Franz Krüger. Wachtparade.
Zeichnung der Köpfe, besonders die der Frauen,
ist nicht so unerbittlich wie in den Porträten,
am besten aber ist, wie gesagt, die Pose, d. h.
die Bewegung der Figuren, und die landschaft-
liche Anordnung: das Rot und Grün im Ge-
wände der Magdalena belebt den Vordergrund,
und die Horizontale ihres Körpers steht gut zu
der auffallend betonten Senkrechten des Hei-
landes.
Ein auf den ersten Blick frappierender, doch
auf eine mehrfache Prüfung nicht standhaltender
und darum nicht so begabter Künstler als die
bisher genannten Hamburger ist Friedrich Was-
mann, dessen eigentümlicher Kunst man wirk-
lich nicht ansieht, daß der Maler ein Schüler
des Nazareners Naeke war, und in Rom mit
Overbeck verkehrte. Er überlebte seine ham-
burgischen Altersgenossen um ein bedeutendes
und starb, 1805 in Hamburg geboren, 1886 in
Meran, wo er den größten Teil seines Lebens
verbrachte. Der nordische Maler Bernt Grön-
wold hat sich das Verdienst erworben, den
Künstler ausgegraben zu haben. Bedenkt man
das hohe Alter, das der Künstler erreichte, und
die verschiedenen Malschulen, an denen sich
der Künstler unbeeinflußt ganz selbständig „vor-
beientwickelte“, so macht seine kleine Kollektion
allerdings einen aparten Eindruck; aber zu-
sammengesetzt, nicht einheitlich, und das, was
ich vorhin als „Entwicklung“ vermißte, hier
ists zu finden, doch nicht im Sinne einer auf-
wärts führenden, vielmehr als ein Hin- und
Hertasten, wobei dem Künstler allerdings Aus-
erlesenes gelang, unter den Landschaften nicht
zum wenigsten. Wie Oldach und Speckter liebt
der Künstler im Porträt das kleine Format;
die Zeit, die Bürgerstuben bedingten es wohl
so. Aber die Zeichnung ist nicht so „präpariert“
wie bei Speckter, nicht so auf das Wesentliche
nuanciert, und die malerische Behandlung steht
weit hinter Oldach zurück. Vornehme Farben-
klänge finden sich in Wasmanns Porträten nicht,
und da, wo die Zeichnung scharf charakterisiert,
wirkt sie nicht selten karikaturenhaft, absicht-
lich; es ist überhaupt etwas vom Experiment
in Wasmanns Kunst, und es hat seinen Grund
darin, daß diese Bilder nicht als der kulturelle
Ausdruck eines Bürgertums wirken wie bei
Oldach und Speckter; der in Italien reisende
Künstler scheint schon ein Entwurzelter. Eins
seiner Bilder, es ist ein lebensgroßes Frauen-
porträt, wirkt beinahe, obgleich es aus dem
Jahre 1841 stammt, wie wenn heute einer im
Biedermeierstil arbeiten wolle; von geradezu
ätzender Charakteristik ist die Studie nach
einem „Italiener im Profil“. Es ist nichts von
der „Liebe zum Menschen“ in Wasmanns
Bildern, die die andern so groß und unwider-
stehlich macht. Dieser Wasmann muß ein
problematischer Mensch gewesen sein, und aus
dieser Kühle eines Wesens, das ein kalter
Verstand regierte, glückten dann einige sehr
feine Gebirgslandschaften, die zum Besten der
Zeit gehören und gerade aus ihrer Gefühllosig-
keit dieser weit vorausgeeilt scheinen. Was-
man ist schon in erster Linie Maler, nicht
Mensch. Hier wären auch die beiden Rohden,
Vater und Sohn, zu nennen, deren Kunst aus
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Zeichnung der Köpfe, besonders die der Frauen,
ist nicht so unerbittlich wie in den Porträten,
am besten aber ist, wie gesagt, die Pose, d. h.
die Bewegung der Figuren, und die landschaft-
liche Anordnung: das Rot und Grün im Ge-
wände der Magdalena belebt den Vordergrund,
und die Horizontale ihres Körpers steht gut zu
der auffallend betonten Senkrechten des Hei-
landes.
Ein auf den ersten Blick frappierender, doch
auf eine mehrfache Prüfung nicht standhaltender
und darum nicht so begabter Künstler als die
bisher genannten Hamburger ist Friedrich Was-
mann, dessen eigentümlicher Kunst man wirk-
lich nicht ansieht, daß der Maler ein Schüler
des Nazareners Naeke war, und in Rom mit
Overbeck verkehrte. Er überlebte seine ham-
burgischen Altersgenossen um ein bedeutendes
und starb, 1805 in Hamburg geboren, 1886 in
Meran, wo er den größten Teil seines Lebens
verbrachte. Der nordische Maler Bernt Grön-
wold hat sich das Verdienst erworben, den
Künstler ausgegraben zu haben. Bedenkt man
das hohe Alter, das der Künstler erreichte, und
die verschiedenen Malschulen, an denen sich
der Künstler unbeeinflußt ganz selbständig „vor-
beientwickelte“, so macht seine kleine Kollektion
allerdings einen aparten Eindruck; aber zu-
sammengesetzt, nicht einheitlich, und das, was
ich vorhin als „Entwicklung“ vermißte, hier
ists zu finden, doch nicht im Sinne einer auf-
wärts führenden, vielmehr als ein Hin- und
Hertasten, wobei dem Künstler allerdings Aus-
erlesenes gelang, unter den Landschaften nicht
zum wenigsten. Wie Oldach und Speckter liebt
der Künstler im Porträt das kleine Format;
die Zeit, die Bürgerstuben bedingten es wohl
so. Aber die Zeichnung ist nicht so „präpariert“
wie bei Speckter, nicht so auf das Wesentliche
nuanciert, und die malerische Behandlung steht
weit hinter Oldach zurück. Vornehme Farben-
klänge finden sich in Wasmanns Porträten nicht,
und da, wo die Zeichnung scharf charakterisiert,
wirkt sie nicht selten karikaturenhaft, absicht-
lich; es ist überhaupt etwas vom Experiment
in Wasmanns Kunst, und es hat seinen Grund
darin, daß diese Bilder nicht als der kulturelle
Ausdruck eines Bürgertums wirken wie bei
Oldach und Speckter; der in Italien reisende
Künstler scheint schon ein Entwurzelter. Eins
seiner Bilder, es ist ein lebensgroßes Frauen-
porträt, wirkt beinahe, obgleich es aus dem
Jahre 1841 stammt, wie wenn heute einer im
Biedermeierstil arbeiten wolle; von geradezu
ätzender Charakteristik ist die Studie nach
einem „Italiener im Profil“. Es ist nichts von
der „Liebe zum Menschen“ in Wasmanns
Bildern, die die andern so groß und unwider-
stehlich macht. Dieser Wasmann muß ein
problematischer Mensch gewesen sein, und aus
dieser Kühle eines Wesens, das ein kalter
Verstand regierte, glückten dann einige sehr
feine Gebirgslandschaften, die zum Besten der
Zeit gehören und gerade aus ihrer Gefühllosig-
keit dieser weit vorausgeeilt scheinen. Was-
man ist schon in erster Linie Maler, nicht
Mensch. Hier wären auch die beiden Rohden,
Vater und Sohn, zu nennen, deren Kunst aus
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