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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Braun, Joseph: Der Paramentenschatz zu Castel S. Elia, [2]
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0226

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355

1899.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

856

Eine genaue üatirung der Alben zu Castel
S. Elia ist nicht möglich. Es sind nicht mehr
genug Alben aus dem spätem Mittelalter vor-
handen, um den Entwicklungsgang, den das
Gewand im Verlauf desselben genommen hat,
mit Sicherheit verfolgen zu können. Es fehlt
darum an einer im Einzelnen feststehenden Ent-
wicklungsreihe, in welche die Alben von S. Elia
sich einfügen liefsen. Immerhin kann es wohl
als unzweifelhaft betrachtet werden, dafs die
Alben Nr. 5 und Nr. 4 als die ältesten, Nr. 1
als die jüngste anzusehen ist. Auch mögen
die beiden erstgenannten noch dem XIII. Jahrh.
angehören. Wenigstens entspricht ihre Be-
schaffenheit durchaus dem, was wir von der
Albe des XIII. Jahrh. wissen. Die Parura bei
Nr. 4, ein weifsblauer Brokatell, dürfte aller-
dings erst dem XIV. oder gar XV. Jahrh. an-
gehört haben. Indessen liegt auf der Hand,
dafs die Parura, welche beim Waschen der Albe
losgelöst und, wenn beschmutzt oder verschlissen,
durch eine andere ersetzt zu werden pflegte, für
die Datirung des Gewandes selbst nicht be-
stimmend sein kann. Die Parura unserer Albe
kann darum sehr wohl aus späterer Zeit, die
Albe selbst aber aus dem XIII. Jahrh. sein.

Man hat genieint, es sei nunmehr für die
Geschichte der liturgischen Gewandung heller
Tag. Unseres Erachtens ist diese Auffassung
etwas zu optimistisch. Wohl ist der Gang ihrer
Entwicklung im Grofsen und Ganzen genügend
klar; sobald man aber und je mehr man an
einzelne Fragen herantritt, geht es hier wie auch
sonst in der Wissenschaft: man wird sich oft
genug mit einer gröfsern oder geringern Wahr-
scheinlichkeit begnügen müssen, oder gar zu
einem non liquet kommen.

Noch einige Worte über die drei Dalma-
tiken. Es sind zwei blaue und eine grüne.
Von den beiden blauen ist eine leidlich be-

friedigend erhalten. Sie besteht aus demselben
Reps, aus welchem die-Kasel Nr. 3 gemacht ist.
Die Länge beläuft sich auf 1,40 m, die untere
Breite auf 1,30 m, die Weite in der Mitte des
Körpers auf 73 cm. Die ca. 60 cm langen
Aermel sind an ihrer Ausmündung sehr eng;
denn ihre Weite beträgt nur 13 cm. Die Be-
sätze bestehen in einer 4^2 cm breiten Borde,
welche die Aermel vorn umsäumt, sich quer
über die Schultern zieht und die Naht zwischen
den Aermeln und dem Mitteltheil der Dalmatik
bedeckt. Aufserdem ist unten am Gewand eine
Parura aus losem und grobem Brokat an-
gebracht, bei dem es aufser dem Goldfaden
keinen andern Einschufs und ebenso nur
einen Kettenfaden gibt. Gemustert ist das
Gewebe mit übereinander liegenden Reihen
stilisirter Adler. Der Schnitt des Gewandes
ist demjenigen der Alben ähnlich. Die an-
dere blaue Dalmatik bildete das Gegenstück
zu Nr. 1. Sie unterschied sich von ihr nur
durch das Dessin der Parura, in Streifen sich
folgende Thiergestalten.

Am elendesten sieht es mit der dritten
Dalmatik aus, welche so verkommen ist, dafs
man sie nur mit Mühe rekonstruiren kann. Sie
besteht aus einem grünen Goldbrokat, unter-
scheidet sich aber, was die Form und Aus-
stattungsweise anlangt soweit darüber ein Ur-
theil möglich ist, nicht von den beiden andern
Dalmatiken. Nur war sie, wie die rothen Seiden-
reste an der Innenseite beweisen, abweichend
von ihnen, mit Futterstoff versehen.

Das wäre der Paramentenschatz zu Castel
S. Elia. Möge er die Würdigung finden, welche
er verdient, aber zugleich mit dieser Würdigung
auch eine seinem Werthe entsprechende Auf-
bewahrung, woran es leider bisher ganz und
gar gefehlt hat!

Luxemburg'. Joseph Braun, S. J.

Bücherschau.

Formenlehre der norddeutschen Backstein-
gothik von F. Gottlob. Leipzig, Baumgärtners
Buchhandlung. Folio. 65 Tafeln mit 23 Seiten Text
und 25 Abbildungen in demselben. (M. 36.—)
Man wird sagen können, dafs A. v. Minusoti durch
seine Denkmäler mittelalterlicher Kunst in den Branden-
burgischen Marken, von denen aber nur das 1. Heft
erschien, zuerst das Vorhandensein architektonischer
Kunstwerke im Gebiete des Backsteins konstatirte.
Eingehender behandelte F. Kugler solche in seiner

Pommerschen Kunstgeschichte 1840, dann gleichfalls
theilweise Lübke im »Deutschen Kunstblatt« 1852 und
nicht lange darnach Essenwein umfassender in »Nord-
deutschlands Backsteinbau im Mittelalter«, und seit
einem Menschenalter etwa ist theils durch, einzelne
kleinere Arbeiten, theils durch die landschaftlichen
Inventarien der Kunstdenkmäler von Bergan, Haupt,
Schlie u. A. die Kenntnifs solcher wesentlich und er-
heblich weiter verbreitet; die Kenntnifs allerdings und
auch die Werthschätzung, ohne dafs solche, wie man
 
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