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1899.
ZEITSCHRIFT FÜK CHRISTLICHE KUNST — Kr. 1.
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Art ist die Cista Castellani, in deren Silber-
bekleidung auf ehemals farbiger Folie Figuren
eingeschnitten sind. Durchbrochene Arbeiten
in Bronze fanden sich schon in Pompei. Von
Italien aus ist die Technik leicht bei den me-
tallgeübten Kelten heimisch geworden, welche
sie zu Beschlägen und Schmucksachen aller
Art verwandten. Zwei Schwertscheiden, die im
Rheine bei Mainz gefunden wurden, die Gürtel-
beschläge der Sammlung Thewalt, ein Gürtel-
schmuck der Sammlung Forst und ein anderer
des Museums Wallraf-Richartz in Köln be-
zeichnen die Höhepunkte ihrer Entwickelung.
Sie sind kunst-
historisch vom
gröfsten Inter-
esse, weil sich
in ihnen die An-
fänge des Ara-
beskenornamen-
tes zeigen, wel-
ches man lange
Zeit als eine dem
Oriente eigen-
thümliche
Schöpfungange-
sehen hat. Ich
habe über diese
Arbeiten im
Bonner Jahr-
buche XCIX
ausführlich be-
richtet, kann
aber den daselbst
angeführten
vollendet ist, hat man es wohl sicher mit hei-
mischer Arbeit zu thun. Als Folie solcher durch-
brochener Metallarbeiten diente andersfarbiges
Metall, gefärbtes Holz, Leder, aber auch Glas.
Gläser in durchbrochener Silberfassung sind an
verschiedenen Orten erhalten. Im Britischen
Museum befindet sich ein Kugelbecher aus
Italien, der mit einem silbernen, durchlochten
Mantel umgeben ist. Das Glas erscheint in
das bereits vollendete Metallgefäfs eingeblasen,
so dafs die flüssige Masse in die Ausschnitte
des Mantels eingedrungen ist. Aus Georgien
stammt ein in der Eremitage in Petersburg be-
findlicher Pokal,
ein Carchesium,
dessen äufsere
Hülle vergolde-
tes Silber bildet.
In sie ist eine
Jagdszene in
Relief getrieben,
die von Orna-
mentbändern
mit Rosetten,
Muscheln und
Laubwerk ein-
geschlossen ist.
Der Hintergrund
der Figuren, so-
wie einzelne Ro-
setten der Um-
rahmung sind
ausgeschnitten,
so dafs das tiefe
Violettroth des
Fragment eines neu aufgefundenen Dialretums im Pester Naiionalmuseum.
Stücken heute
zwei andere an-
fügen, welche meine Vermuthung, dafs dasOpus
interrasile am Rheine selbst gepflegt wurde, ver-
stärken. Das eine ist ein goldener Fingerring mit
zierlichen Durchbrechungen in der Art des bei
W. Forst befindlichen, seiner Zeit vom Trierer
Museum als nicht antik zurückgewiesenen
Ringes. Er enthält eine Glascamee mit dem
widdertragenden Mercur, ist in der Kölner Vor-
stadt Bayenthal gefunden und jüngst von mir
für das Museum Wallraf-Richartz erworben
worden. Das andere ist ein goldener Gürtel-
beschlag aus Kleve, dem gleichfalls das Mifs-
geschick widerfuhr, von Philologen verkannt
zu werden und der jetzt in das Berliner Kunst-
gewerbemuseum verschlagen ist. Da er un-
Glasgrundes
mit prächtiger
Wirkung zum Vorscheine kommt. In einem
Grabe zu Varpelev in Dänemark winde mit
Münzen des Probus (276.bis 282) ein Becher
aus kobaltblauem Glase gefunden, der am Rande
und zu zwei Dritteln des Körpers von einer
getriebenen und durchbrochenen Silberfassung
umgeben ist. Ursprünglich sollte diese metal-
lische Fassung wohl nicht blofs zum Schmucke,
sondern praktischen Zwecken dienen und das
Anfassen der Gläser erleichtern, wenn sie mit
heifser Flüssigkeit gefüllt waren, ähnlich den
Metallfassungen unserer Punschgläser. Das Mo-
tiv mögen Umspinnungen mit Bast oder mit
netzförmigem Drahtgeflecht gegeben haben,
wie es noch heute in Oesterreich und den
1899.
ZEITSCHRIFT FÜK CHRISTLICHE KUNST — Kr. 1.
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Art ist die Cista Castellani, in deren Silber-
bekleidung auf ehemals farbiger Folie Figuren
eingeschnitten sind. Durchbrochene Arbeiten
in Bronze fanden sich schon in Pompei. Von
Italien aus ist die Technik leicht bei den me-
tallgeübten Kelten heimisch geworden, welche
sie zu Beschlägen und Schmucksachen aller
Art verwandten. Zwei Schwertscheiden, die im
Rheine bei Mainz gefunden wurden, die Gürtel-
beschläge der Sammlung Thewalt, ein Gürtel-
schmuck der Sammlung Forst und ein anderer
des Museums Wallraf-Richartz in Köln be-
zeichnen die Höhepunkte ihrer Entwickelung.
Sie sind kunst-
historisch vom
gröfsten Inter-
esse, weil sich
in ihnen die An-
fänge des Ara-
beskenornamen-
tes zeigen, wel-
ches man lange
Zeit als eine dem
Oriente eigen-
thümliche
Schöpfungange-
sehen hat. Ich
habe über diese
Arbeiten im
Bonner Jahr-
buche XCIX
ausführlich be-
richtet, kann
aber den daselbst
angeführten
vollendet ist, hat man es wohl sicher mit hei-
mischer Arbeit zu thun. Als Folie solcher durch-
brochener Metallarbeiten diente andersfarbiges
Metall, gefärbtes Holz, Leder, aber auch Glas.
Gläser in durchbrochener Silberfassung sind an
verschiedenen Orten erhalten. Im Britischen
Museum befindet sich ein Kugelbecher aus
Italien, der mit einem silbernen, durchlochten
Mantel umgeben ist. Das Glas erscheint in
das bereits vollendete Metallgefäfs eingeblasen,
so dafs die flüssige Masse in die Ausschnitte
des Mantels eingedrungen ist. Aus Georgien
stammt ein in der Eremitage in Petersburg be-
findlicher Pokal,
ein Carchesium,
dessen äufsere
Hülle vergolde-
tes Silber bildet.
In sie ist eine
Jagdszene in
Relief getrieben,
die von Orna-
mentbändern
mit Rosetten,
Muscheln und
Laubwerk ein-
geschlossen ist.
Der Hintergrund
der Figuren, so-
wie einzelne Ro-
setten der Um-
rahmung sind
ausgeschnitten,
so dafs das tiefe
Violettroth des
Fragment eines neu aufgefundenen Dialretums im Pester Naiionalmuseum.
Stücken heute
zwei andere an-
fügen, welche meine Vermuthung, dafs dasOpus
interrasile am Rheine selbst gepflegt wurde, ver-
stärken. Das eine ist ein goldener Fingerring mit
zierlichen Durchbrechungen in der Art des bei
W. Forst befindlichen, seiner Zeit vom Trierer
Museum als nicht antik zurückgewiesenen
Ringes. Er enthält eine Glascamee mit dem
widdertragenden Mercur, ist in der Kölner Vor-
stadt Bayenthal gefunden und jüngst von mir
für das Museum Wallraf-Richartz erworben
worden. Das andere ist ein goldener Gürtel-
beschlag aus Kleve, dem gleichfalls das Mifs-
geschick widerfuhr, von Philologen verkannt
zu werden und der jetzt in das Berliner Kunst-
gewerbemuseum verschlagen ist. Da er un-
Glasgrundes
mit prächtiger
Wirkung zum Vorscheine kommt. In einem
Grabe zu Varpelev in Dänemark winde mit
Münzen des Probus (276.bis 282) ein Becher
aus kobaltblauem Glase gefunden, der am Rande
und zu zwei Dritteln des Körpers von einer
getriebenen und durchbrochenen Silberfassung
umgeben ist. Ursprünglich sollte diese metal-
lische Fassung wohl nicht blofs zum Schmucke,
sondern praktischen Zwecken dienen und das
Anfassen der Gläser erleichtern, wenn sie mit
heifser Flüssigkeit gefüllt waren, ähnlich den
Metallfassungen unserer Punschgläser. Das Mo-
tiv mögen Umspinnungen mit Bast oder mit
netzförmigem Drahtgeflecht gegeben haben,
wie es noch heute in Oesterreich und den