DER STURM / ZWEITES VIERTELJAHRHEFT
erschießt — beherrscht von dem Willen nach einem sonnigen Leben von den
Kindheitstagen an — seinen Sekretär mit dem Revolver, mit dem der Sohn
soeben (wie bei Hasenclever) den Vater zu töten sich versucht gefühlt hatte
und streift die Koralle von dessen Uhrkette, um fortan als der Sekretär und
der Mörder des Milliardärs zu gelten, als der Mann mit dem sonnigen Leben.
Und dieses Martyrium der Impression im Schicksal des Vaters ist geistes-
geschichtlich nicht weniger interessant als der expressionistische Wandel des
Sohnes." Da staunste. Und das alles wegen der Betriebsunfälle und des
Angelsports. Diese Geistesschichtung zwischen dem impressionistisch gearteten
Vater und dem expressionistisch erneuerten Sohn beweist deutlich, daß
Professoren und andere Fachleute das für Expressionismus halten, was Quatsch
ist. Diese Verkitschung der christlichen Idee wird für eine neue Ethik, diese
talentlose Rhetorik für neue Kunst gehalten. Ich habe selbstverständlich das
Drama „Die Koralle“ nie gelesen. Ich werde es auch nicht tun, da mir, ab-
gesehen von dem Angelsport und den sonnigen Küsten, der eine Satz genügt:
„Ich will von dem Elend nichts hören, das mich an das Furchtbare zu stark
erinnern kann.“ Dieser Satz wird von dem Professor dem Ersten ausdrücklich
zitiert, er muß wohl also von Bedeutung für das Drama und für den Autor
sein. Denn der Herr Professor wird doch hoffentlich das Stück ganz gelesen
haben. Hierzu noch der andere zitierte Satz mit dem schönen Refrain;
„So furchtbar ist das Leben!“ Das sind Sätze, so ungestaltet, daß keine noch
so ungestaltete Phantasie darüber hinweghilft. Abgesehen davon, daß die
Phantasie dieser Expressionisten nur aus der Pistole geschossen ist. Sie
würden auch auf keine andere Weise aus diesem Blödsinn herauskommen.
Dieser expressionistische Kaiser von Pressegnaden ist eine impressionslose Null.
Und weil der Unglücksmann, der sich Professor nennt, durchaus den Ex-
pressionismus an unbegabten Objekten beweisen will, muß er sich jetzt folgendes
leisten: „Es ist interessant zu sehen, wie auch der Expressionismus sein be-
stimmtes Verhältnis zur Antike gewinnt." Wie macht er das: „Franz Werfel
hat kurz vor dem Kriege, die sich vorbereitenden Umwälzungen gleichsam
vorausahnend, die Troerinnen des Euripides frei übertragen.“ Wie muß erst
Euripides, der Sudermann der alten Griechen, die sich vorbereitenden Um-
wälzungen gleichsam vorausgeahnt haben, als er die Troerinnen persönlich
schrieb. Wenn auch die Gegenwart keine Seher hat, so hat sie also doch
wenigstens einen Nachseher, bei dem man dann gleichsam das Nachsehen hat.
Und da kommt ja auch schon der Sohn, der Hasenclever: „Hasenclever
ee
erschießt — beherrscht von dem Willen nach einem sonnigen Leben von den
Kindheitstagen an — seinen Sekretär mit dem Revolver, mit dem der Sohn
soeben (wie bei Hasenclever) den Vater zu töten sich versucht gefühlt hatte
und streift die Koralle von dessen Uhrkette, um fortan als der Sekretär und
der Mörder des Milliardärs zu gelten, als der Mann mit dem sonnigen Leben.
Und dieses Martyrium der Impression im Schicksal des Vaters ist geistes-
geschichtlich nicht weniger interessant als der expressionistische Wandel des
Sohnes." Da staunste. Und das alles wegen der Betriebsunfälle und des
Angelsports. Diese Geistesschichtung zwischen dem impressionistisch gearteten
Vater und dem expressionistisch erneuerten Sohn beweist deutlich, daß
Professoren und andere Fachleute das für Expressionismus halten, was Quatsch
ist. Diese Verkitschung der christlichen Idee wird für eine neue Ethik, diese
talentlose Rhetorik für neue Kunst gehalten. Ich habe selbstverständlich das
Drama „Die Koralle“ nie gelesen. Ich werde es auch nicht tun, da mir, ab-
gesehen von dem Angelsport und den sonnigen Küsten, der eine Satz genügt:
„Ich will von dem Elend nichts hören, das mich an das Furchtbare zu stark
erinnern kann.“ Dieser Satz wird von dem Professor dem Ersten ausdrücklich
zitiert, er muß wohl also von Bedeutung für das Drama und für den Autor
sein. Denn der Herr Professor wird doch hoffentlich das Stück ganz gelesen
haben. Hierzu noch der andere zitierte Satz mit dem schönen Refrain;
„So furchtbar ist das Leben!“ Das sind Sätze, so ungestaltet, daß keine noch
so ungestaltete Phantasie darüber hinweghilft. Abgesehen davon, daß die
Phantasie dieser Expressionisten nur aus der Pistole geschossen ist. Sie
würden auch auf keine andere Weise aus diesem Blödsinn herauskommen.
Dieser expressionistische Kaiser von Pressegnaden ist eine impressionslose Null.
Und weil der Unglücksmann, der sich Professor nennt, durchaus den Ex-
pressionismus an unbegabten Objekten beweisen will, muß er sich jetzt folgendes
leisten: „Es ist interessant zu sehen, wie auch der Expressionismus sein be-
stimmtes Verhältnis zur Antike gewinnt." Wie macht er das: „Franz Werfel
hat kurz vor dem Kriege, die sich vorbereitenden Umwälzungen gleichsam
vorausahnend, die Troerinnen des Euripides frei übertragen.“ Wie muß erst
Euripides, der Sudermann der alten Griechen, die sich vorbereitenden Um-
wälzungen gleichsam vorausgeahnt haben, als er die Troerinnen persönlich
schrieb. Wenn auch die Gegenwart keine Seher hat, so hat sie also doch
wenigstens einen Nachseher, bei dem man dann gleichsam das Nachsehen hat.
Und da kommt ja auch schon der Sohn, der Hasenclever: „Hasenclever
ee