Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 2.1905/​1906

DOI Artikel:
Endres, Joseph Anton: Das Aventingrabmal und seine Vorlage
DOI Artikel:
Ein neuer Zeichenlehrplan für die Volksschulen Münchens
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.53157#0081

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
NEUER ZEICHENLEHRPLAN FÜR DIE VOLKSSCHULEN MÜNCHENS 63

der Relieftafel sind durch Fruchtbündel aus-
gefüllt. So bleibt an der ganzen Darstellung
als die einzige mögliche Reminiszenz an den
Burgkmairschen Schnitt, wenn überhaupt
eine solche anzunehmen ist, nur das Aufruhen
der Hände auf Büchern übrig.
Eine ästhetische Würdigung der beiden
Humanistengrabmäler wird nicht umhin
können, dem Schöpfer des Regensburger
Reliefs das feinere Kunstempfinden zuzu-
erkennen, wenn er auch weniger selbständig
gearbeitet hat. Denn daß er sich »nach be-
rühmten Mustern« richtete, dürfte aus den
obigen Ausführungen unzweifelhaft klar sein.
Damit ist aber auch die Geschichte eines be-
kannten Burgkmairschen Blattes um einen
kleinen Zug bereichert.


GRABMAL DES KONRAD CELTIS
Stephanskirche zzc Wien, Text S. 62
Nach einer phot. Aufnahme von M. Frankenstein, Wien

EIN NEUER ZEICHENLEHRPLAN
EUR DIE VOLKSSCHULEN
MÜNCHENS
Mit Beginn des Schuljahres 1905/6 tritt für
die Münchner Volksschulen ein neuer
Lehrplan in Kraft, der besonders im Zeichnen
gegen früher bedeutende Änderungen zeigt.

Die alten Bahnen sind zum großen Teil ver-
lassen und der Zeichenunterricht wird in mehr
künstlerischerWeise betrieben. Nunmehr zeich-
nen die Kinder schon in den Unter- und Mittel-
klassen; zur Darstellung werden im allge-
meinen Gegenstände gewählt, welche im An-
schauungs- oder heimatkundlichen Unterrichte
schon Betrachtung und Besprechung erfuhren.
Die regelmäßigen Zeichenübungen erfolgen
mit weichem Griffel auf die Schiefertafel, mit
Bleistift auf Papier, mit Kreide auf die Wand-
tafel. Vom fünften Schuljahr ab werden —
und zwar in Flächendarstellung — gezeichnet:
zuerst krummlinige Formen (Apfel, Birne, Ei,
Rad, Handspiegel, Brille u. dgl.), dann gerad-
linige (Schiefertafel, Heft, Lineal, Winkeldrei-
eck, Fenster, Türe etc.), hierauf gemischt-
linige (Beil, Hammer, Zange, Schere, Gabel,
Schaufel u. s. f.), nachher wird das Auge des
Schülers an einfachen Blattformen (Flieder,
Winde, Leberblümchen, Haselwurz etc.) und
an Fischformen geübt.
Die Wiedergabe des Geschauten erfolgt
anfangs aus dem Gedächtnis, später, bei den zu-
sammengesetzteren Formen, nach der Natur;
die Darstellungen nach der Natur sind mit
Kohle auf braune, schräg gestellte Pappen-
deckel, später mit Pinsel auf schräg gestelltes
Tonpapier wiederholt bis zur gedächtnis-
mäßigen Aneignung der Form zu üben.
Im sechsten Schuljahr wird mit Pinselübun-
gen begonnen: Kommastriche in Reihungen,
Bordüren, hierauf Silhouetten von einfachen
Gegenständen der vorjährigen Aufgaben, Kir-
schen, Beeren, Blättern u. dgl., sowohl einzeln
als in Reihungen; daran schließt sich die
Flächendarstellung wirklicher Gegenstände in
Farbe, z. B. Blumentöpfe, flache Schnecken-
gehäuse und Muscheln, Käfer und Schmetter-
linge. Die Blattformen aus dem Stoffe des fünf-
ten Schuljahres werden auf zusammengesetzte
Formen und einfache Zweige erweitert. End-
lich wird auch zur räumlichen Darstellung
geschritten, dazu werden benützt: zwei oder
mehrere seitlich hintereinandergestellte Bälle,
Eier, Äpfel, Gläser, Flaschen, sodann Kisten,
Schachteln, Bücher etc. Die Wiedergabe be-
schränkt sich im allgemeinen überhaupt auf
die Ausführung in einfachen, strengen, groß-
zügigen Linien; vom sechsten Schuljahre ab
wird dieselbe unter Benützung von Tonpapier
durch Einführung von ein bis drei Tönen (Licht-
ton, Schattenton, Lokalton) erweitert. Das siebte
Schuljahr setzt die dekorativen Pinselübungen
an Tellern, Schachteln, Buchdeckeln usw. fort;
zur Darstellung in Fläche dienen dann Zweige
ohne und mit Blüten, wie Efeuranken, wilder
Wein, Tannenzapfen, Maiskolben, Ähren,

9
 
Annotationen