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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Bertram, Adolf: Zur Kritik der ältesten Nachrichten über den Dombau zu Hildesheim, [3]
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Neuwirth, Josef: Das Prager Synagogenbild nach Barthel Regenbogen
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0117

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175

1899.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

176

Platz bieten für alle Grade der domstiftischen
Geistlichkeit, für die Schülerschaaren und für
das Volk, ausreichend zu würdiger Entfaltung
der bischöflichen Funktionen und des alltäglich
Stunden lang dauernden Chorgottesdienstes. Mit
der Verschiebung des Domes rückten die Wohn-
räume des Klerus, das Domkloster, aus der
engen, minder günstigen Südostecke in die freie
Mittelfläche der Domburg, wo die Geistlichkeit
des Haupt- und Nebenstifts, Schulen und Schüler,
Haus- und Wirthschaftsgebäude, Arbeits- und
Kunstwerkstätten reichlich Platz hatten und
nach allen Seiten die Baulichkeiten sich frei
erweitern konnten. — Getrost nahm Azelin den
trefflichen Plan in Angriff. Um die hohen Bau-
kosten zu bestreiten, zog er anscheinend die
übrigen Stifte zu Beiträgen heran; es kümmerte
ihn wenig, wenn diese ihm grollten, und wenn
ein zorniger Chronist ihm das Epitheton „rapiät"
gab,*) — wenn er nur den grofsen Plan zu
gutem Ende führte.

Das gelang leider nicht. Technische Fehler
verzögerten den Bau. Azelins unerwartet früher
Tod bereitete auch seinem ruhmwürdigen Unter-
nehmen ein frühes Grab.

Als Rest des Azelin'schen Domes wird mit
gutem Grunde ein Kellerraum unter dem fürst-
bischöflichen Schlosse (jetzt Landgericht) ange-
sehen, an dessen Westende sich die (jetzt ver-
schütteten) Fundamente einer Apsis anschliefsen.
Mithoff5) trug etwas Bedenken, diese sehr alten
Gebäudetheile als Reste des Azelin'schen Domes
zu bestimmen, und zwar deshalb, weil ihn die
westliche Richtung der Apsis befremdete. Was
Mithoff befremdete, bestärkt uns in unserer An-
nahme. Denn gerade die westliche Richtung

*) Wolfher c. 33. M. G. H. SS XI, 216.
6) > Kunstdenkmale und Alterthümer im Hanno-
verschen« III, 98.

des Chores (respiciente occidentem sanctitario) ist
mit Nachdruck als Eigenthümlichkeit des Azelin -
domes vom Verfasser der Fundatio betont, der
über die Lage des Azelin'schen Baues gut unter-
richtet war. Auch die Distanz zwischen dem
Landgericht und dem heutigen Dome stimmt
zu der Angabe der Fundatio: dafs der Osttheil
des Azelindomes da gelegen, wo der Westtheil
des Altfriddomes gestanden hatte. Ferner
stimmen die Gröfsenverhältnisse gut zu den
Mittheilungen der Fundatio; während die Alt-
fridkrypta eine innere Breite von 8,45 m hat,
nimmt der genannte Keller (Krypta Azelins)
11,90 m Breite ein. Der Chor Azelins würde
also fast um die Hälfte breiter gewesen sein
als Altfrids Chor; dementsprechend erweitern
sich alle übrigen Räume im Dombauplane,
und so ward wirklich eine „aedificatio longe
capacior" gewonnen, wie die Fundatio den Dom
Azelins nannte. Sehen wir von den Verände-
rungen ab, die eine spätere Zeit in der Ueber-
wölbung der Azelinkrypta vorgenommen hat,
so lassen auch die baulichen Eigenschaften der-
selben auf ein hoch bedeutsames Werk schliefsen.
DieSeitenwändesind 1,60 m dick und bestehen aus
sorgfältig behauenen, schön geschichteten Qua-
dern; ihre Aufsenfläche umzieht da, wo der hohe
Chor über der Krypta begann, ein einfaches, kräf-
tiges, aus Schräge und Platte bestehendes Gesims,
von welchem pilasterartige Streifen emporsteigen,
um die Seitenmauern des hohen Chores zu be-
leben. Es sind auch noch einzelne der kleinen
Rundbogenfenster der Krypta erhalten. Halten
wir diese Merkmale nebst dem apsidalen Schlüsse
des Baues zusammen mit den Angaben der
Fundatio, so ist es sehr wahrscheinlich, dafs
hier wirklich Reste von Azelins grofsartigem
Bauwerke vorhanden sind. (Schlufs folgt.)

Hildesheim. A. Bertram.

Das Prager Synagogenbild nach Barthel Regenbogen.

erhältnifsmäfsigspärlicheNachrichten
der ältesten Geschichtschreiber Böh-
mens und einzelner Urkunden geben
Kunde über die Anlage und Aus-
stattung des vorkarolinischen St. Veitsdomes
in Prag, des unmittelbaren Vorgängers der
grofsartig geplanten gothischen Kathedrale, deren
Ausbau und Vollendung das XIX. Jahrh. ziel-
bqwufst in die Hand genommen hat, Aber

auch der alte romanische Dom war ein hervor-
ragendes grofsräumiges Bauwerk, eine doppel-
chörige Basilika mit zwei Krypten, von deren
einer noch Ueberreste bei Grabungsarbeiten
auf der für den Domausbau bestimmten Fläche
blofsgelegt wurden;1) im Laufe der Zeit stieg

2) Neuwirth »Geschichte der christlichen Kunst
in Böhmen bis zum Aussterben der Prschemysliden«,
(Prag 1888) S. 44.
 
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