß sich der
Maler noch einmal mit ganz anderen Werken
melden und einen Ehrenplatz in der deutschen
Malerei beanspruchen würde; aber einen ganz
vorn, da wo jene sitzen, die über ein großes
Können hinweg zu jener schlichten Sicherheit

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Gustav Schönleber Klares Wasser.
 
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