34
lich Neues hinzu. 0. zeigt zwar wiederum mit guten Gründen, dass manche der Walder
mit Hochâckerresten bis in die Zeit der Bajuwareneinwanderung zurückreichen, aber
er hat nicht bewiesen, dass die Forste in ihrer heutigen Ausdehnung so alt sind und
an den entscheidenden Stellen in ihren Grenzen starr geblieben sind. Dies aber ist
der springende Punkt, mit dem der Forstbeweis steht und fâllt. Im Hinblick auf
gegnerische Einwande gehen 0. und W. auf die zuerst von Lehrer Wetzel beobachteten
Überackerungen von Rômerstrassen durch Hochbeetpflüger naher ein. Sie versuchen
es wahrscheinlich zu machen, dass diese Überackerungen schon zur Zeit der offiziellen
Rômerherrschaft, die im 4. und 5. Jahrh. in Baiern nur mehr eine reine Schein-
herrschaft gewesen sei, erfolgt seien und weisen auf ein Gesetz des Alexander Severus
hin, das bereits die Überpflügungen von „viae publicae“ verbiete. Demgegenüber hat
Reinecke (Korr. Blatt der D. Ges. f. Anthr , Ethn. und Urgeschichte 42, 1911 S. 4)
betont, dass jenes Gesetz dem ganzen Zusammenhange nach wahrscheinlich auf kleinere,
durch Privatbesitz führende ôffentliche Wege, nicht auf Staatsstrassen abziele und dass
die Überpflügungen so trefflich erhalten sind, dass sie erst in einer Zeit ausgeführt
sein kônnen, wo überhaupt kein Yerkehr mehr auf den Strassen stattfand. Reineckes
Hinweis, dass der im Jahre 377 n. Chr. erfolgte Eilmarsch des Gratian vom Boden-
see nach Lorch zweifellos auf einer der grossen durch spätrömische Befestigungen
geschützten Rômerstrassen erfolgt sei, sucht Weber vergeblich zu entkraften, in dem
er geltend macht, Gratian kônne die Donau hinuntergefahren sein und indem er sogar
so typisch spätrömischen Kastellen wie Kellmünz u. a. (über das in diesen Blattern
genau berichtet ist), die Kastelleigenschaft und die zeitweise Belegung mit Truppen
abspricht. Welchen Weg Gratian gewâhlt hat, ist ja in letzter Linie gleichgiiltig,
aber es bleibt die Tatsache, dass noch am Ende des 4. Jahrh. sogar Heeresdurchmarsche
erfolgten, die natiirlich auf den alten Rômerstrassen stattfanden. Übrigens sind die
Überpfliigungen von Rômerstrassen nur ein kleines Glied in der Kette von Beweisen,
welche Frank und seine Mitarbeiter für das junge Alter der Hochacker ins Feld führen.
Christian Frank, der Herausgeber der „Deutsehen Gaue“. entwickeit in Heft 87
der Bibliothek fiir Volks- und Heimatkunde (Kaufbeuren 1912) die Ansicht: ,,Es gibt
zwingende Beweise fiir den Hochackerbau durch die Deutschen im Mittelalter und
Nachmittelalter ; eine Übernahme dieser Ackerbauart von den Keitoromanen ist nicht
bewiesen, wie überhaupt auch für die Existenz von Hochäckern in der vorrômischen
und römischen Zeit kein Anhaltspunkt gefunden wurde. Die reine Môglichkeit eines
Hochackerbaus in diesen Perioden wird nicbt bestritten. Der Hocbackerbau ist, geeig-
nete Werkzeuge vorausgesetzt, zunächst ein Erfordernis geologischer Verhaltnisse, aber
keine Stammeseigentümlichkeit“. Nach ausführlichen und sachverstandigen Darlegungen
über die Technik des Hochbeetbaus u. a. nimmt Frank zu Ohlenschlagers Forstbeweis
Stellung. Statt Karten heranzuziehen, die zwar sehr alt sind, aber durch den alizu
kleinen Massstab genaue Studien nicht erlauben, greift F. zu den altesten erhaltenen
Forstplânen und es ergibt sich das Resultat, dass, soweit eine Kontrolle durch das
erhaltene Kartenmaterial môglich ist — das ist vor allen beim Grünwalderpark, süd-
lich Münchens der Fall, dem einzigen Forst, bei dem die Hochbeete nicht an den
Aussenrandern liegen — gerade diejenigen Forstparzeilen z. T. noch im Jahre 1780
Eigentum der angrenzenden Gemeinden waren, auf denen heute Hochacker liegen.
Durch Kriege und Epidemien, durch Abwanderungen der Bauern in die Stadt, durch
Einführung der ins Bracbfeid gebauten Kartoffel und durch viele andere Ursachen
verôdeten weiter abliegende Gründe, flogen mit Holz an und wurden teils nach den
Bestimmungen des Bodenregals Eigentum des Königs, spater des Landesherrn, teils
wurden sie am Anfange des 19 Jhs. durch die sogenannten Parificationen, d. s. Auf-
teilungen von Land, auf das Staat und Gemeinde ein Anrecht hatten, zu Staatsforsten
geschlagen. Dazu stimmt trefflich eine Beobachtung, die zuerst Reinecke a. a. 0.
mitgeteilt bat: Zahlreiche Grenzlinien von Hochäckern, ja ganzen Hochackerparzellen
sind heute noch rechtsgiiltig. Da diese Tatsache haufig zu beobachten ist, erscheint
lich Neues hinzu. 0. zeigt zwar wiederum mit guten Gründen, dass manche der Walder
mit Hochâckerresten bis in die Zeit der Bajuwareneinwanderung zurückreichen, aber
er hat nicht bewiesen, dass die Forste in ihrer heutigen Ausdehnung so alt sind und
an den entscheidenden Stellen in ihren Grenzen starr geblieben sind. Dies aber ist
der springende Punkt, mit dem der Forstbeweis steht und fâllt. Im Hinblick auf
gegnerische Einwande gehen 0. und W. auf die zuerst von Lehrer Wetzel beobachteten
Überackerungen von Rômerstrassen durch Hochbeetpflüger naher ein. Sie versuchen
es wahrscheinlich zu machen, dass diese Überackerungen schon zur Zeit der offiziellen
Rômerherrschaft, die im 4. und 5. Jahrh. in Baiern nur mehr eine reine Schein-
herrschaft gewesen sei, erfolgt seien und weisen auf ein Gesetz des Alexander Severus
hin, das bereits die Überpflügungen von „viae publicae“ verbiete. Demgegenüber hat
Reinecke (Korr. Blatt der D. Ges. f. Anthr , Ethn. und Urgeschichte 42, 1911 S. 4)
betont, dass jenes Gesetz dem ganzen Zusammenhange nach wahrscheinlich auf kleinere,
durch Privatbesitz führende ôffentliche Wege, nicht auf Staatsstrassen abziele und dass
die Überpflügungen so trefflich erhalten sind, dass sie erst in einer Zeit ausgeführt
sein kônnen, wo überhaupt kein Yerkehr mehr auf den Strassen stattfand. Reineckes
Hinweis, dass der im Jahre 377 n. Chr. erfolgte Eilmarsch des Gratian vom Boden-
see nach Lorch zweifellos auf einer der grossen durch spätrömische Befestigungen
geschützten Rômerstrassen erfolgt sei, sucht Weber vergeblich zu entkraften, in dem
er geltend macht, Gratian kônne die Donau hinuntergefahren sein und indem er sogar
so typisch spätrömischen Kastellen wie Kellmünz u. a. (über das in diesen Blattern
genau berichtet ist), die Kastelleigenschaft und die zeitweise Belegung mit Truppen
abspricht. Welchen Weg Gratian gewâhlt hat, ist ja in letzter Linie gleichgiiltig,
aber es bleibt die Tatsache, dass noch am Ende des 4. Jahrh. sogar Heeresdurchmarsche
erfolgten, die natiirlich auf den alten Rômerstrassen stattfanden. Übrigens sind die
Überpfliigungen von Rômerstrassen nur ein kleines Glied in der Kette von Beweisen,
welche Frank und seine Mitarbeiter für das junge Alter der Hochacker ins Feld führen.
Christian Frank, der Herausgeber der „Deutsehen Gaue“. entwickeit in Heft 87
der Bibliothek fiir Volks- und Heimatkunde (Kaufbeuren 1912) die Ansicht: ,,Es gibt
zwingende Beweise fiir den Hochackerbau durch die Deutschen im Mittelalter und
Nachmittelalter ; eine Übernahme dieser Ackerbauart von den Keitoromanen ist nicht
bewiesen, wie überhaupt auch für die Existenz von Hochäckern in der vorrômischen
und römischen Zeit kein Anhaltspunkt gefunden wurde. Die reine Môglichkeit eines
Hochackerbaus in diesen Perioden wird nicbt bestritten. Der Hocbackerbau ist, geeig-
nete Werkzeuge vorausgesetzt, zunächst ein Erfordernis geologischer Verhaltnisse, aber
keine Stammeseigentümlichkeit“. Nach ausführlichen und sachverstandigen Darlegungen
über die Technik des Hochbeetbaus u. a. nimmt Frank zu Ohlenschlagers Forstbeweis
Stellung. Statt Karten heranzuziehen, die zwar sehr alt sind, aber durch den alizu
kleinen Massstab genaue Studien nicht erlauben, greift F. zu den altesten erhaltenen
Forstplânen und es ergibt sich das Resultat, dass, soweit eine Kontrolle durch das
erhaltene Kartenmaterial môglich ist — das ist vor allen beim Grünwalderpark, süd-
lich Münchens der Fall, dem einzigen Forst, bei dem die Hochbeete nicht an den
Aussenrandern liegen — gerade diejenigen Forstparzeilen z. T. noch im Jahre 1780
Eigentum der angrenzenden Gemeinden waren, auf denen heute Hochacker liegen.
Durch Kriege und Epidemien, durch Abwanderungen der Bauern in die Stadt, durch
Einführung der ins Bracbfeid gebauten Kartoffel und durch viele andere Ursachen
verôdeten weiter abliegende Gründe, flogen mit Holz an und wurden teils nach den
Bestimmungen des Bodenregals Eigentum des Königs, spater des Landesherrn, teils
wurden sie am Anfange des 19 Jhs. durch die sogenannten Parificationen, d. s. Auf-
teilungen von Land, auf das Staat und Gemeinde ein Anrecht hatten, zu Staatsforsten
geschlagen. Dazu stimmt trefflich eine Beobachtung, die zuerst Reinecke a. a. 0.
mitgeteilt bat: Zahlreiche Grenzlinien von Hochäckern, ja ganzen Hochackerparzellen
sind heute noch rechtsgiiltig. Da diese Tatsache haufig zu beobachten ist, erscheint