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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 14.1898-1899

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Vincenti, Carl Ferdinand von: Wiener Winterausstellung: Secession, Aquarellistenclub
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https://doi.org/10.11588/diglit.12049#0219

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Wiener Winterausstellungen. Von Karl v. Vincenti.

lS7

Landschaft. Ludwig Dill p!nx

Wiener WinterauFstelluiiNen.

Secession. — Aquarcllistenclub.

von Rarl v. Vincenti.


^L eide Flaggen wehen: die grüne und rot-weiße. Sie
grüßen sich von der Wienzeile zum Lothringerplatz.
Eigentlich feindlich in der Sache sind sie sich kaum mehr.

Unsere Secession ist nun binnen zehn Monaten bei
ihrer dritten Ausstellung. Alle Säfte treiben ini Ver
Lucruin. Populär sind die Versakristen geworden, nicht
allein, weil sie im Lande agitieren und tüchtig mit
eigener Kunst demonstrieren, sondern auch, weil
sie sich draußen tüchtig umthun und das Wiener
Kunstleben mit neuesten Anregungen befruchten.

So drängt man sich in ihren Sälen und jetzt,
wo sie Klinger, Meunier und Rysselberghe re-
quiriert haben, nicht zum wenigsten. Sie selbst
enthielten sich diesmal. Dabei sind sie virtuose
Jnsceneure. Kaum sonst wo mag Klingers
epochalstes Werk „Christus im Olymp" zu so
voller Wirkung gelangt sein, wie hier, wo es,
dem zwischen Lorbeer im dunklen Velumschatten
Herannahenden entgegenleuchtet, Kunflandacht und
Tempelstimmung zugleich erweckt. Eine Klinger-
gemeinde ist bereits auch hier in Bildung be-
griffen, des Radierer-Bildner-Malers reifstes und
gedankenreichstes Bild wird ihr voraussichtlich neuen
Zuwachs bringen. Hat es doch selbst das feudal-
klerikale „Vaterland" eine Gedankendichtung großen
Stils genannt, in welcher der Triumph des Christen-
tums über das Heidentum am unzweideutigsten,
rücksichtslosesten zur Anschauung gelange. Schon
heute tritt Max Klinger zu Menzel und Böcklin.

Strahle, du deutsches Dreigestirn!

Auch Theo van Rysselberghe ist den
Lesern außer Wien nicht neu. Er gehört mit
Khnopff, Meunier und Van der Stoppen zum
Ruhme Belgiens. Hier befremdet die Manier des
kühnen Pointillisten weniger, als man erwarten
mochte. Man läßt Segantini und Martin gelten,
so auch ihn. Die meisten geraten sogar unter den
Licht-, Luft- und Wasserzauber, den dieser zugleich
eminente Formbeherrscher mit farbigen Punkten
zu schaffen vermag. Er träufelt den Regenbogen
Tropfen für Tropfen auf die Leinwand. „Abend- Landschaft.

glühen" verblüfft zuerst, um schließlich zu überzeugen, was
die Bildnisse sofort thun. Es ist eine seltene Augenweide,
diese Kollektion. Und was für ein Zeichner ist der Mann!
Man betrachte nur die beiden weiblichen Aktstudien. Meu-
niers wuchtige, unerbittliche Plastik hat hier viele Freunde,
deren Anzahl durch die jetzige Ausstellung noch vermehrt
 
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