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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Braun, Joseph: Die sogen. Sixtus-Kasel von Vreden
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0027

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29

1899.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 1.

30

Das Alter und die Entstehungszeit der Le-
gende ist völlig ungewifs. Es ist jedoch be-
achtenswerth, dafs das Rituale die Feier am
Sixtustage als althergebracht bezeichnet. Frei-
lich darf man dem antiquitus in spätmittel-
alterlichen Angaben keine allzugrofse Bedeutung
beilegen, da es darin vielfach nicht mehr als
das eine oder andere Menschenalter bedeutet.
Immerhin wird man in unserm Fall nicht fehl
gehen, wenn man spätestens das XHI.Jahrh. als
Entstehungszeit der Legende betrachtet. Es
hätte demgemäfs bereits vor dem XIV. Jahrh.
unser Mefsgewand als casula S. Sixti gegolten.

Was nun aber das wirkliche Alter der
Sixtus-Kasel anlangt — dafs sie Papst Sixtus
nicht zugeschrieben werden kann, bedarf kaum
der Erwähnung —, so dürfte dieselbe unseres
Erachtens wohl nicht über das XI. Jahrh. hinaus
zu datiren sein. Die Form, der Stoff und die
Farbe des Mefsgewandes lassen die Sache aller-
dings unbestimmt. In all dieser Hinsicht kann
es ebensowohl dem IX. und X., wie dem XII.
und selbst XIII. Jahrh. angehören. Indessen
bietet einen sehr bemerkenswerthen Anhalts-
punkt für die Altersbestimmung der Kasel der
die Halsöffnung umsäumende Besatz. Reste
einer Borte ganz derselben charakteristischen
Art finden sich nämlich an den Ueberbleibseln
des Bischof Meinwerk von Paderborn (f 1036)
zugeschriebenen Mefsgewandes in der Bufsdorf-
kirche zu Paderborn, sowie an der St. Willegis-
Kasel in St. Stephan zu Mainz. Wir werden
daher die Sixtus-Kasel wohl in dieselbe Zeit
zu setzen haben, wie diejenige Willegis' und
Meinwerks.

Die Ueberlieferung, wonach die Mainzer
Kasel dem Erzbischof Willegis angehört hat,
unterliegt unseres Erachtens keinem Bedenken.
Das Mefsgewand Meinwerks soll im Grabe
des Bischofs gefunden worden sein, als 1376
dessen Gebeine erhoben wurden. Es wäre
demnach aus der ersten Hälfte des XI. Jahrh.
Indessen läfst die äufserst vortreffliche Erhal-
tung des Futterstoffes — der Oberstoff (weifse
Seide) und die Besätze sind fast völlig im Lauf
der Zeit abhanden gekommen — diese Angabe
als wenig zutreffend erscheinen. Es dürfte sogar
zweifelhaft sein, ob die Kasel überhaupt Bischof
Meinwerk angehört hat. Wenigstens weist das
Gabelkreuz, mit dem sie geschmückt ist, eher auf
das Ende des XI. oder den Beginn des XII. Jahrh.,
wie auf den Anfang des XI. als die Entstehungs-
zeit der Kasel hin. Jedenfalls wird man sie
nicht über das XI. Jahrh. zurückdatiren können.

Es wird demnach die Vredener Sixtus-Kasel
etwa als Erzeugnifs des XI. Jahrh. anzusehen
sein. Dafs bei einer solchen Datirung für
die Bildung der Legende noch zur Genüge
Zeit übrig bleibt, braucht kaum bemerkt zu
werden. Wann das Mefsgewand wegen Ver-
schleifs mit dem rothen Oberstoff versehen und
zu dem Behufe.so gewendet wurde, dafs seine
Aufsenseite zur Innenseite wurde, läfst sich besten
Falls erst dann näher bestimmen, wenn, was
wir nochmals als sehr wünschenswerth bezeichnen
möchten, die beiden Aufsendecken entfernt
worden sind und die Ueberreste des rothen
Zeugs eine genaue Untersuchung auf ihre Muste-
rung hin erfahren haben.

Rom. Joseph Braun S. J.

Bücherschau.

Die Abteikirche von Maursmünster im Unler-
Elsafs. Eine Monographie von Felix Wolff,
Architekt. Berlin 189^. Kommissionsverlag von
Ernst Wasmuth. (Preis HO Mk.)
Unter den herrlichen elsasser Kirchen nimmt die
von Maursmünster eine hervorragende Stelle ein, und
die Monographie, die der Verfasser ihr mit Recht
widmet, hat namentlich den Zweck, das ganze auf
ihren Bau und ihre Baugeschichte bezügliche Material
>n grofsen tadellosen Abbildungen zusammenzustellen.
Sie zeigen auf 19 Tafeln West-, Südfront und Grund-
risse, die verschiedenen Schnitte und eine ganze Fülle
sehr interessanter romanischer, auch frühgothischer
Details, wozu noch eine Tafel mit Steinmetzzeichen
kommt, wie eine gute Chromolithographie der merk-
würdigen Stiftungsurkunde des unter Abt Richwin
1115 gegründeten Frauenklosters Sindeisberg, welche

für die epigraphische Behandlung eines solchen Akten.
Stückes sehr schätzenswerlhe Anhaltspunkte bietet.
Die baugeschichtlichen Untersuchungen, welche der
Verfasser an diese mit grofser Sorgfalt aufgenommenen
Zeichnungen knüpft, haben zu verschiedenen neuen
Ergebnissen geführt, die sich namentlich auf den ältesten
Westbau beziehen. Unter den Aebten Adelo und
Meinhard 1123 bis 1146 ausgeführt (zwischen welche
gemäfs der vom Verfasser beigegebenen „vergleichen-
den Chronik" die kurze Regierungszeil des aus dem
Mutterkloster Hirsau, dem Vororte der von Cluny
eingeführten Reform gekommenen Abtes Ruthard fiel),
läfst sie die älteren und jüngeren Theile, die hier zum
ersten Male nachgewiesen werden, mit Sicherheit er-
kennen. Auch in Bezug auf das in den Jahren 1250
bis 1280 entstandene Langhaus, welches konstruktiv
noch romanisch gedacht, in den Details einen grofsen
 
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