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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Oidtmann, Heinrich: Die Schweizer Glasmalerei vom Ausgange des XV. bis zum Beginn des XVIII. Jahrh., [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0198

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303

1899. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

304

Belege über Wappenfenster bis 1464 zurück.2)
Eigenartig, um nicht zu sagen einzig in ihrer
Art war die Anordnung der älteren Luzerner
Rathhausfenster, welche in der um 1512 ge-
schriebenen Chronik des Diebold Schilling,
Kaplan bei St. Peter, abgebildet sind. In der
Darstellung der Ueberreichung jener Chronik
an den versammelten Rath zeigt der Rathssaal
in den Butzenscheiben seiner Fensterflügel die
schräggestellten Banner der eidgenössischen Orte,
in der Mitte St. Leodegar mit dem Schilde von
Luzern. (Abb. 1.) Auf dem gleichaltrigen Bilde
des Rathhauses von Stans nähert sich die An-
bringung der Standeswappen der später üblichen
Anlage.8) (Abb. 2.)

Im Jahre 1465 zahlte Abt Gerold von Sax
zu Einsiedeln dem Hansen Müller dem Glaser
für das Fenster ins Gesellschaftshaus zum Rüden
in Zürich 9 Pfund; in derselben Rechnung
sind nach St. Gallen gesandte Glasscheiben
erwähnt. — 1472 malte zu Bern Urs Werder
in die Fenster des Gesellschaftshauses zum Distel-
zwang Geschlechterwappen, andere Scheiben für
das Gerichtsgebäude zu Freiburg. Im darauf-
folgenden Jahre wurde das Berner Rathhaus
mit Glasmalerei geschmückt; hier liefs der
Rath für das nämliche Gebäude im Jahre 1480
weitere Glasgemälde anfertigen, von welchen
eins erhalten geblieben ist, die runde Bern-
scheibe in der Silberkammer des Museums;
2 andere Wappen von 1483 im histor. Museum
dortselbst. In Solothurn, welches 1479 Geld
an Kirchen und einzelne Leute für Glasfenster,
1480 ausdrücklich für Wappen schenkt, —
weitere Angaben aus 1486 und 1490 —, be-
schliefst der Rath am Donnerstag vor Thomas
1490: „Von der glasfenster und schilten wegen,
die man etwan pfiffern, schirmmeistern, und
sprechhern geben hat, ist angesehen, dafs man
niemand weder vennster noch schilt geben soll,
es sy dann sach, das ein apt und convent der
Clöstern S. Urban, Gottstatt oder S. Joh. zu
Erlach darumb bittend, denen mag man die venn-
ster geben; dann in denselben Clöstern der Statt
kinden eben vil sind." 1500 bezahlt Solothurn
Lucassen Zeiner den Glaser Zürich umb das
Fenster, so er der Stadt Baden gemacht hat.

*) »Anzeiger für Schweiz. Alterthumskunde« (1885)
S. 149. v. Liebenau „Vom AufkommeriJ der Glas-
gemälde in Privathäusern."

3) Aus »Diebold Schillings des Luzerners Schweizer
Chronikc 1862.

Wie arg mufs die Sitte in Zürich überhand
genommen haben, wenn der Rath dieser Stadt
die Inanspruchnahme bereits 1487 zu hoch
findet und den Brauch auf Kirchen, Raths-
stuben und Gemeindehäuser beschränkt wünscht:
„Min herren haben sich erkendt, als byshar
vil nachlofens und pitt bschehen sy an sy
umb fenster und aber der cost und das pitten
so vil werden weit, daz durch Ir stat nutzes
willen not were das zu vorkomen. Har;umb
so sölte man nun hinfür weder wirten noch
andren in ir hüser kein venster geben, und
das also uf ir statbuch schriben und unabläslich
halten. Und ob och hinfür jeman an einen
burgermeister darumb kerne, dass dan ein
burgermeister in abwysen und im sagen solle,
wie das versetzt sy. Und harin ist aber us-
gesetzt kilchen och ratstuben und derglichen
was ein gmeind antrifft." Uff dem gehaltnen
(Tagsatzungs-) tag Zürich Suntag nach Puri-
ficationis Mariae 1487 haben unser Eydtgnossen
von Zürich den annderen Botten gemeinlich
eröffnet und gesagt, nachdem vil personen
über tag an uns Eydtgenossen gemeinlich und
sundrige part komen umb pfennster, dass sy
fürer iro teils keiner sundrigen person kein
pfennster me geben wellen. Ob aber an ein
kilchen, Rathüser, Gesellschaft-hüser oder
annder derglich gemeine hüser umb pfennster
gebetten würde, darinn wellen sy sich zimlich
und als sy jez zu ziten fügelich bedunckt
halten." (Eidgen. Abschiede A 747.)

Mit letzterer Nachricht dürfte freilich eine
Lesart nach Werner Steiners Chronik schwerlich
in Einklang zu bringen sein, derzufolge man
in Zürich erst 1505 in die Rathsstube Scheiben-
fenster machen liefs, „denn bisher wahrend sy
nur tüchig gsin." Diese Mittheilung ist um
so unverständlicher, als doch schon 1495 die
Stiftspropstei nebst der Chorherrnstube mit
farbigem Scheibenschmuck versehen waren,
ganz zu schweigen von der Mittheilung des
Aeneas Sylvius, der bereits 1436 an Basel die
Verfensterung der Wohnräume rühmt.

In Luzern wurden gleichartige Erlasse 1500, 86,
93 und 1655 beschlossen; 1548 erliefs derLandrath
von Schwyz folgendes Verbot: „Es hand mine
herrnden irenverpottenby xpfundzbus, dz niemand
me offen wirt vssert dz land gangind um fenster
zu bitten, auch nütt durch gschrift noch anderlüt.
— Von diesbezüglichen Tagsatzungsbeschlüssen
aus 1525, 59, 80, 83, 86 sind die jeweilig
späteren ein Beweis für die Nichtbeachtung der
früheren.
 
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