6S SUPPLEMENTE
aen Rand des Verderbens gebrächt hat, geht er
durch. Dies erzählt der Verfasser leicht und unge-
zwungen, und benutzt die Geichichte zu. mancher
passenden Satyre. Da aber seine Satyre oft Gegen-
stände trift, die schon andre Schriftsteller oft bear-
beitet, zum Beyspiele: die Reisebeschreiber, die
Schatzgräber u. s. w., da es seiner Satyre oft an
komischer Stärke sehlt, und da der Ton seiner Er-
zählung oft zu weitschweifig ist: so thut das Ganze
nur eine mittelmässige Wirkung. Uebrigens ist er
selbst so treuherzig, zu gestehn, dass Nachahmung
des Siegsried von Lindeiiberg seine Absicht gewesen,
und dass er uns nicht mit so feiner Würze, als Herr
Müller, bewirthen könne.
Berlin, bey Himburg: Kleine Romane, Er·
Zahlungen und Schwanke. Fünftes Bändchen , aus
verschiedenen Sprachen. 1785. 370 S. g.
Herr Mylius fährt fort, mit guter Auswahl und
Geschmack ällerley JVIährchen ins Teutsche überzu-
tragen, und übertragen zu lassen. Das Bänd-
chen enthält: 1) die Serenade, ein Schwank, aus
einem 1778 zu Hamburg erschienenen Englifh Ma-
gazine mit Abkürzungen und Zusätzen. 2) Dichter-
glück, eine Erzählung aus dem Efprit der journaux,
ursprünglich englisch, von Milon französirt, und
hier etwas, verändert. 3) Liebe und Argwohn, eine
Erzählungaus dem IVeßminßer Magazine von 1773.
4) Der Abßecher aus dem Englifh Magazine von
Brooke, vorzüglich lehrreich. 5) Donffuan und Ifa-
belle, .Novelle, aus den Werken des Ker gier, aber
nicht in dessen Tone, sondern so umgestimmt, dass
die Unschuld junger Herzen dabey nicht Gesahr lei-
det. Diese füns Stücke lind von einem Freunde
des Herrn Milon bearbeitet. 6) Die rnußerhasten
Brüder, eine Erzählung, aus dem sranzösliehen des
sßnbert im Mercure. γ) Die Edeldenkenden , eine
Anekdote desselben \ferfassers eben daher. 8) iVei-
loerliß geht über alle Liß von Herrn Reichard aus der
Chronique burlesque entlehnt, doch neu erzählt,
weil das Original zu weitschweifig war. 9) Laurette,
eine von Marmontel''s vorziiglichsten Erzählungen.
10) Der Nebel im Brautbette, ein Zaubermährchen,
von Herrn Vulpius mit Anführung vieler Dichter-
stellen erzählt, an. Inhalt und Erfindung das ent-
behrlichste Stück dieses Bandes. 11) Slarmentado’s
Reisen, eine kleine Erzählung von Voltaire.
Leipzig, in der Dykischen Buchhandlung:
Mann und Frau, IHittwer und IKittwe, Pojfe in drey
Akten. 1785. I' $S. 8-
Von beiden Ehegatten wird jeder beredet, dass
der andre gestorben sey; theils die verstellte Betrüb-'
niss und die heimliche Hoffnung, sich bald wieder
zu verheirathen, theils die erste Zusammenkunft
im Finstgrn, wo sie sich einander selbst verrathen,
ZUR A. L. Z. i7g?,
bringt belustigende Scenen hervor. Dä er zur zwei-
ten Frau seine Nichte, und sie zum zweiten Mann
ihren Neffen ausersehn hatte, und jedes die Nei-
gung des andern entdeckt, so wird nun die Ver-
bindung des Neffen mit der Nichte beschleunigt,
die vorher Schwierigkeiten sand. Auch an andern,
niedrigkomischen Auftritten, und einzelnen guten
Einfällen fehlt es nicht. Mehrere eingeschajtete
Lieder sollen denZuschauer bey guter Laune erhal-
ten. Die Satyre des Verfassers macht gern solche
Bemerkungen, wie S. 59: “Die Titelsucht ist ein
Charakterzug unsrei* lieben Teutschen.“ ■— „Er ist
ein geschickter Jurist, aber ausserdem ein dummer
Teufel, man findet das häufig beysammen.“ Eine
IVendinn tritt hier auch auf, nicht umwendisch zu
sprechen, sondern um, nach Art der Italiener, Na-
tionaltrachten auf die Bühne zu bringen. So lange
aber die Garderoben noch nicht mit vielen solchen
Trachten versehn sind, wird es manchem Principal un-
angenehm seyn, um so einer kleinen und episodi-
schen Rolle willen eine besondere Tracht anzuschaffen.
Hamburg, bey Bohn; Mujen - Almanach sür
1785. Herausgegeben von Hofs und Goekingk. 207
S. 16. ( 12 gr.)
' Als wir vor zehn und mehrern Jahren nur Einen
Musen - Almanach hatten, da gab dieser eine Lese
von niedlichen Blümchen, die unsre besten Dichter
mit pflücken halfen; seitdem er aber so viele Brü-
der und Schwertern bekommen hat, die nur daraus
bedacht sind, ihr Körbchen mit dem neuen Jahre ge-
füllt zu haben, seidem enthalten diese Almanache,
sehr oft nur welke Grasblumen, und die Namen der
guten Dichter sind vereinzelt, und blinken nur hier
und da, zerstreut; am meisten zeichnet sich noch
immer, der Vofsfche und Gökingkfche Almanach, an
sorgfäldger Wahl aus. Auch der diesjährige, lie-
fert einige Gedichte, die von den gewöhnlichen
Schlag gereimter Einfälle, abweichen: zum Beysp.
S. 3. 96. 98. 125. 159. 189. 192. und mehrere, son-
derlich Sinngedichte vonY. Des guten Bfessels Fa-
bel vom.Stocksifch wirdgewiss, der Nutzanwendung
wegen, allen behagen, die so manche der Reisenach-
betereyen untrer Tage, gelesen haben; wir rücken
die Fabel hier ein:
Ein Stockfisch ward in Neufundland gefangen,
Und sprach mit ängstlichem Verlangen
Zum rohen Schifter : höre , Mann,
Was hast du mit mir vor’ Ey nun, sing dieser au,
Das kann ich dir ja leicht vertrauen ;
Zuerst wird dir der Kopf vom Rumpf gehauen,
Dann wirst du in. die Welt gesandt.
Und .... Himmel! ächzt der Arrestant,
Als träf ihn schon des Britten Eisen,
Im tiefsten Elegienton,
Was! ohne Kopf’ Nun ja, verletzt der Schissspatron,
Es ist die neuste Art zu reisen.
aen Rand des Verderbens gebrächt hat, geht er
durch. Dies erzählt der Verfasser leicht und unge-
zwungen, und benutzt die Geichichte zu. mancher
passenden Satyre. Da aber seine Satyre oft Gegen-
stände trift, die schon andre Schriftsteller oft bear-
beitet, zum Beyspiele: die Reisebeschreiber, die
Schatzgräber u. s. w., da es seiner Satyre oft an
komischer Stärke sehlt, und da der Ton seiner Er-
zählung oft zu weitschweifig ist: so thut das Ganze
nur eine mittelmässige Wirkung. Uebrigens ist er
selbst so treuherzig, zu gestehn, dass Nachahmung
des Siegsried von Lindeiiberg seine Absicht gewesen,
und dass er uns nicht mit so feiner Würze, als Herr
Müller, bewirthen könne.
Berlin, bey Himburg: Kleine Romane, Er·
Zahlungen und Schwanke. Fünftes Bändchen , aus
verschiedenen Sprachen. 1785. 370 S. g.
Herr Mylius fährt fort, mit guter Auswahl und
Geschmack ällerley JVIährchen ins Teutsche überzu-
tragen, und übertragen zu lassen. Das Bänd-
chen enthält: 1) die Serenade, ein Schwank, aus
einem 1778 zu Hamburg erschienenen Englifh Ma-
gazine mit Abkürzungen und Zusätzen. 2) Dichter-
glück, eine Erzählung aus dem Efprit der journaux,
ursprünglich englisch, von Milon französirt, und
hier etwas, verändert. 3) Liebe und Argwohn, eine
Erzählungaus dem IVeßminßer Magazine von 1773.
4) Der Abßecher aus dem Englifh Magazine von
Brooke, vorzüglich lehrreich. 5) Donffuan und Ifa-
belle, .Novelle, aus den Werken des Ker gier, aber
nicht in dessen Tone, sondern so umgestimmt, dass
die Unschuld junger Herzen dabey nicht Gesahr lei-
det. Diese füns Stücke lind von einem Freunde
des Herrn Milon bearbeitet. 6) Die rnußerhasten
Brüder, eine Erzählung, aus dem sranzösliehen des
sßnbert im Mercure. γ) Die Edeldenkenden , eine
Anekdote desselben \ferfassers eben daher. 8) iVei-
loerliß geht über alle Liß von Herrn Reichard aus der
Chronique burlesque entlehnt, doch neu erzählt,
weil das Original zu weitschweifig war. 9) Laurette,
eine von Marmontel''s vorziiglichsten Erzählungen.
10) Der Nebel im Brautbette, ein Zaubermährchen,
von Herrn Vulpius mit Anführung vieler Dichter-
stellen erzählt, an. Inhalt und Erfindung das ent-
behrlichste Stück dieses Bandes. 11) Slarmentado’s
Reisen, eine kleine Erzählung von Voltaire.
Leipzig, in der Dykischen Buchhandlung:
Mann und Frau, IHittwer und IKittwe, Pojfe in drey
Akten. 1785. I' $S. 8-
Von beiden Ehegatten wird jeder beredet, dass
der andre gestorben sey; theils die verstellte Betrüb-'
niss und die heimliche Hoffnung, sich bald wieder
zu verheirathen, theils die erste Zusammenkunft
im Finstgrn, wo sie sich einander selbst verrathen,
ZUR A. L. Z. i7g?,
bringt belustigende Scenen hervor. Dä er zur zwei-
ten Frau seine Nichte, und sie zum zweiten Mann
ihren Neffen ausersehn hatte, und jedes die Nei-
gung des andern entdeckt, so wird nun die Ver-
bindung des Neffen mit der Nichte beschleunigt,
die vorher Schwierigkeiten sand. Auch an andern,
niedrigkomischen Auftritten, und einzelnen guten
Einfällen fehlt es nicht. Mehrere eingeschajtete
Lieder sollen denZuschauer bey guter Laune erhal-
ten. Die Satyre des Verfassers macht gern solche
Bemerkungen, wie S. 59: “Die Titelsucht ist ein
Charakterzug unsrei* lieben Teutschen.“ ■— „Er ist
ein geschickter Jurist, aber ausserdem ein dummer
Teufel, man findet das häufig beysammen.“ Eine
IVendinn tritt hier auch auf, nicht umwendisch zu
sprechen, sondern um, nach Art der Italiener, Na-
tionaltrachten auf die Bühne zu bringen. So lange
aber die Garderoben noch nicht mit vielen solchen
Trachten versehn sind, wird es manchem Principal un-
angenehm seyn, um so einer kleinen und episodi-
schen Rolle willen eine besondere Tracht anzuschaffen.
Hamburg, bey Bohn; Mujen - Almanach sür
1785. Herausgegeben von Hofs und Goekingk. 207
S. 16. ( 12 gr.)
' Als wir vor zehn und mehrern Jahren nur Einen
Musen - Almanach hatten, da gab dieser eine Lese
von niedlichen Blümchen, die unsre besten Dichter
mit pflücken halfen; seitdem er aber so viele Brü-
der und Schwertern bekommen hat, die nur daraus
bedacht sind, ihr Körbchen mit dem neuen Jahre ge-
füllt zu haben, seidem enthalten diese Almanache,
sehr oft nur welke Grasblumen, und die Namen der
guten Dichter sind vereinzelt, und blinken nur hier
und da, zerstreut; am meisten zeichnet sich noch
immer, der Vofsfche und Gökingkfche Almanach, an
sorgfäldger Wahl aus. Auch der diesjährige, lie-
fert einige Gedichte, die von den gewöhnlichen
Schlag gereimter Einfälle, abweichen: zum Beysp.
S. 3. 96. 98. 125. 159. 189. 192. und mehrere, son-
derlich Sinngedichte vonY. Des guten Bfessels Fa-
bel vom.Stocksifch wirdgewiss, der Nutzanwendung
wegen, allen behagen, die so manche der Reisenach-
betereyen untrer Tage, gelesen haben; wir rücken
die Fabel hier ein:
Ein Stockfisch ward in Neufundland gefangen,
Und sprach mit ängstlichem Verlangen
Zum rohen Schifter : höre , Mann,
Was hast du mit mir vor’ Ey nun, sing dieser au,
Das kann ich dir ja leicht vertrauen ;
Zuerst wird dir der Kopf vom Rumpf gehauen,
Dann wirst du in. die Welt gesandt.
Und .... Himmel! ächzt der Arrestant,
Als träf ihn schon des Britten Eisen,
Im tiefsten Elegienton,
Was! ohne Kopf’ Nun ja, verletzt der Schissspatron,
Es ist die neuste Art zu reisen.