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Allgemeine Literaturzeitung: Supplemente zur allgemeinen Literatur-Zeitung — 1785 (1787)

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Supplemente zur Allgemeinen Literatur-Zeitung vom Jahre 1785 - Zweyte Lieferung
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Numero 30
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https://doi.org/10.11588/diglit.47940#0129
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Numero 30.

ARZENEY GELAHRTHEIT.
Berlin, bey Unger: Untersuchungen über die
Natur und Behandlung des Kindbetterinnenfie-
bers, oder der Entzündung der Eingeweide bey IHöch-
nerinnen. Aus dem Französischen des Hrn. de la
Roche übersetzt, mit Anmerkungen von D. C. G.
Selle. 1785. 221 S. 8. (16 gr.)
Die Vorrede enthält ein getreues, und wie es
scheint, überall gleiches Gemählde des Wochenbetts,
wie es gewöhnlich durch Lebensart, Unwisienheit,
Vorurtheile, selbst Misbräuche der Kunst zu einer
der widersinnigsten verderblichsten Perioden des
weiblichen Lebens und zu einer peinlichen Geduld-
schule des vernünstigen und gewissenhaften Arztes
gemacht wird, der hier nicht ohne Kränkung er-
fährt, wie ohnmächtig die Stimme der Natur und
der besteWille der Kunst ist, wenn alte Weiber schreyen
und Rockenphilösophie das Gegentheil demonstrirt.
Doch fängt es allgemach an, auch hier Licht zu
werden, wie die verminderte Sterblichkeit der Wöch-
nerinnen auffallend beweist, und mit Vergnügen se-
ilen wir aus einem hier aufgestellten Sterberegister
von London, dass daselbst, wo an. 1659 noch die
fünf und dreyssigste Wöchnerinn gestorben war, in
dem Zeitraum von 1739 bis 1749 nur die lieben
und siebzigste dieses Schicksal hatte. — Nun folgt
die Beschreibung des Kindbetterinnenfiebers und
seiner Zufälle, wie man sie kennt, seiner Entste-
hung gewöhnlich in den ersten Tagen, oft auch am
vierzehnden nach der Entbindung, seiner Verbin-
dung mit Seitenstich, Lungenentzündung etc.,und der
so leicht daraus folgenden wässrigen Ansammlungen
in den untern Extremitäten und andern Theilen.
Bey Oesnung der daran verdorbenen finde man
immer (bey weitem nicht immer) Spuren von Ent-
zündung und Brand an Gedärmen, Gekröse und
Netz, am Vterus nicht, und ein Extravasat von
gelblichen Wasser in der Höhle des Unterleibes mit
dickem sseckenartigem Eiter auf der Oberssäche der
Eingeweide (oder wie mans mit eben dem Recht
nennen kann, molkenartige Lymphe mit einem kä-
sigten Absatz). Meinungen der Schriftsteller, eines
Leake, Hulme, Puzos über diese Krankheit, der Vf.
folgt dem ersten, und tadelt die, die eine Milchab-
A.L.Z. 1785· Supplementband,

setzung > den unterdrückten Wochenssuss oaer mut*
terentzündung für Je Ursache halten, wobey denn
Hr. Selle Gelegenheit nimmt seine Theorie zu ver-
teidigen; kein Wort von der Behauptung eines
Stoll und andrer, dass dieses Fieber gastrischer Art
sey. ·— -Warnung vor der Vernachlässigung des
Anfangs dieser Krankheit, da, weil er gewöhnlich
nui in etwas Leibschmerz und Fieber besteht, von
Wartfrau und Hebamme für Milchfieber und Blähun-
gen erklärt, und mit Wein und Kümmelsuppen be-
handelt wird, da man doch Fälle hat, dass es in 24
Stunden tödlich worden ist. Die Progn’osis beruhet
vorzüglich auf dem Puls, 140 kleine Pulsschläge
in 1 Minute zeigen fast gewißen Tod an, auch bey
übrigens leidlichen Zufällen, und umgekehrt. Der
Durchfall ist sehr gefährlich, wenn die Geschwin-
digkeit des Pulses dabey zunimmt; die lymphati—
schenFeuchtigkeiten werden nach Hrn.Sc//^ Meynung
dadurch zu sehr nach dem Unterleibe gelöckt. Das
gallichte Erbrechen und selbst der Eckel sallen im-
mer sehr gefährliche Anzeigen vom Entzündungs-
krampf seyn (gewiss höchstseiten, da diesesFieber fast
immer mit gallichtenAnhäufungen verbunden ist, und
wir uns vielmehr gefreuet haben, wenn diese An-
zeigen der gallichten Turgescenz nach oben da wa-
ren , und wir also ein Brechmittel mit Hofnung ei-
nes guten Erfolgs geben konnten. Dadurch würde
der Vf. gewiss das ipäte grüne Erbrechen oft ver-
mieden haben, welches er so gefährlich findet).
Meteorismus und Schwämmchen sind sehr übel.
Lochia können da seyn und fehlen, ohne dass sich
etwas daraus schliessen liesse. — Man ist über die
nächsten Ursachen dieser Krankheit, die schon zu
Hippocrates Zeiten existirte, sehr verschiedner Mey-
nung gewesen. Der Verf, hält sie für rosenartige
Entzündung der Gedärme mit einer grossen Nei-
gung in Brand überzugehen , und beruft sich auf
die Brandssecke, Verengerungen und Verhärtungen
der Darmhäute, und das Eiter, welches man bey
SeHionen findet. Dagegen beweist Hr. Selle aus der
öftern Abwesenheit dieser Zeichen, und eben aus
der grossen Menge von eiterähnlichem Extravasat,
welche man sonst bey keiner Entzündung im Unter-
leibe findet, dass eine Absetzung milchicbter, lymphati-
scher Feuchtigkeiten die Hauptursache dieser Krank-
θ g heit
 
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