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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 11.1906

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Heft 1
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Schäfer, Wilhelm: Gustav Schönleber, ein deutscher Maler
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https://doi.org/10.11588/diglit.26233#0029

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Gustav Schönleber. Herbststürme in Rapallo.

gekommen sind, die allein den Meistern eignet. —
So blendend der Kolorist Schönleber war, er
hat nie, wie schon gesagt wurde, aufgehört, zu-
gleich ein peinlicher Zeichner zu sein, wie ihm
immer ein sicherer Blick für das Bildmäßige eigen
war. Daß er aber aus einer Verbindung dieser
Fähigkeiten eines Tages zu einem Stil kam, neben
dem fast alles, was er früher malte, sich zunächst
als effektvolle Romantik, danach als effektvoller
Realismus zeigt, das ist das eigentliche noch
kaum bemerkte Wunder an ihm. Denn soviel
man auch diese letzten Bilder aus Schwaben
als nur mit dem Pinsel gezeichnet ansprechen
möchte, sie sind zugleich so meisterhaft gemalt
und sitzen so selbstsicher und geschlossen im

Gustav Schönleber. Brügge.

Rahmen, daß man ihre künstlerische Voll-
kommenheit nur bewundern kann. Und das
Seltsamste: sie lösen auf einmal wieder jenes
frische herzliche Naturgefühl aus, das sein
Schwabenbild aus dem Jahre 1883 hatte, nur alles,
was dort den Genuß noch hinderte, in völliger
Meisterschaft gelöst.

Und so entzückend es ist, nun diese Meister-
schaft auch an fremden Landschaften zu be-
wundern, an dem schönen Bild aus Brügge (1903)
oder fast mehr noch an der „Stillen Ebbe“ aus
dem Jahre 1902, wo eine Zeichnung von be-
ängstigender Sicherheit die Farbe umkleidet und
mit höchstem Kunstverstand in den Raum setzt:
immer wieder sucht das Auge die schönen
Heimatbilder, in denen mehr ist als eine feine
Künstlerhand, in denen ein deutscher Künstler, er
ist fast alt darüber geworden, das Lied der
Heimat nicht müde wird zu singen. Neben aller
Reife und Köstlichkeit ist eine Wärme in den
Sachen. Viele sind ihrer, die heute bekannt und
anerkannt sind mit Werken, die erst auf einem
der Punkte liegen, die dieser Meister längst
hinter sich hat. Nur wenigen ist Kraft ge-
geben, ihre Fähigkeit so über sich hinaus zur
letzten Einfachheit zu steigern, wo gleichsam
die Naivität der Jugend, der ungeübten nur
empfindenden Hand wiedergewonnen wird.
Wer sich so weit vollendete, ist mehr als ein
bloßes Talent, ihm gebührt der Ruhm, den
wir sonst sparsam den Genies zuerkennen.
Es leben ihrer nicht viele, denen wir dieses
sagen können.

Das Geschriebene überlesend muß ich
lächelnd und erschrocken sehen, daß ich wie
von einer Entdeckung geredet habe; und noch
einmal prüfend geht mein Blick an den Blättern
seiner letzten Zeit vorüber, und da muß ich
sagen: ich habe nicht nur von einer Ent-
deckung geschrieben, sondern es ist auch eine,
und das Schönste daran ist, daß sie uns Deutsche
so viel angeht.

Gustav Schönleber. Stille Ebbe.

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