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Allgemeine Literaturzeitung: Supplemente zur allgemeinen Literatur-Zeitung — 1785 (1787)

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Supplemente zur Allgemeinen Literatur-Zeitung vom Jahre 1785 - Zweyte Lieferung
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Numero 47
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https://doi.org/10.11588/diglit.47940#0198
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SUPPLEMENTE

K&6

Der gefchnlickvolle Fleiss und das Talent:, den
Humour'des Originals im Deutschen darzustellen,
welches Hr. Mylius einen ehrenvollen Platz neben
den beiten Uebersetzern unsrer Nation verschaft,
hat lieh ungefchwächt auch in diesen Banden er-
halten. AVer nur Versluche mit Uebersetzung ein-
zelner Stehen humoristischer Autoren gemacht hat,
und sich d ibey auf das Genie beider Sprachen ver-
geht, wird leicht die Schwierigkeiten errathen,
die hier zu überwinden waren. Die häufigen An-
spielungen auf das Seewesen, die bey einer verun-
glückten Uebersetzung oft eben so unerträglich als
unverständlich seyn würden , sind durchaus mit so
gutem Glücke im Deutschen nachgebildet, dass sie
völlig den Schein der Originalität behalten haben.
Wir haben davon schon bey der Anzeige der ersten
Bände Beyspiele gegeben; hier flehe also nur noch
die launige Grabschrift des alten Trunnion:
Hier liegt
anderthalb Faden ties
der Rumps
Von
Hawser Truimion Efcj.
weiland Befehlshabers eines Schiffsgeschwadets,
in Sr. Majestät Diensten,
Welcher um 5 Uhr Nachin, den io. Oftober
im neun und siebenzigsten Jahre
seines Alters
aufgebracht wurde.
Er hielt sein Geschiitz allezeit geladen
Sein Takelwerk immer aufgestellt
Und zeigte feinen Spiegel niemals dem feindlichen Schiffe
Aufser wenn er es hinter sich boogsiren liess.
Wie aber Kraut und Lot verschossen,
Seine Lunte verbrannt
Und sein Tolbord abgenutzt war,
Wurde er durch das stärckere Gefchiitz des Todes
in den Grund gelenkt.
Nichts deftoweniger
Wird an dem grossen Tage
Sein Anker wiederum gelichtet werden,
Wird er neu zugetakelt feyn.
Erliche Steuer bekommen,
Und mit einer vollen Ladung
Seinen Feind wiederum zwingen,
Die Segel zu streichen.
Gotha, bey Ettinger: Fragmente über Men-
schendarßellung aus den deutfchen Bühnen von ZFz/-
' heim Auguß Ijslarid, Schauspieler zu Manheim. Er-
fle Sammlung. 1785· 8= ‘26 S.
Mit eben dem Vergnügen, welches man em-
pfindet, wenn man einen Mengs über Mahlerey
reden hört, lieset man hier die theoretischen Be-
merkungen eines Mannes, der eben so grosser
Schauspieter als Schauspieldichter ist. Sie entstanden
bey Gelegenheit der Fragen, welche der würdige

Hr. Vsoekammerpräsident, Freyherr V. Tsdibehg." als
Intendant des deutschen §chausp;els zu Manheim,
dem Atisschuss des Natio’nalthe.rters bey jeder Ver-
sammlung zur Beantwortung aufgibt. Nachdem
sich der Verf. im ersten Abschnitte über seinen
Zweck erklärt hat, so redet er (2. Abschn. / zuerst
von derEntstehung der deutschen Bühne, und ihrem
Fortgang. Er deutet aber nur ganz kurz ihre
Epochen an. Zuletzt etwas über das deutsehe
Schauspiel überhaupt. Wer die Kräste, die Eigen-
heiten der deutschen Nation kennt, der wird es
so gut wissen, als ich es nur sagen könnte, was
eigentlich ein deutseher Schaulpieler sey. Die Chro-
nologien, die Journale , die Almanache nennen ih-
rer genug. Aber wie viele von diesen bnA deutfehe-
Schauspieler? Sittenmangel, Rauheit, Phlegma,
und eine Sprache, deren Gebrauch eine Mundsorm
veranlasst, welche die Plumpheit personificirt, —
sind nicht Deutschheit.“ — „Die GrossenDeutsch-
lands haben viel für die gegenwärtige Unterhaltung
des Schauspiels gethan. Da aber nur die Gewiss-
heit des nöthigen Fonds und der Fortdauer ei-
nem solchen Inflitut Zweckmässigkeit, gegründe-
ten Ruf und Eigenheit verschäflen kann, so ifl die
Frage: was ist dafür gethan ? Nichts!“--“ „Ist Bil-
dung nicht der Hauptzweck, führen Volkskennt-
nilse und Geschmack nicht die Aufficht über die
Bildung; so ist das Schauspiel ein sehr gesährlicher
Zweig des Luxus. Obrigkeitliche Versicherung le-
benslänglicher Versorgung macht uns minder kost-
bar, veredelt unsre Sitten und unsern Stand. Fi-
nanz und Polizey follten daher uns verbejfern, um
fichfelbßzu verbefsern.“ — Im dritten Abschnitt er-
örtert Hr. Issland die Fragen: was ist Natur? und
wie rveit geht ihre Grenze auf der Bühne? Wenn
in einemKunstwerke deransehauende Mensch sühlt:
Hier ift nichts zu viel, nichts zu wenig, so ist Natur
darinn, und also sind Natur und Vollkommenheit
synonym. Natur auf der Bühne ist also vollkom-
ne Mcnfchendarßellung. Nur der stellt Menschen
dar, welcher die Mehrheit täuscht. Nur der kann
andre täuschen, welcher selbst lieh täuscht· Wer die
Mehrheit nicht täuscht,der erzählt von demMenschen,
den er darstellen soll. Das Erste ist Natur und
Wahrheit. Das Zweite ist Komödienkunß. Die
letztre ist (S. 39) in Frankreich zu Hause. „Lange
zog sie in verzierten Copieen , welche den Grossen
flatt der Thierhetzen dienten, aut dem deutschen
Theater herum, und ist in verbejferter, ich glaube
ich darf sagen , gerade deswegen itzt sehädheherer
Gestalt noch bey uns geblieben. Nach ihrer Her-
bejferung hat sie zwey Abteilungen: 1) die Gabe
zu reden, 2 ) die Kunfi zu reden. Die Gabe zu re-
den hat in öffentlichen Reden sehr grossen, und aus
der'Bühne grossen Werth. Auf der Bühne kann
&e gesallen, aber allein nicht täuschen. Sie setzt
wichtigeKenntnisse voraus, und kann zuweilen bis
zu Thränen. rühren. ElektriJ'che Wirkung, diele
ächte Probe der ächten Menschendarstellung, habe
ich nie davon gesehen. — Zwilchen dem Menichen-
darstel-
 
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