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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 15.1924

DOI Artikel:
Hoffmann, Franz: Tropfgehänge
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https://doi.org/10.11588/diglit.47214#0028

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o leise müder Schritt
geschleppt
Erde gebannt
ein Fruchttropfen schwer hängt der Kopf
Brüste die vollen Dolden der Erdenpracht
du trägst deine Freude
du lastest nieder grosse volle Tropfen
deine Pracht macht meine Sinne sommer-
müde
süsser schwerer Drang und Duft
o Gärten
schöne Mädchen schlanke Blütenstiele
greifen
stengelhohe Geranienblüten spreizen
brünsten

*
Rote Fahne o Weib
dein Haar mähnt
dein Blut rollt
wallende Glut
heiss hoch
du —
leise mein Blut brodelt
langsam ein Pfeil steigt
härtet
heiss Begehr brennt
Leib Brünstigkeit
ein jähes Zittern mähnt dein Haar
dein stürmischer Leib
rote Fahne o Weib
biegender Mast
umrauschender Baum
deine Arme
Schenkel
deine weissen Wunder stürmen
ein Grund
ein Muschelmund will öffnen
umschliessen
pressen den Pfeil
Lüsten
Bluten
Blut lustend soll ich zergehn
*
Sterne schleudern Kraft
Sehnsuchtsfackeln
Wundernacht
Monde grün
und hoch der weisse Bogen
Sehnsucht Licht
und meine Kraft wühlt dunkel
schreit
klagender Ruf
ein Uhuvogel unter Stern und Büschen
dass kleine Vögel schrecken auf
Elstern in Zweigen türmeln gackern
dass Frösche blähen klagen Ton

Sumpfvogel fällt vom Stein
und Fledermaus verängstet huscht —
meine Kraft
o klager Ruf
da fliehen
und kommen
viele dunkle Schatten
alles will gehren raffen
gatten
ich
Tiere Blumen Menschen —
o Nacht
Sehndebogen
o hoch die weisse schimmernde Kraft
Licht ins Dunkel gefügt
Gold in Schächte gelegt
Stern
Du Mir
Ich Dir
nah
fern nah
dunkler Kraft erblüht!
Hoch
singt
Stern
Ich Du
Weib Du
Tier
leuchte Stern leuchte
hoch singt Ich
Kraft
dunkler Erde erblüht

Ich bin verbunden weher Lust
bin denkelos
ohne grüssende Ferne zu mir
bin liedlos
ohne jubelnden Gruss zu dir
weiss nicht
das Blühen
das Volle
der gestraffte metallene Klang
das denksichere Grüssen
der hohe Liedergang
das Lachen
die lose flatternde Hand
weiss nicht was alles mir entschwand —
und nun noch du
lüsteschwerer voller Leib
und
braune weiche Flut
braunes Pelzfell deine Haare
deiner Augen lustende Sterne
dunkle blaue lockende Tiefen
und dein Mund
eine aufgerissne pralle Frucht
Schale überkippt von drängendem Blut

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