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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Meier, Paul J.: Zur Baugeschichte frühmittelalterlicher Krypten
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Bertram, Adolf: Zur Kritik der ältesten Nachrichten über den Dombau zu Hildesheim, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0082

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117

1899. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

118

Platzschwierigkeit bei Hezilos Dom so sehr
an Bedeutung, dafs sie gegenüber den entge-
gengesetzten Schwierigkeiten gar nicht mehr in
Betracht kommen kann.

Dabei möchte ich die Frageganz unterdrücken,
ob denn nicht vielleicht Altfrieds Dom selbst
für 50 Chorherren so reichlichen Platz geboten
hätte, dafs Hezilo bei seinem Neubau die Apsis
entbehren zu können glaubte. Denn sein ver-
kürzter Chor scheint in der That nicht ganz
ausgereicht zu haben. Zwar ist die Ausführung
der von Hezilo selbst noch begonnenen Apsis
nur sehr langsam gefördert worden — B. setzt
S. 47 die Vollendung aus guten Gründen in

die Zeit um 1125 —, so dafs es den Anschein
hat, als ob das Bedürfnifs für die Erweiterung
des Chors nicht so gar dringend gewesen sei,
aber an sich möchte ich doch in dem Plan
Hezilos, die Apsis nachträglich noch auszu-
führen, die Anerkennung eines wirklich be-
gangenen Fehlers sehen. Indessen brauchen
wir uns nicht zu scheuen, dem grofsen Bau-
meister Benno einen solchen zuzutrauen; glaubte
er doch nur die Bequemlichkeit der Dom-
herren einem höheren Gesichtspunkte, der Ver-
meidung aller überflüssigen Bauformen, opfern
zu müssen.

Braunschweig. P. J. Meier.

Zur Kritik der ältesten Nachrichten über den Dombau zu Hildesheim.

Mit 8 Abbildungen,
ei Abfassung der Schrift »Hildes-
heims Domgruft und die Fundatio
Ecclesie Hildensemensis« (1897)
leitete mich das Bewufstsein der Pflicht, Rechen-
schaft zu geben von den bei den Renovations-
arbeiten 1896 gemachten Funden, und der
Wunsch, den ältesten ausführlicheren Be-
richt über den Dombau, die um 1100 verfafste
Fundatio, von welcher seither nur Bruchstücke
bekannt waren, herauszugeben. Bei dem Ver-
suche, die architektonischen Eigenheiten des
Baues mit dem Gründungsberichte in Einklang
zu bringen, zeigten sich Schwierigkeiten, .über
deren Gewicht man, je nach den als ausschlag-
gebend angenommenen Gesichtspunkten, ver-
schiedener Ansicht sein wird. Daher die
Zurückhaltung, mit der ich vermied, Lösungs-
versuche als gesicherte Resultate hinzustellen.
Auch den oben ausführlich vertheidigten
Lösungsversuch, nach welchem der Domchor
872 bereits aus Vierung, Chorquadrat und
Apsis bestanden habe und 1061 auf Vierung
und Chorquadrat eingeschränkt wäre, habe ich,
nachdem bereits 1884 Schrader1) ihn aufgestellt
hatte, in Kürze erwähnt,2) doch ohne es zu
wagen, denselben als endgiltige Lösung aus-
zugeben.

Was im Allgemeinen über die Bedeutung
der Fundatio gesagt war,3) dürfte zutreffend

') G. Schrader, »Der tausendjährige Rosenstock«
S. 20.

2) »Domgruft« S. 19.

3) »Domgruft« S. 1 ff.

sein. Ebenso unleugbar aber ist, dafs die ein-
zelnen Theile dieser chronistischen Aufzeich-
nung inhaltlich sehr verschiedenwerthig sind.

I.

Der tausendjährige Rosenstock in der
Baugeschichte des Domes.
Zunächst mufs die Glaubwürdigkeit alles
Dessen als fraglich bezeichnet werden, was
aus einem fremden älteren Legendenkreise in
die Baugeschichte unseres Domes übertragen
und in die heimischen Traditionen zwecks Aus-
füllung der Lücken derselben mit naiver Un-
befangenheit eingereiht ist. Als entlehnte Le-
gende sind mehrere Einzelheiten im Berichte
über den ältesten Bau auf dem Domhügel
anzusehen. Sie sind entlehnt aus dem Legenden-
kreise Nordfrankreichs. Mit kirchlichen Kreisen
Nordfrankreichs stand ja Hildesheim — nament-
lich seitdem der Reimser Erzbischof Ebo seine
stolze Metropole mit dem ostfälischen Missions-
sprengel (ca. 845) hatte vertauschen müssen —
in so engem Konnex, dafs die „Kirche von
Reims die Mutter der Hildesheimer Kirche
wurde hinsichtlich der kanonischen Ordnung".4)
Im nördlichen Frankreich nun findet sich die
Legende, die die Fundamente unseres Domes
mit poesievollem Schmuck umgibt, in mehreren
Stiften, so namentlich in St. Mihiel bei Verdun
und in Evron (Bisthum Mans).6) Was vor 1040,

4) »Mon. Germ. Hist. SS.« VII, 848.

6) Haure'au »Singularite's hist. et litter.« p. 102.
Derselbe bemerkt zur Legende von St. Mihiel: L'ima-
gination de nos peres n'e'tait guere fe"conde en fait
de miracles. Le tre^or suspendu, l'arbre refusant le
 
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