Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

DOI article:
Schnütgen, Alexander: Zwei neue bischöfliche Chormantelagraffen
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0171

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
259

1899. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

260

fess??^



i^gjjj

$<&

ST vSpffe

j^g?



»M

md

Ä





*rtaäv^t



ü^

ü







tV

einer Eminetiz dem
HochwürdigstenHerrn
Kardinal und Erz-
bischof Dr. Philippus

Krementz
widmete im Spätherbst 1893
zur Erinnerung an seine
Berufung in den höchsten Rath der Kirche
eine vornehme Dame die hier abgebildete, eben-
falls durch Hermeling ausgeführte Agraffe,
welche die hl. Ursula mit ihren Gefährtinnen
darstellt, gemäfs dem im Museum Wallraf-
Richartz zu Köln befindlichen Gemälde (Nr. 64)
aus der Schule Stephan Lochner's. Dieses lieb-
liche Bild schien sich für
dieses Kleinod als Vorbild
um so mehr zu eignen, als
die Stifterin desselben der
Ursulapfarre angehörte, der
Nachbarin des
erzbischöflichen
Palais, und es
bedurfte nur
ganz unbedeu-
tender Aender-
ungen in der
Zeichnung, um
die Darstellung
derDreipafsform
anzupassen, die
gleichfalls einem

altkölnischen
Gemälde ent-
lehnt ist. Für
den Hintergrund
empfahl sich der
blaue Ton, dessen Belebung durchschimmernde
Rankenverzierungen besorgen konnten, und der
felsige Boden wurde mit Recht durch eine Art
von Blumenbeet ersetzt, welches den altkölnischen
Malern besonders geläufig war und dem Schmelz-
künstler willkommene Gelegenheit bietet für die
Anbringung feiner farbiger Effekte. Auf die
koloristische Wirkung kommt es ja bei dieser so
vornehmen wie schwierigen Technik nament-
lich an; je leuchtender und intensiver die ein-
zelnen Farbtöne sind und je mehr sie sich zu
einer harmonischen Stimmung vereinigen, um
so gelungener wird das Emailbild sein, wenn
anders die Zeichnung nicht nur an sich korrekt,
sondern auch der Technik angepafst ist, deren

Wesen in der flachen Reliefirung des glänzen-
den, daher aus Silber oder Gold gebildeten
Grundes besteht. Nur durch die feinempfun-
denen Abstufungen des Flachschnittes sind die
Lichter und Schatten, die helleren und dunk-
leren Nuancen der einzelnen Töne erreichbar,
und gerade hier liegt der Prüfstein für die
künstlerische Bedeutung des Emailleurs. — Im
vorliegenden Falle vereinigen sich beide Quali-
täten: die technische und die künstlerische zu
einem höchst anmuthigen Gebilde, welches durch
den kräftigen, aus zwei Kordeln und rosetten-
geschmückter Kehle zusammengesetzten Rahmen
in seiner Wirkung noch gehoben wird. Die
schlanke edle Gestalt der hl. Ursula beherrscht
die ganze Tafel, deren Mit-
tel- und Glanzpunkt das
grüne Untergewand bildet.
Neben ihm kommen die
blauen, violetten, rothen
Kleidchen der
Genossinnen auf
dem mausgrauen
Pelzfutter des
dunkelvioletten
Mantelsprächtig
zur Geltung, mit
diesem auf dem

kobaltblauen
Fondkräftig sich
abhebend, durch
den die damas-
zirten Arabesken
mildernd hin-
durchscheinen.
DaherrschtLicht
und Leben,
Linien- und Farbenspiel, Mannigfaltigkeit und
Einheit! Auch der in dunkles Grün getauchte
Rasen mit seinen lichtschimmernden Blümchen
schafft einen wirkungsvollen Kontrast. Ein gelb-
violetter ganz lichter Ton beherrscht die Kar-
nationstheile; und die goldigen Nimben, welche
die Köpfe umgeben, ergänzen den Farben-
rhythmus, den sie beherrschen, ohne ihm zu
stören. Ganz mit Grubenemail bedeckte alte
Mantelschliefsen sind nicht selten, im(gothischen)
Reliefschmelz ausgeführte mir aber nicht be-
kannt, obwohl diese Periode dieses bischöfliche
Schmuckstück besonders pflegte, für welche ge-
rade diese glänzende Technik in hervorragen-
dem Maafse sich empfehlen dürfte. Schniitgen.
 
Annotationen