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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Hager, Georg: Das gothische Bürgerspital in Braunau am Inn
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Abhandlungen.

Das gothische Bürgerspital in
Braunau am Inn.

Mit 2 Abbildungen.

|ie Spitäler sind eine der
edelsten Segnungen des
Christenthums. Das
christliche Gebot der
Nächstenliebe und die
Lehre von der Gott-
wohlgefälligkeit der milden Werke schufen
den Nährboden, auf dem schon in der
't^KS altchristlichen Zeit und noch mehr im
Mittelalter diese Anstalten emporwuchsen und
gediehen. Der gemeinsame Zweck aller Spi-
täler ist die Aufnahme Verpflegungsbedürftiger.
Im Einzelnen aber konnte die Bestimmung ver-
schieden sein, je nachdem die Gründung vor-
zugsweise die Versorgung von armen, durch
Alter oder sonstige Gebrechen erwerbsunfähigen
Leuten, von Findel- und Waisenkindern, von
Kranken, von Aussätzigen, von Reisenden und
Pilgern in's Auge fafst. So entstanden Pfründ-
häuser, Findel- und Waisenhäuser, Kranken-,
Siech- und Leprosenhäuser, Herbergen und
Hospize. Oft finden sich auch mehrere dieser
Bestimmungen vereint.x)

In den Klosteranlagen unterschied man schon
in früher Zeit ein Krankenhaus für die Mönche
(Infirmaria) und ein Armen- und Fremdenhospiz
(Hospitale pauperum oder Eleeroosynaria und
Hospitale hospitum). Der Plan von St. Gallen
ist ein bekanntes Beispiel hierfür. Die Marien-
kapelle diente in den Benediktinerklöstern,
speziell bei den Cluniacensern, auch als Kranken-
kirche. Bisweilen ist mit dem Armenhospiz in
den Klöstern ebenfalls eine kleine Kirche ver-
bunden, so im Hirsauer Kloster Prüfening bei
Regensburg, wo die 1125 „iuxta elemosinariam

l) Ueber die Entstehung, Verschiedenartigkeit,
Organisation und Entwickelung der Spitäler vgl. be-
sonders G. U h 1 h o r n »Die christliche Liebesthätigkeit«
Bd.I—III, (1882—1890), und G. Ratzinger »Gesch.
d. kirchl. Armenpflege« (1884).

domum" erbaute Andreaskirche (zwei bis drei
Minuten westlich vom Konventgebäude) noch
heute steht. Das Armenhospiz konnte sich in
Klöstern zu einem Pfründhaus ausgestalten. So
war es z. B. in Prüfening. Ich erinnere auch
an das 1430 erbaute, jetzt abgebrannte Pfründ-
haus im Kloster Maulbronn. Als man in den
Städten daran ging, Spitäler zu erbauen, mochten
die ähnlichen Einrichtungen in Klöstern als
Vorbild dienen. Klösterlich war ja auch die
Organisation dieser Anstalten. Schon Jahr-
hunderte hatten Spitäler unter Verwaltung des
Klerus bestanden, als ritterliche und bürgerliche
Spitalorden sich bildeten. Unter den letzteren
gewann besonders der Orden des hl. Geistes
weite Verbreitung. Um oder nach Mitte des
XII. Jahrh. gründete ein edler Mann Guido
in Montpellier ein Hospital zu Ehren des hl.
Geistes. Die Kranken sollten hier von Brüdern
bedient werden, welche nach der Regel des
hl. Augustin lebten; So entstand der Orden
des hl. Geistes. Papst Innocenz III. nahm 1198
den neuen Orden in Schutz, übergab ihm 1204
in Rom ein neu erbautes grofses Spital und
erhob 1208 dieses Spital zum Mutterhaus und
dessen Meister zum General des Ordens. Die
Zahl der Spitäler des Heilig-Geist-Ordens wuchs
im XIII. Jahrh. auf mehr denn 300. Im
XIV. Jahrh. aber geht der Orden unter dem
Einflüsse der hohen Entwickelung, welche die
Städte gewonnen hatten, stetig zurück. Die
mächtig erstarkten Städte mufsten Werth darauf
legen, die Spitäler selbst zu verwalten. So
zeigt sich in der Entwickelung des Spitalwesens
der fortschreitende Einflufs der Laien: „aus dem
klösterlichen und stiftischen Hospital wird das
von Laienbrüdern und Schwestern geleitete
Ordensspital, aus diesem das völlig laifizirte
städtische Spital."2) Die Spitalbrüder vom hl.
Geist blieben nur sehr vereinzelt bestehen. Die
Spitalstiftungen aber blühten fort und vermehrten
sich. Uebrigens hatte der Uebergang in städtische
Verwaltung kaum eine Verminderung der Pflege
des kirchlichen und religiösen Lebens im Ge-
folge. Für alle Spitäler ist vielmehr auch in

2) Uhlhorn a. a. O. II, 198.


 
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