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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Endres, Joseph Anton: Der Domkreuzgang in Augsburg
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0182

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279

1899.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

280

religiösen Gedanken lediglich der Verewigung
des Verstorbenen dienen, auch die religiösen
Vorwürfe als solche sind verschiedenen Wand-
lungen unterworfen. Die Darstellung der Schutz-
patrone kommt in Abnahme. Auf 16 Bild-
werken der zwei ersten Dezennien des XVIJahrh.
fehlt die Gestalt des Patrons nur einmal. Dagegen
kommt sie auf 25 Bildwerken der folgenden
Dezennien nur mehr fünfmal vor. Schon
kurz vor dem Ausbruche der Kirchentrennung
sodann erreichen die Bilder aus Leben, Leiden
und Glorie Christi an Zahl die Marienbilder.
„Nicht ohne empfindlichen Schaden für die
Kunst wird das dankbare und weite Gebiet
der Heiligendarstellungen in den Hintergrund
gedrängt: ein Jahrhundert später weifs die Epi-
taphbildnerei fast keinen anderen Gegenstand
mehr, als Christus am Kreuze mit der knieenden
Stifterfigur. Ohne grofses Bedauern sieht man
endlich dieses mehr und mehr handwerksmäfsig
behandelte und wenig variirte Motiv dem ein-
fachen Inschriftepitaph das längst streitig ge-
machte Terrain gänzlich räumen.'.'

In Augsburg haben sich bekanntlich nur
spärliche Reste der einstmals nicht unbedeu-
tenden Bildnerei aus dem Mittelalter erhalten.
Was dem fanatisirten Pöbel in den Gottes-
häusern leicht erreichbar war, ward dem Unter-
gange geweiht. Auch der Dom gehörte von
1537 bis 1548 den religiösen Neuerern an und
hatte unter ihrem Puritanismus zu leiden. In ge-
schützterer Lage befand sich dagegen der an-
schliefsende Kreuzgang, obwohl auch hier die
Bilderstürmerei genug ihrer traurigen Spuren
hinterliefs. Um so werthvoller ist nun aber für
die Geschichte der Augsburger Plastik, was sich
hier erhalten hat. Es ermöglicht eine an-
nähernde Orientirung über die ganze Entwick-
lung, welche für die kunstgeschichtliche For-
schung zugleich den Vortheil bietet, dafs die
Bildwerke mit verschwindenden Ausnahmen
genau datirt sind. Schröder geht dieser Ent-
wicklung nach. Er stellt die einzelnen Haupt-

phasen derselben fest und unterwirft schliefslich
ihre am meisten charakteristischen Erzeugnisse
einer eingehenden ästhetischen Würdigung. Der
interessirte Leser wird die Darstellung Schrö-
ders selbst zur Hand nehmen müssen. Wir
beschränken uns darauf, aus derselben nur noch
einige der wesentlichsten Punkte herauszuheben.
Darnach gelingt es zwar nicht, bestimmtere An-
haltspunkte für die an der Ausführung der
Monumente betheiligten Bildhauer zu gewinnen.
Nur an zwei Skulpturen war das Künstlermono-
gramm und nur an einer einfachen Grabplatte
ein Steinmetzzeichen zu entdecken. Dagegen
läfst sich an den vorhandenen Werken ganz
deutlich die auf- und absteigende Linie der
Kunstübung verfolgen. Diese letztere hängt,
wie das B. Riehl auch für die Plastik im
bayerischen Stammlande aufgezeigt hat, auf's
engste mit den Aufgaben zusammen, welche
der Plastik auf dem Boden der Schwesterkunst
der Architektur, erwuchsen. Demnach fällt ein
erstmaliger, wenn auch befangener Aufschwung
zusammen mit der Vollendung der beiden
figurenreichen Portale des Domes, mit welcher
die Gothisirung des Baues gegen die Mitte des
XIV. Jahrh. ihren Abschlufs fand. Die eigent-
liche Blüthezeit aber hebt an mit der künst-
lerischen Ausstattung des mächtigen neuen
Ostchores, welcher 1431 seinen architektonischen
Abschlufs erreicht hatte, und hält sich auf ihrer
Höhe in dem Zeitraum von 1460 bis 1520.
Die Spätgothik und die Frührenaissance zeitigten
somit die reifsten Werke der Plastik. Von
einer nochmaligen Erhebung am Anfange des
XVII. Jahrh. sank die Bildnerei nur zu rasch
zurück vor den Schrecken und der Noth der
nun folgenden Kriegsjahre.

Diese wenigen Zeilen mögen genügen, um
auf eine gehaltreiche und anregende Arbeit auf-
merksam zu machen, einen werthvollen Beitrag
namentlich zur Geschichte der Sepulchralplastik
Süddeutschlands.

Regensburg. Jos. Ant. Endres.

Bücherschau.

L'art ehret ien. Entreliens pratiques par l'abbd
Mallet. Paris 1899. Poussielgue, rue Cassette 15.
Preis 3 Francs.
Als eine gewisse Ergänzung zu seinem zweibän-
digen Cours elementaire d'archeologie religieuse be-
zeichnet der Verfasser dieses Buchlein, welches dem
Klerus eine Art von Anleitung bieten soll, seine kunst-

geschichtlichen Kenntnisse praktisch zu verwerthen, zur
Restauration der alten, zum Bau und zur Ausstattung
neuer Kirchen, zur Erhaltung der kirchlichen Kunst-
denkmäler. Ueber die Aufgaben, die bei diesen wich-
tigen Obliegenheiten zu erfüllen, über die Vorsichts-
mafsregeln, die zu ergreifen, die Fehler, die zu ver-
meiden sind, soll der Priester unterwiesen werden, nicht
 
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