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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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319

1899.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 10.

320

urtheilt, von den Einen unterschätzt, von den Andern
über das Mais gefeiert, von Vielen mifsverstanden
worden. Einer objektiven Beurtheilung hat sich der
Biograph befleifsigt, den seine italienischen Geschichts-
studien vor der durch Reichensperger beeinflufsten,
etwas einseitigen Kunstauffassung seines Lehrers
Janssen bewahrt hatten. Wenn er von Reichensperger
sagt, dieser sei „kein eigentlicher Kunsthistoriker oder
Archäologe, auch kein Kunstphilosoph, vielmehr haupt.
sächlich Praktiker und Apostel gewesen für die Wieder-
belebung einer echten, volksthümlichen, deutschen,
die christlichen Ideen verkörpernden Kunst", so trifft
diese Charakterisirung im Allgemeinen ganz gewifs
das Richtige, ohne es aber zu erschöpfen. Reichens-
perger betonte, nach Maisgabe seiner romantischen
Richtung und seiner dialektischen Stärke, die grofsen
Gesichtspunkte, und neben der Nationalität der Kunst
redete er vor Allem der Bekämpfung der Surrogate
das Wort, ohne aber nach der einen wie nach der
anderen Richtung hinreichend die Unterscheidungen
hervorzukehren, die auch hier ihre Berechtigung haben.
Seiner Natur nach war er eigentlich gar nicht exklusiv,
und wenn seine Theorien sich öfters so ansahen,
fanden sie in der Praxis keine Bestätigung, was schon
aus seiner unerschütterlichen Vorliebe für Statz und
von Steinle hervorgeht, von denen selbst der erstere
kein Gothiker im Sinne der strengen Observanz war.
Uebrigens war die eigentliche Praxis auch nicht
Reichensperger's Stärke; dafür gebrach es ihm nament-
lich an den Vorbedingungen der archäologischen
Durchbildung wie der technischen Kenntnisse, und die
Art und Weise, wie er besonders mit den Künstlern
und Kunstgelehrten in England, Frankreich, Belgien,
Holland, die den meisten Einflufs auf ihn und seine
Richtung ausgeübt haben, verkehrte, war nicht geeignet,
diese Lücke auszufüllen. Auf allgemeine Unterwei-
sungen pflegte er sich, wenn möglich zu beschränken,
auf detailirte Angaben lieber zu verzichten, die Kritik
der Pläne in Gemeinscnaft mit Anderen vorzunehmen.
Wenn es aber galt, anzuregen, zu begeistern, zu ent-
flammen, dann war er der berufenste Herold, und
was er auf diesem Wege durch Wort und Schrift ge.
wirkt hat, das soll am wenigsten in der »Zeitschrift
für christliche Kunst« verkannt werden, die ihm seit
ihrem Erscheinen von Neuem an die Kunstfahne zu
fesseln vermocht hat, von der manche entmuthigende
Erfahrungen ihn wegzudrängen versucht hatten.

Schnü tgen-

Deutsche Kunst und Dekoration. Heraus-
gegeben von Alexander Koch in Darmstadt.
Preis des Jahrgangs 20 Mk.
Dieser Zeitschrift, die vor Kurzem ihren III. Jahr-
gang eröffnet hat, darf das Zeugniis ausgestellt wer-
den, dafs sie für die Interessen der modernen deutschen
Kunst, in deren Dienst sie sich vom Anfang ihres
Bestehens an gestellt hat, mit grofsem Eifer und ehr-
lichen Mitteln eingetreten ist. Die beiden Kampfjahre
sind für sie auch Lernjahre gewesen, in denen es
galt, aus den vielen tastenden Versuchen, von denen
wohl manche die Antwort des Kopfschütteins provo-
zirten, zu soliden Ergebnissen zu gelangen, und so
mag sie jetzt mit dem Ansprüche auftreten, abgeklärte

Anschauungen und Erzeugnisse zu bieten, die geeignet
sind, diejenigen zu informiren, anzuleiten und zu be-
friedigen, welche die Berechtigung der modernen For-
men mit keinem Fragezeichen mehr begleiten. Dieser
Zuversicht gibt der Herausgeber mit bescheidenen
Worten Ausdruck in der Einleitung zum III. Jahrgang,
der sich mit vier interessanten, sehr reich illustrirten
Artikeln einführt. Die beiden ersten sind den kunst-
gewerblichen Ausstellungen der Sezession und im Glas-
palast zu München gewidmet, die scharfe Kritik er-
fahren im Gegensatz zu der mit grofser Anerkennung
erwähnten Dresdener Ausstellung. Sodann wird Klin-
ger's Werk „vom Tode" besprochen, zuletzt Sascha
Schneider's vielseitiges Schaffen als Maler eingehend
gewürdigt. Dazwischen werden Preise ausgeschrieben,
erworbene beurtheilt und den künstlerischen Bestre-
bungen des Grofsherzogs von Hessen warme Worte
der Billigung gespendet. — Aus dem Bereiche der
modernen kunstgewerblichen Bestrebungen erscheinen
hier mithin die reichsten und vornehmsten Gebilde in
einer durch viele Abbildungen erläuterten Uebersicht
zusammengestellt, so dafs diejenigen, welche diese
Richtung sympathisch, vielleicht gar als die Morgen-
röthe eines schönen Tages begrüfsen, hier vielleicht
besser als an manchen andern Stellen mit den vor-
nehmlich in Frage kommenden Leistungen Bekannt-
schaft machen können. f.

Die Buchhandlung für Architektur und
Kunstgewerbevon BrunoHefslingin Berlin und
New-York hat einen Verlagskatalog herausgegeben,
der wegen seines reichen Inhaltes und seiner vor-
nehmen, auch in zahllosen Illustrationen bestehenden
Ausstattung besondere Beachtung verdient. Die weit
über 100 Nummern zählenden und fast 4000 Mark
Gesammtladenpreis erreichenden Werke behandeln die
Architektur, Ornamente, Dekorationsmalerei, die Vor-
lagen für Stein- und Holzbildhauer, Tischler, Vergolder,
Kunstschmiede. h.

Domdekan Franz Werner. Ein Gedenkblatt von
D. Friedrich Schneider. Verlag von Wilckens,
Mainz 1899.
Im Anschlüsse an die Renovation der Grabplatte
dieses am 15. Februar 1845 im Alter von nahezu
75 Jahren zu Mainz gestorbenen Domdekans hat sein
Nachfolger in der Untersuchung und Beschreibung
des Mainzer Domes aus dürftigen Notizen dieses an-
sprechende Lebensbild zusammengestellt, welches den
anspruchslosen, aber verdienstvollen Sammler und
Forscher in seinen trefflichen menschlichen Eigen-
schaften, in seinen für die damalige Zeit ungewöhn-
lichen, vorwiegend dem Mittelalter zugewendeten
Kulturbestrebungen, namentlich in seiner herzlichen,
hingebenden Liebe zum Dome schildert. Durch diese
selbstlose, begeisterte Fürsorge, die auch in einer
dreibändigen Geschichte des Domes zum Ausdruck
gelangt ist, hat er auf seine Mitbürger und Zeitgenossen
einen mächtigen Einflufs ausgeübt, so dafs dieses
pietätvolle Gedenkblatt, welches von seinen Porträts
der Jugend-, Reife- und Alters-Zeit begleitet ist, die
Erinnerung an den fast vergessenen Prälaien in vor-
trefflicher Weise auffrischt. Sclinütgen.
 
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