353
1899.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.
354
Breite
Höhe
Aermel-
länge
Allje
unten
in der
Mitte
oben
Aermel-
weite
1
2
3
4
5
1,90
2,02
2,04
2,38
2,46
1,15
1,00
1,00
0,90
0,80
2,26
1,76
2,08
2,16
2,38
1,70
1,80
1,95
1,70
2,17
0,73
0,58
0,70
0,75
0,66
0,17
0,11
0,20
0,14
0,14
Bei allen Alben ist die untere Breite sehr
auffallend, wenn man mit ihnen die moderne
Albe vergleicht. Selbst bei Nr. 1 (Abb. Via)
ist sie bedeutender, als es jetzt bei den Al-
ben, namentlich, wie sie in Italien in Gebrauch
sind, der Fall ist. Nehmen wir die gewöhnliche
Weite der heutigen Albe zu 1,60 m, so beträgt
bei Nr. 5 (Abb. VId) das Plus sogar mehr als
die Hälfte der jetzigen Breite.
Umgekehrt ist bei den Alben von Castel
St. Elia die Weite in der Mitte im Verhältnifs
zur untern Breite weit geringer, als heutzutage.
Namentlich fällt das bei Nr. 5 auf. Die Aermel-
länge schwankt bei den Alben zwischen 73 cm
und 66 cm, die vordere Aermelweite zwischen
11 cm und 20 cm.
Die eigenartigen Mafsverhältnisse der mittel-
alterlichen Alben sind die Folge ihrer Anferti-
gungsweise. Ich gebe beifolgend eine Skizze
von vier der Alben von Castel S. Elia, auf der
ich die Nähte durch punktirte Linien angedeutet
habe. Sie erläutert besser als eine lange Be-
schreibung den Schnitt der mittelalte/lichen
Alben. Derselbe ist allerdings bei den einzelnen
Alben einigermafsen verschieden. Wesentlich
ist aber allen die geringe Breite der Mittel-
bahnen, die Häufung der Giren, deren es bei
Nr. 4 (Abb. VIc) an jeder der beiden Seiten des
Mittelstückes sogar je vier gibt, die durch
diese Einrichtung bedingte Enge in der Körper-
mitte bei auffallend grofser unterer Breite und
endlich die Weite der Aermel da, wo sie
an den Brusttheil' des Gewandes angesetzt |
sind. Bei Nr. 4 ist diese Aermelweite, wie
die Skizze zeigt, nicht durch Zwickel, son-
dern durch eine eigenartige Bildung der Aermel
erzielt worden.
Das Charakteristische der mittelalterlichen
Alben liegt hiernach einerseits in der Bildung
der Aermel und andererseits, und zwar beson-
ders in der verhältnifsmäfsig geringen mittleren
und grofsen untern Weite, von denen, wenn-
gleich langsam, die eine vom Xlll.Jahrh. an zu-,
die andere abnimmt.
An den Aermelausmündungen findet sich
bei keiner der Alben ein Besatz, eine Parura
am untern Saume hat es nur bei zweien der-
selben gegeben. Die Albenparura scheint
in Italien nicht so gebräuchlich gewesen zu
sein, wie in Deutschland, Frankreich und Eng-
land; denn es ist wohl nicht ohne Grund, wenn
sie daselbst auf den Bildwerken ungleich sel-
tener auftritt, als im Norden. Dagegen hat
sich in Italien die Parura bei der Dalmatik
eingebürgert, wie sonst nirgends. Man wird
kaum auf eine Darstellung von Diakonen aus
dem XIV. und XV. Jahrh. stofsen, ohne auf der
Dalmatik der Parura zu begegnen. Noch jetzt
erinnert die Weise, wie man das Diakonalgewand
in Italien ausstattet, an die ehemalige Parura.
An die Halsöffnung schliefst sich bei Nr. 2
bis 5 ein sich über die Brust hinabziehender
Schlitz an, welcher das Durchstecken des Kopfes
erleichtern soll. Es findet sich nicht in der
Mitte des Durchschlupfs, sondern bald an der
rechten, bald der linken Seite desselben, sodafs
auf der Brust sich eine Art von schliefsbarer
Klappe bildet. Dieselbe läuft bei 3 und 4 (Abb.
VIb u. c) in eine Zunge aus. Von dieser lingua
ist bei den Liturgikern des XII. und XIII. Jahrh.
wiederholt die Rede. Sie ist auch der zu Assisi
aufbewahrten Albe des hl. Franziskus eigen,
wie denn diese Albe überhaupt sehr grofse
Verwandtschaft mit denjenigen von Castel S.Elia
hat. Sie unterscheidet sich von denselben nur
durch die Abmessungen, durch feineres Material
und reichere Ausstattung. Das Gewand hat
bei einer Höhe von 1,94 m und einer Weite
in der Körpermitte von 1,00 m die aufserordent-
liche untere Breite von 2,70 m.
Um die Aermel hat die Albe von Assisi
eine 7 cm breite Bordüre. Die 1 m lange
und 33 cm hohe Parura am untern Saume be-
steht aus vier rechteckigen, durch Börtchen ge-
trennten Stücken. Ueber die Schultern läuft ein
Zierstreifen von 8 cm Breite. Ein anderer zieht
sich in der Mitte der Vorder- und Rückseite von
dem Kopfdurchlafs bis zur Parura.
Technisch betrachtet stellen diese Verzie-
rungen eine Art von Straminstickerei dar, für
welche der straminartige Grund durch Aus-
ziehen der Fäden hergestellt wurde. Die Muster
bestehen aus Mäandern und ähnlichen geome-
trischen Gebilden; Thiere, Hirsche und Vöge-
lein sind nur auf dem Streifen in der Mitte
der Vorderseite angebracht.
1899.
ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.
354
Breite
Höhe
Aermel-
länge
Allje
unten
in der
Mitte
oben
Aermel-
weite
1
2
3
4
5
1,90
2,02
2,04
2,38
2,46
1,15
1,00
1,00
0,90
0,80
2,26
1,76
2,08
2,16
2,38
1,70
1,80
1,95
1,70
2,17
0,73
0,58
0,70
0,75
0,66
0,17
0,11
0,20
0,14
0,14
Bei allen Alben ist die untere Breite sehr
auffallend, wenn man mit ihnen die moderne
Albe vergleicht. Selbst bei Nr. 1 (Abb. Via)
ist sie bedeutender, als es jetzt bei den Al-
ben, namentlich, wie sie in Italien in Gebrauch
sind, der Fall ist. Nehmen wir die gewöhnliche
Weite der heutigen Albe zu 1,60 m, so beträgt
bei Nr. 5 (Abb. VId) das Plus sogar mehr als
die Hälfte der jetzigen Breite.
Umgekehrt ist bei den Alben von Castel
St. Elia die Weite in der Mitte im Verhältnifs
zur untern Breite weit geringer, als heutzutage.
Namentlich fällt das bei Nr. 5 auf. Die Aermel-
länge schwankt bei den Alben zwischen 73 cm
und 66 cm, die vordere Aermelweite zwischen
11 cm und 20 cm.
Die eigenartigen Mafsverhältnisse der mittel-
alterlichen Alben sind die Folge ihrer Anferti-
gungsweise. Ich gebe beifolgend eine Skizze
von vier der Alben von Castel S. Elia, auf der
ich die Nähte durch punktirte Linien angedeutet
habe. Sie erläutert besser als eine lange Be-
schreibung den Schnitt der mittelalte/lichen
Alben. Derselbe ist allerdings bei den einzelnen
Alben einigermafsen verschieden. Wesentlich
ist aber allen die geringe Breite der Mittel-
bahnen, die Häufung der Giren, deren es bei
Nr. 4 (Abb. VIc) an jeder der beiden Seiten des
Mittelstückes sogar je vier gibt, die durch
diese Einrichtung bedingte Enge in der Körper-
mitte bei auffallend grofser unterer Breite und
endlich die Weite der Aermel da, wo sie
an den Brusttheil' des Gewandes angesetzt |
sind. Bei Nr. 4 ist diese Aermelweite, wie
die Skizze zeigt, nicht durch Zwickel, son-
dern durch eine eigenartige Bildung der Aermel
erzielt worden.
Das Charakteristische der mittelalterlichen
Alben liegt hiernach einerseits in der Bildung
der Aermel und andererseits, und zwar beson-
ders in der verhältnifsmäfsig geringen mittleren
und grofsen untern Weite, von denen, wenn-
gleich langsam, die eine vom Xlll.Jahrh. an zu-,
die andere abnimmt.
An den Aermelausmündungen findet sich
bei keiner der Alben ein Besatz, eine Parura
am untern Saume hat es nur bei zweien der-
selben gegeben. Die Albenparura scheint
in Italien nicht so gebräuchlich gewesen zu
sein, wie in Deutschland, Frankreich und Eng-
land; denn es ist wohl nicht ohne Grund, wenn
sie daselbst auf den Bildwerken ungleich sel-
tener auftritt, als im Norden. Dagegen hat
sich in Italien die Parura bei der Dalmatik
eingebürgert, wie sonst nirgends. Man wird
kaum auf eine Darstellung von Diakonen aus
dem XIV. und XV. Jahrh. stofsen, ohne auf der
Dalmatik der Parura zu begegnen. Noch jetzt
erinnert die Weise, wie man das Diakonalgewand
in Italien ausstattet, an die ehemalige Parura.
An die Halsöffnung schliefst sich bei Nr. 2
bis 5 ein sich über die Brust hinabziehender
Schlitz an, welcher das Durchstecken des Kopfes
erleichtern soll. Es findet sich nicht in der
Mitte des Durchschlupfs, sondern bald an der
rechten, bald der linken Seite desselben, sodafs
auf der Brust sich eine Art von schliefsbarer
Klappe bildet. Dieselbe läuft bei 3 und 4 (Abb.
VIb u. c) in eine Zunge aus. Von dieser lingua
ist bei den Liturgikern des XII. und XIII. Jahrh.
wiederholt die Rede. Sie ist auch der zu Assisi
aufbewahrten Albe des hl. Franziskus eigen,
wie denn diese Albe überhaupt sehr grofse
Verwandtschaft mit denjenigen von Castel S.Elia
hat. Sie unterscheidet sich von denselben nur
durch die Abmessungen, durch feineres Material
und reichere Ausstattung. Das Gewand hat
bei einer Höhe von 1,94 m und einer Weite
in der Körpermitte von 1,00 m die aufserordent-
liche untere Breite von 2,70 m.
Um die Aermel hat die Albe von Assisi
eine 7 cm breite Bordüre. Die 1 m lange
und 33 cm hohe Parura am untern Saume be-
steht aus vier rechteckigen, durch Börtchen ge-
trennten Stücken. Ueber die Schultern läuft ein
Zierstreifen von 8 cm Breite. Ein anderer zieht
sich in der Mitte der Vorder- und Rückseite von
dem Kopfdurchlafs bis zur Parura.
Technisch betrachtet stellen diese Verzie-
rungen eine Art von Straminstickerei dar, für
welche der straminartige Grund durch Aus-
ziehen der Fäden hergestellt wurde. Die Muster
bestehen aus Mäandern und ähnlichen geome-
trischen Gebilden; Thiere, Hirsche und Vöge-
lein sind nur auf dem Streifen in der Mitte
der Vorderseite angebracht.