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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 2.1905/​1906

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https://doi.org/10.11588/diglit.53157#0148

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124 ZU UNSEREN BILDERN ^3

ZU UNSEREN BILDERN
jm vierten Heft des vorigenjahrganges konnten wir eine
I »Heilige Familie« von Professor Gebhard Fugei
als farbige Sonderbeilage veröffentlichen. Auf jenem
Bilde, das die Elisabethenkirche in Stuttgart schmückt,
kniet St. Joseph anbetend vor dem Christusknaben,
der, auf dem Schoß Mariens thronend, die Arme wie
zum Willkomm nach jenen ausbreitet, die zu ihm ihre
Zuflucht nehmen. Im gegenwärtigen Heft bieten wir
ein anderes Meisterwerk Fugels, das zur Verherrlichung
des hl. Nährvaters Jesu geschaffen wurde, nämlich das
Hochaltarbild der von Hans Schurr erbauten St. Josephs-
kirche zu München, welche durch die Bemühungen
der P. P. Kapuziner in allen Teilen künstlerisch aus-
gestaltet wird. Von einem, im Charakter der späten
Hochrenaissance entworfenen, mächtigen Säulen-Altar-
bau umrahmt, zieht das in großen Dimensionen ge-
haltene Bild, das in Kaseintechnik ausgeführt ist, das
Auge der Kirchenbesucher von allen Seiten auf sich.
Der in maßvollen Formen sehr geschickt behandelte
Hintergrund des Bildes ist als hallenartige Fortsetzung
des Altarbaues nach der Tiefe gedacht. In dieser fest-
lichen Halle sitzt der heilige Kirchenpatron auf hohem
Marmorthrone vor einer Nische, unter einem Baldachin
nach italienischer Art. Er blickt leicht gesenkten Hauptes
ruhig vor sich hin, in seiner Rechten ruht der blühende
Stab, mit der Linken hält er das auf seinen Schenkeln
stehende Christkind, das, an ihn geschmiegt, ernst und
doch kindlich den weiten Kirchenraum überblickt. Die
Art, wie diese Hauptgruppe vor die Nische gesetzt ist
und das Gesimse überschneidet, verrät hohes Verständ-
nis für monumentale Wirkung. Den Thron umgeben
der Stammvater David und der Patron der Mutter-
pfarrei St. Ludwig mit der Dornenkrone, der Ordens-
gründer St. Franziskus und der Diözesanpatron St. Benno
mit Fisch und Schlüsseln. Am Fuß des Thrones hat
sich ein Mandoline spielender Engel niedergelassen,
der in den Psalmengesang des königlichen Sängers
einstimmt. Vorzüglich ist der symmetrische Aufbau
der Komposition durchgeführt, von ausgezeichneter
Wirkung ist die feierliche Farbenharmonie, die groß-
zügige Behandlung der Gewänder und die Charakte-
ristik und zeichnerische Durchführung der Köpfe. Der
Meister, welcher zu unserer Freude auf Neujahr mit
dem Titel eines Kgl. Professors ausgezeichnet wurde,
schuf dieses edle Werk nach sorgfältigen Vorarbeiten
i. J. 1902.
Der Prager Künstler Franz Urban, von dem wir
die Aquarelle »St. Rochus« und »St. Elisabeth« auf
S. 109 reproduzieren, ist 1868 zu Karolinental geboren.
Er wirkt hauptsächlich auf dem Gebiete der religiösen
Malerei, schuf zahlreiche Kartons für kirchliche Glas-
gemälde und malte mehrere Kirchen aus, wo er sein
Talent für die Schmückung monumentaler Räume ent-
falten konnte.
Die Bilder S. 110—117 waren auf der letzten inter-
nationalen Ausstellung zu München und stammen sämt-
lich von holländischen Meistern. Die holländischen
Ausstellungssäle im Glaspalast pflegen längst einen alt-
gewohnten Eindruck zu erwecken: sie enthalten nichts,
was sensationell oder auch nur überraschend neu wäre,
bieten aber stets eine nicht geringe Zahl sehr solider,
ja vortrefflicher Arbeiten. Deshalb glaubt man beim
ersten Betreten der holländischen Abteilung der jeweiligen
Ausstellungen alle diese neuen Bilder von meist mäßigem
Umfang schon gesehen zu haben, während man bei
näherem Studium eine Menge des Schönen entdeckt.
Bei den Holländern macht sich wie bei keiner anderen
Nation die Tradition, die treue Anhänglichkeit an die
heimische Malweise, an die Eigenart der heimatlichen
Landschaft, der heimatlichen Städtebilder und Innen-

räume, der eigenen Landsleute geltend. Von dieser
Stetigkeit und Selbstbeschränkung, mit der sich eine
Phantasiekunst nicht verträgt, kommt die überaus solide,
sichere Technik und jene sinnige Freude an der Wirk-
lichkeit, die jeden Gegenstand liebenswürdig verklärt
und nichts Abstoßendes verträgt. Hohe geistige Probleme
stellen sich die holländischen Künstler nicht, aber was
sie anfassen, sehen sie mit feingeschulten Maleraugen.
Demgemäß ist für die Wahl der Themen durchaus
nicht der gedankliche oder anekdotische Inhalt maß-
gebend, sondern ein malerisches Problem; so z. B. bei
dem Bilde »Waschtag« (S. 115), wo der Titel schon
das Thema bezeichnet: Der graue Dunst einer Wasch-
küche und die durch ihn bedingten Reize der Beleuch-
tung und der weichen, sich teilweise im Wasserdampf
verlierenden Formen und Farben; oder im Bild »Beim
Flicken« (S. 117), wo der Künstler die Wirkungen des
zum Fenster in eine Stube eindringenden Sonnenlichtes
schildert und bei dem ähnlichen Thema »Lesestunde«
(S. 112), wo die einfallenden Strahlen zwei glückliche
Menschen umspielen und in dem ärmlichen Raume
ein zartes Helldunkel hervorzaubern. So war es bei
dem Gemälde »Nach dem Regen« (S. m) dem Künstler
um die nach dem Regen herrschende silberige Dunst-
atmosphäre in einer engen Straße und um die Spiege-
lung auf dem Boden zu tun. Aber wie verstehen
diese Künstler Mensch und Naturphänomen so einheit-
lich zu verschmelzen, daß letzteres zum Gemüte spricht!
Wie liebenswürdig ist Arbeit und Mutterglück im »Wasch-
tag« dargestellt, wie anheimelnd ist in den Gemälden
»Beim Flicken« und »Lesestunde« die Armut verklärt!
Schlicht und sympathisch wird S. 111 das emsige Treiben
der Stadtleute geschildert und tiefe Naturpoesie liegt
über dem melancholischen Landschaftsbild mit dem
Schäfer S. 110 und auf der sonnigen Winterlandschaft
S. 113.
Eine innig religiös empfundene und koloristisch reiz-
volle Darstellung der heiligen Familie schuf Joseph
Albrecht in dem Bilde, das wir S. 121 nach einer
frisch gemalten Skizze reproduzieren.
Den Abbildungen S. 118 — 120 aus Alt-Lüttich liegen
flotte Federzeichnungen zugrunde.
Die erhabene Schöpfung von Prof. Georg Busch
»Es ist vollbracht« bedarf keines Begleitwortes. Die
vortreffliche in eine Nische komponierte Gruppe schmückt
den Altar der Gruftkapelle des Herrn Baron Pappus in
Rauhenzell.
Fritz Kunz. Der herrliche Zyklus von Gemälden
aus dem Leben des hl. Franziskus von Assisi, welchen
Fritz Kunz in der letzten Dezemberwoche v. Js.
im Münchener Kunstverein ausstellte, wird später in
farbigen Reproduktionen herausgegeben, was den Freun-
den der ebenso reifen und im besten Sinne modernen,
wie tiefreligiösen Kunst unseres Meisters Fritz Kunz sehr
willkommen sein dürfte. Wir erinnern noch, daß eine
Darstellung aus diesem Zyklus auf S. 255 des vorigen
Jahrganges veröffentlicht wurde.

Bitte des Verlags
Die geehrten Abonnenten werden dringend
gebeten, bei einem Wechsel des Aufenthalts-
ortes oder der Wohnung uns gütigst davon
zu verständigen. Es gelangen öfters Rekla-
mationen an die Geschäftsstelle, die bei
rechtzeitiger Mitteilung von Veränderungen
nicht notwendig wären. Zudem kommen
die Hefte, wenn sie auch von der Post nach-
gesandt werden, gewöhnlich in einem Zu-
stande an, der die Empfänger zu Beschwer-
den veranlaßt.

Für die Redaktion verantwortlich: S. Staudhamer; Verlag der Gesellschaft für christl. Kunst, G. m. b. H.
Druck von Alphons Bruckmann. — Sämtliche in München.
 
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