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dem Lindenberg, die ohnehin sehr an Bedeutung eingebüsst hatte, aufgelassen.
Die Reste des spätrömischen Cambodunum liegen auf dem heutigen linken
(westlichen) Illerufer im Gebiet der Burghalde, aus dem für altere Zeiten trotz einer
Reihe Miinzen und anderer Einzelfunde eine Besiedlung sich bisher nicht nachweisen
lâsst. Man fand hier westlich der Burghalde am Rande der Hochterrasse, die
den westwarts vorbeiziehenden alten Illerarm begleitet, unter der Umfassungsmauer
des alten Teiles des protestantischen Friedhofes und in nôrdlicher Fortsetzung
bis jenseits der mittelalterlichen Stadtmauer und hinter dieser nach Osten umbiegend
eine spätrömische Gussmauer mit âlteren Architekturstücken usw. im Fundament.
An einer Stelle hatte diese Mauer einen ausspringenden halbrunden Turm. Die
südliche Fortsetzung der Mauer strich zweifellos den Hang der Burghalde hinan,
an deren Siidrand sie also angeschlossen haben wird. Im Norden und Osten der
Burghalde ist ihre Fortsetzung noch unbekannt: vermutlich umschloss sie auch
ein grösseres Areal ôstlich der Burghalde und lehnte sich wieder an ihre Südost-
ecke an. Sie bildete so wohl ein unregelmâssiges Viereck von etwa 200 m oder
etwas mehr Seitenlânge.
Nach der Notitia dignitatum ist Cambodunum Sitz des Prafekten desjenigen
Teils der dritten italischen Legion, welcher das einer natürlichen Scheide oder
einer Strasse entbehrende Segment der râtischen Bodensee-Ulergrenze von Vemania
(spätrömisches Kastell Burkwang bei Isny) bis Cassiliacum (irgendwo bei Memmingen)
zu überwachen hatte. Da die Truppe draussen an der Grenze verteilt war, hat
die erwähnte spätrömische Mauer um die Burghalde, obschon wir westlich wie
nördlich von Kempten noch weit innerhalb derGrenze auch spâte Passsperren kennen
und obgleich vielleicht eine Abteilung der Truppe auch in Cambodunum selbst in Gar-
nison lag, wohl mit einem eigentlichen Kastell nichts zu tun, zumal das Areal etwas zu gross
für ein derartiges Kastell wâre. Die Mauer wird deshalb eher als Stadtmauer anzu-
sprechen sein, die natürlich im Bedarfsfalle auch militârischen Zwecken dienen konnte.
Von dieser kleinen spätrömischen Stadt sind uns sonst nur wenig Details
bisher bekannt, ein paar sehr schlecht gebaute Hâuser im jüngeren Teil des pro-
testantischen Friedhofs und an Kleinfunden nur eine Anzahl Münzen der spâten
Kaiserzeit. Grôssere Grabungen haben hierselbst jedoch noch nicht stattgefunden.
Im 5. Jahrhundert muss derBestand des spätrömischenCambodunum noch wieder
stark zurückgegangen sein, aber die Siedelung brach doch \vohl nicht ab. Zwar fehlen
uns von Kempten noch Reste der Merovingerzeit, die uns von anderen rômischen
(spätrömischen) Punkten in Nordwestrâtien bekannt sind 9). Aber wenn auch die
Kontinuität archäologisch sich vorerst noch nicht erweisen lâsst, wird es sich in
Kempten kaum anders verhalten haben als in Augsburg, Kellmünz usw. Jedenfalls ent-
wickelte sich das âlteste mittelalterliche Kempten inAnlehnungandasBurghaldegebiet.
NEUE FUNDE.
Mülfort b. M.-Gladbach. Juppitersâule.
14. Ein würdiges Seitenstück zu der auf der Speickerhôhe bei M.-Gladbach
vor 2 Jahren gefundenen römischen Sâule mit 8 figürlichen Darstellungen
(Röm.-germ. Korrespondenzblatt III 1910 No. 5 S. 71) ist in den letzten
Tagen des Oktober in Mülfort unter dem Seitenflügel der katholischen Schule,
die an der Hauptstrasse von Mülfort nach Giesenkirchen liegt, in einer Tiefe
von 1,80 m gefunden worden. Wie die Gladbacher Sâule ist auch die
Mülforter Liedberger Sandstein; beide wurden an der den Rhein mit der
Maas verbindenden Rômerstrasse gefunden, die von Neuss ausgehend über
Glehn, Liedberg, Steinfort, Giesenkirchen, Ahren, Mülfort, dann dem Zuge
9) Aus dem spätrömischert Kastell von Kellmiinz (Caelio monte) reichlich mero-
vingische Scherben, von Finningen (Neuulm) unterhalb des spätrömischen Burgus
Scherben und eine Perle der gleichen Zeitstellung, von Neuburg a. Donau (spätröm. Funde
aus einem Burgus oder Kastell) ein merovingischer Grabfund, endlich aus dem Bodçn des
äitesten Augsburg wiederholt merovingische Gefâsse.
dem Lindenberg, die ohnehin sehr an Bedeutung eingebüsst hatte, aufgelassen.
Die Reste des spätrömischen Cambodunum liegen auf dem heutigen linken
(westlichen) Illerufer im Gebiet der Burghalde, aus dem für altere Zeiten trotz einer
Reihe Miinzen und anderer Einzelfunde eine Besiedlung sich bisher nicht nachweisen
lâsst. Man fand hier westlich der Burghalde am Rande der Hochterrasse, die
den westwarts vorbeiziehenden alten Illerarm begleitet, unter der Umfassungsmauer
des alten Teiles des protestantischen Friedhofes und in nôrdlicher Fortsetzung
bis jenseits der mittelalterlichen Stadtmauer und hinter dieser nach Osten umbiegend
eine spätrömische Gussmauer mit âlteren Architekturstücken usw. im Fundament.
An einer Stelle hatte diese Mauer einen ausspringenden halbrunden Turm. Die
südliche Fortsetzung der Mauer strich zweifellos den Hang der Burghalde hinan,
an deren Siidrand sie also angeschlossen haben wird. Im Norden und Osten der
Burghalde ist ihre Fortsetzung noch unbekannt: vermutlich umschloss sie auch
ein grösseres Areal ôstlich der Burghalde und lehnte sich wieder an ihre Südost-
ecke an. Sie bildete so wohl ein unregelmâssiges Viereck von etwa 200 m oder
etwas mehr Seitenlânge.
Nach der Notitia dignitatum ist Cambodunum Sitz des Prafekten desjenigen
Teils der dritten italischen Legion, welcher das einer natürlichen Scheide oder
einer Strasse entbehrende Segment der râtischen Bodensee-Ulergrenze von Vemania
(spätrömisches Kastell Burkwang bei Isny) bis Cassiliacum (irgendwo bei Memmingen)
zu überwachen hatte. Da die Truppe draussen an der Grenze verteilt war, hat
die erwähnte spätrömische Mauer um die Burghalde, obschon wir westlich wie
nördlich von Kempten noch weit innerhalb derGrenze auch spâte Passsperren kennen
und obgleich vielleicht eine Abteilung der Truppe auch in Cambodunum selbst in Gar-
nison lag, wohl mit einem eigentlichen Kastell nichts zu tun, zumal das Areal etwas zu gross
für ein derartiges Kastell wâre. Die Mauer wird deshalb eher als Stadtmauer anzu-
sprechen sein, die natürlich im Bedarfsfalle auch militârischen Zwecken dienen konnte.
Von dieser kleinen spätrömischen Stadt sind uns sonst nur wenig Details
bisher bekannt, ein paar sehr schlecht gebaute Hâuser im jüngeren Teil des pro-
testantischen Friedhofs und an Kleinfunden nur eine Anzahl Münzen der spâten
Kaiserzeit. Grôssere Grabungen haben hierselbst jedoch noch nicht stattgefunden.
Im 5. Jahrhundert muss derBestand des spätrömischenCambodunum noch wieder
stark zurückgegangen sein, aber die Siedelung brach doch \vohl nicht ab. Zwar fehlen
uns von Kempten noch Reste der Merovingerzeit, die uns von anderen rômischen
(spätrömischen) Punkten in Nordwestrâtien bekannt sind 9). Aber wenn auch die
Kontinuität archäologisch sich vorerst noch nicht erweisen lâsst, wird es sich in
Kempten kaum anders verhalten haben als in Augsburg, Kellmünz usw. Jedenfalls ent-
wickelte sich das âlteste mittelalterliche Kempten inAnlehnungandasBurghaldegebiet.
NEUE FUNDE.
Mülfort b. M.-Gladbach. Juppitersâule.
14. Ein würdiges Seitenstück zu der auf der Speickerhôhe bei M.-Gladbach
vor 2 Jahren gefundenen römischen Sâule mit 8 figürlichen Darstellungen
(Röm.-germ. Korrespondenzblatt III 1910 No. 5 S. 71) ist in den letzten
Tagen des Oktober in Mülfort unter dem Seitenflügel der katholischen Schule,
die an der Hauptstrasse von Mülfort nach Giesenkirchen liegt, in einer Tiefe
von 1,80 m gefunden worden. Wie die Gladbacher Sâule ist auch die
Mülforter Liedberger Sandstein; beide wurden an der den Rhein mit der
Maas verbindenden Rômerstrasse gefunden, die von Neuss ausgehend über
Glehn, Liedberg, Steinfort, Giesenkirchen, Ahren, Mülfort, dann dem Zuge
9) Aus dem spätrömischert Kastell von Kellmiinz (Caelio monte) reichlich mero-
vingische Scherben, von Finningen (Neuulm) unterhalb des spätrömischen Burgus
Scherben und eine Perle der gleichen Zeitstellung, von Neuburg a. Donau (spätröm. Funde
aus einem Burgus oder Kastell) ein merovingischer Grabfund, endlich aus dem Bodçn des
äitesten Augsburg wiederholt merovingische Gefâsse.