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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Schnütgen, Alexander: Neue Leinendamaste für den Altargebrauch
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Meier, Paul J.: Zur Baugeschichte frühmittelalterlicher Krypten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0078

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109

1899.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNNST — Nr. 4.

110

um gemäfs der Lavaboinschrift, den Altar des
Herrn zu benetzen und zu befruchten. — Dem
Reichthum der Darstellung entspricht die Fein-
heit des Materials wie der Ausführung, so dafs
diese Garnitur kaum noch überboten werden
könnte, für die höchsten Festtage geeignet wie
als Festgeschenk.

Es darf daher dieser mit Recht sofort grofs
und vornehm unternommene und durchgeführte
Versuch, die für die erhabensten Bethätigungen des
liturgischen Dienstes bestimmten Leinengewebe

durchaus würdig und künstlerisch auszustatten,
als vollkommen gelungen bezeichnet werden.
Dafs diesem Erfolge auch der geschäftliche
entsprechen wird, darf wohl um so zuversicht-
licher angenommen werden, als sich daran die
Hoffnung knüpft, der opferwillige Unternehmer
werde bald eine II. Serie folgen lassen, in
welche auch die Altartücher aufzunehmen wären,
von den einfachsten Musterungen bis zu den
reichsten sinnbildlichen Darstellungen, welche die
Mitte zu flankiren hätten. Schnütgen.

Zur Baugeschichte frühmittelalterlicher Krypten.

I. Die Hildesheimer Domgruft.

err Domkapitular Dr. A. Bertram,
der bewährte und unermüdliche
Forscher in der Geschichte des Bis-
thums Hildesheim, hat die Ergebnisse
seiner Untersuchungen über die Hildesheimer
Domgruft in einer vortrefflichen Schrift1) niederge-
legt, die auch in der»Zeitschrift für christl. Kunst«
(1897, 157 f.) die nöthige Beachtung gefunden
hat. Der Nachweis, aus welcher Zeit die beim
Annalista Saxo henvXzte fundatio ecclesie Hilden-
semensis, die Hauptquelle für die ältere Bau-
geschichte des Doms, stammt, und welch hoher
geschichtlicher Werth ihr beizulegen ist, die
Deutung ferner der überaus merkwürdigen
Confessio — vermuthlich des hl. Epiphanius —
unter dem Kreuzaltar, für die nur in der Grab-
anlage König Heinrichs I. in der Quedlinburger
Stiftskirche eine gewisse Analogie besteht, sind
vollständig gelungen und werden kaum ange-
fochten werden können. Nur die Darlegung
der sich zeitlich ablösenden Gestaltungen,
welche die Chortheile und die Krypta des
Doms gefunden haben, hat mich weder beim
ersten Lesen der Schrift noch nach einer ört-
lichen Besichtigung zu überzeugen vermocht,
und doch scheint die Streitfrage von einer all-
gemeineren Bedeutung zu sein, als man ihr auf
den ersten Blick zukommen lassen möchte.

Ich fasse zunächst Bertrams Ergebnisse, so-
weit sie auch mir gesichert erscheinen, kurz
zusammen. Die noch jetzt vorhandene Krypta
ist in ihrem westlichen Theil eine Gründung
Bischof Altfrieds (847 — 874/5), welche nicht
allein der Vierung entspricht, die dem Dombau

desselben Bischofs (Weihe872, l.Sept.) angehörte,
sondern auch der noch jetzt bestehenden, auf
den Dombau Hezilos (Weihe 1061,5. Juni) zurück-
gehenden Vierung. Altfrieds Krypta bestimmt
also genau die Ausdehnung des Hohenchors
beider Bauten nach Westen, während sie nach
Osten zu in enger Beziehung zu der ältesten
gottesdienstlichen Anlage in Hildesheim, der
von Ludwig dem Frommen errichteten Marien-
kapelle, stand. Die Fundatio berichtet, dafs
Altfried die Grundmauern seines Doms so ge-
zogen hätte, wie die wunderbaren, aus Früh-
lingsreif gebildeten limites directi a primevo
s. Marie sacelio (der genannten Marienkapelle)
es ihm vorgezeichnet hätten, und dafs er in
der neuen Krypta, quam predicto adiuncturus
erat sacelio, Altäre Johannis d. T. und des hl.
Stephanus errichtet hätte. Dann heifst es weiter
mox illustris presul. . .posito, ut sibi revclatum
est, fundamento ecclesiatn tarn honesii quam
firmi arteficiiconstruxit etprimitivo ita coniunxit
sacelio, ut sanctuario illius, quam construxit,
ecclesie superimposito altare nominatiillius sacelli
inferius situm esset in crypte orientali supremo?)
Nachdem nun der Dom Altfrieds 1046 (23.
März) durch Feuer zerstört worden war, und Bi-
schof Azelin (1044—1054) dessen Mauern aufser
dem Chor (preter solum principalis ecclesie
sanctuarium) niedergelegt hatte, ohne doch
seinen westlich davon begonnenen grofsartigen
Dom zu Ende führen zu können, griff Bischof
Hezilo (1054—1079) auf die durch ihr hohes
Alter ehrwürdigen und noch nicht beseitigten
Osttheile des Altfriedbaus zurück und führte
eine Kirche von bescheidener Gröfse auf, die

:) »Hildesheims Domgruft und die Fundatio ecclesie
Hildensemensis.« (Hildesheim 1897.) 4°.

2) „Am äufsersten Theile" der Krypta. Die
Bezeichnung Krypta fafst hier die Altfriedsgruft und
die mit ihr verbundene Marienkapelle zusammen.
 
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