Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

DOI Artikel:
Oidtmann, Heinrich: Nachrichten über rheinische Glasmalerei des XVI. Jahrh., insbesondere über die Glasgemälde in der Burgkapelle zu Ehreshoven, ein spätes Werk monumentaler Glasmalerei in den Rheinlanden, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0055

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
69

1899.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 3.

70

Mänteln der Ritter und der Edelfrauen. Be-
wunderungswürdigist die geschickte Anbringung,
die bald helle, bald tiefe Abtönung des Silber-
gelb, welches übrigens in den Strahlen des
hl. Geistes unzählige winzige Sprünge und feine
Haarrisse verursacht hat. Einige bedeutendere,
oberflächliche Schrammen treten nur bei be-
stimmter Beleuchtung in die Erscheinung, wäh-
rend umgekehrt die erhabenen Verzierungen
der farbigen Architekturstücke verschwinden.

Die hier (S. 57/58) beigefügte Abbildung des
linken Fensters zeigt die Gesammtanlage. Die
Darstellungen werden von einer schlichten, mit
Schildwerk verzierten Pilasterarchitektur um-
rahmt, deren Haupttheile, ähnlich wie an den
Fenstern zu Drove und Düren, mit Silbergelb,
Schwarzloth und Eisenroth, jenem stumpfen,
manchmal etwas schmutzigen Rothbraun bemalt
sind, jedoch noch hinreichend das ,,Weifs" des
Glases zur Geltung kommen lassen. Verein-
zelte blaue, gelbe, blaugraue und hellblaue
Einsätze unterbrechen die fortlaufende Ein-
fassung, an den gegebenen Stellen sich zu
Basen beziehungsweise zu Kapitalen ausbildend.
Die ganze Umrahmung ist bei aller Einfachheit
recht geschmackvoll angelegt.

Eine eigentliche Patina zeigte sich an den
Gläsern nicht, eine Erscheinung, welche ver-
muthlich eher durch die Beschaffenheit des
Glases als durch das verhältnifsmäfsig junge
Alter zu erklären ist.

Das Figürliche erinnert in der theatralischen
Auffassung, in der manierirten Zeichnung an
manche gleichzeitige Tafelgemälde. Die Durch-
führung der Einzelheiten läfst grofse Sorgfalt
erkennen, wie denn überhaupt die glasmalerische
Behandlung unserer Alterthümer in ihrer grofsen
Vollendung, in ihrer bestimmten Sicherheit
einen unanfechtbaren Beweis dafür bietet, dafs
der Künstler sein Gebiet vollkommen beherrschte.
Bei der im allgemeinen etwas bunten, dabei
kalten Farbenstimmung des figürlichen Theiles
sind Graublau und Gelb vorherrschend; in den
Gewandungen und in einem Wappen ist ein
leuchtendes, kräftiges Blau angewandt; endlich
ist in gut abgewogenem Verhältnifs ein feuriges
Roth über die Fenster vertheilt, welches dem
alten Glase an Leuchtkraft und Glanz nicht
im mindesten nachsteht.

Im linken Fenster oben die lebendige Dar-
stellung der Verkündigung, unten die Donatoren
in spanischer Tracht (vergl. Abb.). Im Mittelfenster
bilden von Sonne und Mond durchbrochene

Wolken und etwas Landschaft den Hintergrund
für eine wirkungsvoll gezeichnete Kreuzigungs-
gruppe. Der obere Theil des Heilandes ist von
goldigem Strahlenkranz umgeben; zu beiden
Seiten des Kreuzes Maria und Johannes, am
Fufse des Stammes Magdalena. Im unteren
Felde auf Goldgrund die farbenkräftigen Wappen
der Nesselrode und der Hatzfeld. Das dritte
Fenster enthält in bewegter Auffassung die Auf-
erstehung Christi; unterhalb dieser Gruppe die
knieenden Geschenkgeberinnen; neben dem Bet-
pulte liegt auf einem Kissen, mit einem grofsen
Kreuze bedeckt, der Leichnam eines Wickel-
kindes. Mangels urkundlichen Nachweises konnte
eine nähere Auskunft über den Zusammenhang
der Bildnisse nicht ermittelt werden.

Wenn ich an den Glasgemälden von Ehres-
hoven die noch vorherrschende Mosaiktechnik
als besondere Merkwürdigkeit betonen zu müssen
glaubte, so geschah dies mit ausdrücklicher
Rücksichtnahme auf die althergebrachte und
heute noch vielerorts landläufige Meinung, als
sei bereits mit dem XVI. Jahrh. die sogenannte
Kabinet- oder Emailmalerei bei der Glasmalerei
in Aufnahme gekommen, um baldigst die alte,
musivische Arbeitsweise zu verdrängen. Will
man doch gar an einem Fenster des Frank-
furter Kaiserdomes Schmelzfarben vom Jahre
1371 entdeckt haben! Hier hat man zweifels-
ohne spätere Reparatur für Original gehalten.
Da das betreffende Fenster 1782 gegen weifses
Glas vertauscht wurde, sind die Vertreter jener
Ansicht der Beweisführung auf bequeme Art
enthoben. Man wird es Niemandem verargen,
wenn er, gestützt auf zahllose widersprechende
Thatsachen, obiger Annahme nur wenig Zu-
trauen entgegenbringt. Andere wollen die Er-
findung der bunten Schmelzfarben mit Vorliebe
den Gebrüdern van Eyck zugesprochen wissen.
Wieder Andere verwechseln die Begriffe und
rechnen die früheren Grau-in-Graumalereien
zur neueren Technik. Jedenfalls geht man der
näheren, ja selbst der weiteren Zeitbestimmung
betreffs der Einführung eigentlicher Schmelz-
farben, oder genauer gesagt, der bunten Email-
farben in die Glasmalerkunst mit leicht erklär-
licher Vorsicht aus dem Wege.

Bekanntlich trat zu dem in wechselnden
Tönungen vorkommenden Schwarzloth und zu
dem Silbergelb im ersten Drittel des XVI. Jahrh.
aufser einem leichten Fleischton das Eisenroth,
jenes stumpfe Rothbraun, welches bereits an
den Fenstern von Drove und Düren Erwähnung
 
Annotationen