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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Bertram, Adolf: Zur Kritik der ältesten Nachrichten über den Dombau zu Hildesheim, [4]
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Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0143

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219

1899. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

220

Thurmhauses die Spuren einer Apsis aufdeckte,
die zwischen den beiden Thurmstümpfen nach
Osten auslud: die Ostapsis eines Domes, der west-
lich vom Alfrid-Dome gelegen; das ist derAzelin-
Dom gewesen, von dem oben (Art. III) die Rede
war. Nach den Katasterkarten21) des Domhofes
liegt ja die Azelin-Krypta (Abb. 3) ziemlich ge-
nau in der Achse unseres Domthurmes; von der
Achse der eben genannten Ostapsis differirt sie
nur um etwa 30 cm,22) eine Differenz, die bei
einem so mächtigen Bauwerke kaum nennens-
werth ist. —Dieser Befund stimmt auffallend zum
Berichte der Fundatio, wonach der Osttheil des
Azelin-Domes da lag, wo der Westtheil des
alten Altfrid-Domes gelegen, d. h. an der Stelle
der Altfrid'schen Westkrypta, die Godehard 1035
durch ein von Thürmen flankirtes Portal ersetzt
hatte.

Während also Azelin den Hauptchor seines
grofsen Domes gen Westen legte, gab er dem Ost-
theile die (1841 neu aufgedeckten) zwei Thürme,
zwischen denen eine bescheidene östliche Apsis
sich einschmiegte (ähnlich, wie später bei der Gode-
hardi-Kirche zwischen den beiden Westthürmen
eine kleine Westapsis hervortrat). Als dann Hezilo
den Dombau Azelins aufgab und auf Altfrids
Grundrifs zurückkehrte, mufste er die Concha
zwischen diesen Thürmen beseitigen; doch liefs
er die Thürme in ihren unteren Geschossen
bestehen, spannte zwischen dieselben zwei über

21) Vom Herrn Steuerrath Matthiae in Hildesheim
gütigst mir mitgetheilt.

22) Die Differenz von der Achse des heutigen
Domes beträgt fast 50 cm; der alte Domthurm aber wich
etwa 7 Zoll von der Domachse ab; dürfen wir letzteren
Abstand auf die 50 cm einrechnen, so bleiben etwa
30 cm Differenz.

einander liegende Hallen mit Tonnengewölbe,
und gab dem so zu einer Einheit verbundenen
und durch vorgebaute Front bekleideten Unter-
bau jenen formenreichen einheitlichen Oberbau.
So entstand das imposante Thurmhaus, das
acht Jahrhunderte lang das Wahrzeichen unserer
Domburg bildete.

Charakteristisch für Hezilo's Zeit sind die
in den Oeffnungen und Lauben des Oberbaues
stehenden Säulen mit ihren den korinthischen
Formen nachgebildeten Blätterkelchkapitälen.28)
Frappant ist die vollkommene Aehnlichkeit
dieser Kapitale mit den Kapitalen in der Krypta
der Mo ritz-Basilika Hezilo's (vor Hildesheim).

Zum Schlüsse weisen wir auf die beiden
niedersächsischen Schwestern des Hezilo-Thur-
mes hin, die ein günstigeres Geschick bis heute
erhalten hat. Das ist der romanische Thurm2*)
der Andreas-Kirche (städtische Hauptpfarrkirche)
in Hildesheim, der ein Vorbild26) (oder eine
bescheidene Nachahmung?) des Hezilo-Thurmes
ist, und der Domthurm zu Minden, der wohl
sicher den Hildesheimer Domthurm zum Vor-
bild hatte.26)

Hildesheim. A. Bertram.

25) Dafs Hezilo der ernsten, niedrigen Krypta
Würfelkapitäle und den hoch gelegenen Thurmlauben
Blattkapitäle gab, ist nicht auffällig. Dieser Wechsel
kommt öfters neben einander vor. Vgl. Seesselberg
a. a. O. S. 42.

2*) Ausführlich besprochen von Senator Dr. Ger 1 and
in Hildesheim in »Zeitschrift für bildende Kunst « N. F.
III, 298.

n) Eine chronistische Notiz schreibt den Bau der
romanischen Andreas-Kirche dem Bischof Godehard
(1022—1038) zu. Leibniz »Script, rer. Brunsv.«
II, 788.

26) Dehio und v. Bezold, S. 573.

Nachrichten.

Emailplättchen des alten St. Kuniberts

Der Professor der Kunstgeschichte, Geh. Hofrath Dr.
Schäfer in Darmstadt hat im dortigen grofsherzogl.
Museum einen für die Kölner Kunstgeschichte höchst
werthvollen Fund gemacht, Emailplättchen, die ohne
Zweifel zum Schreine des hl. Kunibert in Köln ge-
hörten. — Von dem alten Schreine von 1168, der
1688 durch einen neuen silbernen Schrein ersetzt
wurde, besitzen wir noch eine Beschreibung vom
Dechanten des St. Kuniberts-Stiftes Adolph Bingen
(1699—1721). Nach seinem Berichte war der Schrein
an Form und Arbeit den gleichzeitigen Prachtschreinen,

-Schreines im Museum zu Darmstadt.

namentlich der Theke der hl. drei Könige, ähnlich.
Er war 7' lang, IV2' Dre't. und hatte die Form einer
Basilika. Die Langseiten zeigten in je 7 Abtheilungen
zwischen Säulchen und Bogen die auf Thronen sitzen-
den Bilder der Mutter Gottes, der 12 hl. Apostel, des
hl. Johannes des Täufers, des Königs Dagobert, alles
in vergoldetem Silber und reich mit Email überzogen,
in feinster Arbeit. Am Fufsende die hl. Kunibert und
Clemens als Fürbitter vor dem Weltrichter. Am Kopf-
ende fanden sich dieselben zwei Heiligen in schönerer
Arbeit ausgeführt. Auch war hier ein reicherer Schmuck
 
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