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Zeitschrift für christliche Kunst — 12.1899

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Maass, Ernst: Inschriften und Bilder des Mantels Kaiser Heinrichs II., [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.3944#0219

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841

1899. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

342

mentirt zu sehen, rechts von diesem das des Lö-
wen, beide ohne Inschriften, links unter dem
Löwen der Schwan SIGNUM CIGNI und
unter dem Schwan in zwei Zeilen die Buch-
stabencomplexe OCCI und HEI. InderBehand-
lung dieser unvollständig gelassenen Worte bin
ich mit Bock nicht einverstanden. Er ergänzt
zwar richtig OCCI(si Orp)HEI, doch ist die von
ihm empfohlene Verbindung dieser Genetive mit
SIGNUM CIGNI darum ganz unsicher, weil in
der unmittelbaren Vorlage der Mantelbilder das
Gestirn des Schwans und Orpheus nicht zu-
sammengebracht sind: Rec-int macht den Him-
melsschwan zum Schwan der Nemesis. Dagegen
weifs sie, wie oben ausgeführt, von dem Ka-
tasterismus der Leier des Orpheus. Ich ver-
binde also trotz räumlicher Trennung die von
der Leier und die von Orpheus handelnden
Inschriften zu einer einzigen: LIRA M£R(curii}
OCCl(si Orp)HEI.

Etwas links nach unten der Schütze mit
der Beischrift SAGITTARIVS TAVRO
ODII ORION MANVS, welche Bock in fol-
gender Weise deuten will: „Da odit keinen Sinn
gibt, so ist es wohl als Abkürzung für oslaidit
zu vermuthen und zu lesen SAGITTARIVS
TAURO OSTENDIT ORION MANVS
d. h. Der Schütze; dem Stier zeigt Orion
die Hände. Das Sternbild steht unmittel-
bar dem des Stieres entgegen. Der Gegner
Orion verfolgt die Bilder des Thierkreises,
zunächst den Stier. Hiernach wäre also
nur das erste Wort auf das Sternbild des
Schützen zu beziehen, der Rest der Inschrift
auf den freilich nicht dargestellten Orion."
Diesen Gedankengang braucht man nur zu hören,
um ihn abzulehnen; er gibt die Verlegenheit
des Erklärers zu erkennen. Wir wenden uns
unserem bewährten Hülfsmittel zu. Rec-int
bietet»Comm.« p.238 folgendes Material: Porto
Sagittarius Scor/none Oriente ascendit, quo ascen-
denle oeeidil Orion et Ccphei manus, in cuius
signi regionc zodiacus arculus humiüimus est.
Dies steht auch im Latinus, nicht aber in den
Cat, sondern, da es einfache Aratparaphrase ist,
im Gedichte selbst. Im Latinus (p. 239) und
bei Arat V. 306 ff. lesen wir:

Scorpione Oriente ipsc öMyov öi naQojitQoc

»•, , .■ „.-._„ tGiarai avtov (des

ascendit sta/im ma.vimc c»i,m > """'" v.

benützen)

honorificalus a capite
Carnis'que] cauda ex-
trema noctis alio magis

ZxoQnioQ avrf/j.iov, o
)' uviij/iiai, aviixa
fiäXkov.

lijftog *"' xitpakq Kv-

currit, ipsequidem occi- voaovqidog dxQÖ&i,

dit aurora procedente „ VVXTU$ , c<

r vipi fiaKa TQOXaa. o

subito Orion et Cephei de övttai rjwdt tiqö

manus. u»QÖog'£iQ(a>v,K>i^tyg

d' dnv X^Qo? sn' i£vv.
Zunächst springt die Emendation, oder besser
die Ergänzung des Schlusses der Mantelinschrift
heraus: statt ODIT ORION MANVS ergibt
sich von selbst nicht zwar 0{s/eti)DIT, wohl
aber 0{cci)DIT ORION (et Cephei) MANVS.
Schwierigkeit macht der Anfang SAGITTA-
RIVS TAVRO, es scheint in TAVRO AV-
RORA zu stecken, das Ganze so zu lesen: Sagit-
laritis \t\auro'rd) o[cci)dil. . . Orion (et Cephei)
manus. Voraussetzung zu dieser Ergänzung und
Emendation wäre die Annahme, dafs das Exem-
plar der Rec-int, welches der Mantelinschrift zu
Grunde liegt, etwas reichhaltiger war, als unsere
erhaltenen Handschriften. Das hat bei der Be-
schaffenheit unseres Textes nichts Auffälliges,
auffällig wäre das Gegentheil.

Oberhalb des Schützen steht rechts der
Wassermann AQVARIVS QVI ET GANI-
MEDES. Rec-int (und, nur ohne den christ-
lichen Zusatz, Latinus und Cat) » Comm « p. 235:
Porro Aquarius. Quem nos propler imbres mensis
ipsit/s sie nominamus, gcnliles autem arbitrantw
Canimedem fuisse etc.

Rechts vom Wassermann der Skorpion.
„Er galt wohl mit Rücksicht auf die Jahreszeit,
in welcher die Sonne in dies Sternbild tritt,
so sehr als ein schädliches Gestirn, dafs ihm
die gefährlichsten Beinamen gegeben wurden
und er als Sinnbild benutzt wurde mit der
Legende mas noeivo que en la tierra (Picinelli
1. c. I 12 [ed. Colon, a. 1687 I p. 59])". So
Bock. Dieser Anschauung entspricht auch die
Inschrift SCORPIO DVM ORITVR MOR-
TALITAS GINN1TVR. Sie hat ausnahms-
weise in den aufgezeigten Quellen nichts Aehn-
liches.

Unter dem Wassermann steht der grofse
Bär MAIOR ARCTVRVS, unter dem Skor-
pion der kleine Bär MINOR ARCTVRVS
(S. 328). Zwischen beiden Sternbildern stehen
die Worte Q VI ET AR(c) TOPHILAX DICI-
TVR. Möglich, dafs diese Worte rein zufällig
durch die Stickerin hierher gesetzt sind, da sie
zum Bootes (S. 336) gehören, möglich auch,
dafs die ja irrige Namensform ARCTVRVS
für ARCTUS die falsche Beziehung jenes
veranlaßt hat. (Schiufs folgt.)

Marburg i. H. Ernst Maass.
 
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