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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 5.1920/​1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.52778#0172

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Kaufmann, F. Reiner, G. Schütt, Böhler, B. Koller u. a. sind durch allerlei
Arbeiten vertreten. Wie das heute schon so ist, fällt hie und da eine Be-
vorzugung der Mißgestalt auf. Wohlgebaute, gesunde Körper sind sehr in
der Wertschätzung gesunken. Viele der Neuerer malen ja von innen heraus,
was ihnen eben gerade einfällt, vielleicht oft zu wahllos. Überdies wird
gelegentlich das Skizzenhafte der Technik übertrieben.
Einen anderen Charakter hat die Ausstellung in den Sälen des Erd-
geschosses, wo man gepflegte Malweise und meistens ausgeklügelte Anord-
nung neben feiner Naturbeobachtung antrifft. Die älteren Auffassungen
herrschen vor. Doch sind die Neuerer hier nicht ausgeschlossen, wie z. B.
E. Sturm-Skrla, der von den Hagenbündlern herübergekommen ist, oder
Pick-Morino, Oskar Stößel, dessen Spateltechnik an Kühnheit nichts zu wün-
schen übrigläßt. Die altgetreuen Künstlerhäusler haben manches Gute bei-
gesteuert, auch H. Angeli, der noch frisch und munter den Pinsel führt,
obwohl er kein Jüngling mehr ist. Kasparides, Alex. Rothaug, Rauchinger,
Scharff, Frau Rosenthal-Hatschek, Th. Leitner, Karl L. Prinz, C. Probst,
L. Michalek, Max Poosch, W. V. Krausz, Windhager, Temple, jos. Köpf,
Em. Baschny, Fritz Zerritsch, E. Amadeus-Dier u. v. a. auch.
Daß auf dem Gebiet der Graphik ebenfalls Bemerkenswertes im
Künstlerhaus zu finden ist, sei nur noch rasch angedeutet.
Am 4. Mai eröffnete auch der „Künstlerbund Hagen“ seine Früh-
jahrsausstellung. Die heutigen Hagenbündler segeln fast alle mitten im neuen
Fahrwasser des Expressionismus. Ohne alles gut zu heißen, was dort zu
sehen ist, muß doch auch eine strenge Kritik feststellen, daß es ein ganz
frischer Hauch ist, der uns aus den meisten Kunstwerken der Hagen-Aus-
stellung entgegenweht. Kloß geht eiij wenig wild auf neue Wirkungen los,
was man aus den vielen Bildern entnehmen kann, die in den ersten drei
Räumen an den Wänden ausgebreitet sind. Auch ein sogenanntes Erdbeben-
bild mit umfallenden Häusern ist darunter. Viktor Tischler eifert in einigen
seiner spatelgestrichenen Bildern dem blauränderigen C&zanne nach; in
anderen ist er eigenartig. Man beachte das große Stilleben (Nr. 70) mit
dem alten Mädchen und der Katze und das kleinere Bild (Nr. 69) mit dem
Mädchen und der Katze allein. Nebstbei bemerkt, werden sich nach hundert
und mehr Jahren die Stilkritiker den Kopf zerbrechen, ob das kleinere Bild
aus dem großen heraus kopiert oder ob es Original ist, oder ob die Über-
einstimmung sonstwie zu erklären wäre. Verschwommene Traumbilder stehen
in den Gemälden von Franz Schwarz-Waldegg vor uns, die mit breitestem
Pinsel und der Spatel auf die Fläche gebracht sind. Hervorzuheben ist
jedenfalls eine Anzahl von Werken O. Laskes, worunter Opus XXII, ein
höchst eigenartiger Durchzug der Israeliten durchs Rote Meer und Op. XX
eine Taufe Christi im Jordan, beide mit starkem ostasiatischem Einschlag,
beide fesselnd. Dasselbe gilt von Laskes „Seeraub“ mit den unzähligen
Figürchen. Für die künftigen Gelehrten sei angemerkt, daß dieses Opus
rechts unten zweimal signiert ist. Manche kleinere Sachen von Laske neigen
mehr zum Realismus als zur strengen Stilisierung, wie sie in den erwähnten
großen Bildern auffällt. Denn Laske verfügt über zwei Seelen in einer Brust,
über eine europäische und über eine ostasiatische, und ihr Widerstreit oder
ihre Freundschaft ist in seinen Arbeiten zu erkennen. Virtuose Flecken-
malerei wird von Josef Floch aufgetischt. Etwas durch die Buchmalereien
 
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