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Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 15.1924

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Schreyer, Lothar: Der dienende Herr: Der Knabe
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https://doi.org/10.11588/diglit.47214#0219

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DE R STURM / V;I E R T E S VIERTELJAHRHEFT

Die Augen sonnen alle Sterne
Der Hund läuft um den Wagen und bellt
Die Pferde traben in den Tag
Die Mühle zerklappert den Bach
Die Mutter sitzt und schaut und lacht
Die jungen Leiber der Menschen tanzen im Kreise
Die jungen Seelen der Menschen zittern über der Erde
Die alte Frau sieht in den Mond und träumt
Im Schoß der alten Frau schläft das Kind
Das Lied klagt
Blutig lärmen die Tritte Staub
Der Regen fällt auf den Wald
Die Zweige hängen zur Erde und die Blüten zerweinen
Die tränenlosen Freudigen gehen durch die Nacht
Die Augen sind verhüllt und die Lippen geschlossen
Der See dampft
Fern ist das milde Licht
Der Knabe ist der Sohn der stolzen Magd
Die Uhr ruft um Mittag laut
Das Wasser rinnt aus dem Brunnen und wäscht den Stein
Die Flamme im Herd ist ein glühendes Herz
Die Lippen des Kindes sind ein weicher Bogen
Die ersten Worte rieseln in die Welt
Die kleine Welle trägt den Regenbogen bunt und hell
Das Flüstern der Tiefe wandert im weiten Raum
Im weiten Raum zieht der Stern
Die dunkle Kammer^schweigt im dunklen Haus
Die Hunde wachen bei den wachenden Männern
Die Nachteule fliegt und fliegt
Der große Baum raunt über dem Dach und wiegt in den Himmel
Die gefalteten Hände der Mutter sind streng und alt
Die Treppe zerfällt und das Dach zerfällt
Die großen Männer kommen und gehen
Das junge Haar der Mutter ist blond
Die keusche Magd lächelt auf das Kind

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