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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 2.1905/​1906

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Wolter, Franz: Kunstverein München
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Schmidkunz, Hans: Berliner Kunstbrief
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https://doi.org/10.11588/diglit.53157#0174

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BERLINER KUNSTBRIEF ^3


LEO SAMBERGER
Abb. 32, gemalt 1905

STUDIE

ist, erkennt sofort mit wie billigen Mitteln eine an-
scheinende Qualität der Malerei erzielt wird, die viel-
leicht den einen oder anderen zu täuschen imstande
ist. Aber schon die ganze unzulängliche Zeichnung
und der Mangel an Formgefühl kennzeichnet den Dilet-
tantismus. Künstlerisch ungleich wertvoller waren die
kleinen Bilder von Hans Bomhardt. In der knapp
begrenzten Welt der Interieurs, welche der Maler liebt,
sucht er pikante malerische Probleme auf, die, wenig
differenziert, für den Beschauer eintönig erscheinen könn-
ten. Borchardt ist aber hier nur der raffinierte .Ge-
schmacksmensch, der seine tieftonigen Räume, belebt
von einzelnen Frauengestalten in knisternden Seiden-
roben, nur der Farbe wegen malt, welche nur ganz leicht
in den höchsten Lichtern auf leuchtet. Seine Technik
hat etwas Experimentierendes und man sieht es den
Arbeiten an, daß ihr Verfertiger nach Aufgaben sucht,
in denen er völlig aufgehen kann. Interessant dabei
ist, wie er manch Entzückendes findet und zu intimen
Reizen gelangt, die an die alten Meister gemahnen,
wie in dem Bilde einer in Graublau gekleideten lesenden
Dame vor einem etwas helleren grauen Hintergrund. —
Raoul Franks Marinen waren diesmal kräftiger im
Ton, als man sonst zu sehen gewohnt war; Strath-
manns »Krieg« nicht gerade fesselnd, das monotone
Schwarz allein erregte keinen Schrecken! G. Barths
Plastiken sind teilweise von der Internationalen Aus-
stellung her schon bekannt; die neue Brunnenfigur,
eine Kinderbüste,.sowie die »Ägyptierin« sprachen durch
die edle Behandlung des Formalen sehr an.
Franz Wolter

BERLINER KUNSTBRIEF
Von Dr. HANS SCHMIDKUNZ (Berlin-Halensee)
Reichliche Belehrungen kann man in dem stillen Kup-
ferstichkabinett der Königlichen Museen holen.
Es stellt von Zeit zu Zeit einzelne Gruppen seiner
Schätze und außerdem regelmäßig seine Neuerwerbungen
aus. Unter diesen standen in den letzten Monaten
Stücke aus der 'jetzigen Nachbildung des Breviarium
Grimani voran. Mit Recht wurde dieses Kleinod von
Deckfarbenmalereien aus der niederländischen Schule
vom Anfänge des 16. Jahrhunderts, das in der Markus-
bibliothek zu Venedig lagert, durch eine allerdings recht
kostspielige Vervielfältigung (Lichtdruck von A. Frisch
in Berlin) zugänglicher gemacht. Das Kabinett stellte
namentlich die Bilder von Beschäftigungen in den ver-
schiedenen Monaten aus, und daneben die merkwürdige
Darstellung der Dreieinigkeit, bei welcher Gott Vater
und Sohn einander fast wie Zwillinge gleichen, aber
doch so, daß die kleine Differenz geradezu mächtig
wirkt. Sodann gab es illustrierte juristische und ähn-
liche Bücher um die Zeit des beginnenden 16. Jahr-
hunderts; weiterhin auch ein modernes Werk: »Alte
Bauten der Stadt Hagen in Westfalen«, in einer aller-
dings ziemlich biederen Weise radiert von H. Reiffer-
scheidt (Hagen in Westfalen 1904).
In eine wesentlich andere Welt, in eine weit zurück-
liegende Moderne führen uns die Neuerwerbungen von
Graphiken des Spaniers Goya (1746—1828). Seine
Steindrucke, Radierungen und Zeichnungen (in Kreide,
Bister, Tusche) zeigen eine äußerst energische Heraus-
arbeitung von Licht und Schatten, mehr in Flächen als
in Linien, mit scharfer Konzentrierung auf das Wesent-
liche. Andere ältere Graphiken bereichern die Detail-
kenntnisse der Kunstgeschichte. Da ist ein älterer Namens-
vetter des Österreichers Gau er mann mit den Jahres-
zahlen 1773—1843; es sind landschaftliche Radierungen
da. Ätzdrücke und gut flächige Schabkunstblätter sehen
wir von J. A. Klein (1792—1875); dieser Nürnberger
gehört nicht zu den Großen, versteht aber mehr als
Äußerliches zu geben. Ähnliche Vergangenheiten mit
einer Kunst des Interieurs sind von Rumpf (geb. 1821)
da. Von den Radierern nennen wir dann noch den
frühverstorbenen I. C. Erhard (1795 —1822) und den
wohl noch lebenden F. Werner (geb. 1827). Steindrucke
gibt es von dem uns aus der Reihe der deutschen
Landschafter bekannten E. Lugo (1840 —1902), sowie
von dem anscheinend jüngeren Münchener A. Lang.
Ebenfalls ein jüngerer Münchener (ich glaube 1868 ge-
boren) ist R. Kaiser, dessen landschaftliche Radierungen
durch eine großzügige Flächenkunst wirken, aber doch
noch eher nach der Technik der Lithographie rufen.
Eigenartig sind die Radierungen aus dem Jahre 1886
von dem bekannten E. M. Geyger in Florenz (geb.
1861), mit mannigfachem Inhalt. So wertvoll aber die
zuletzt genannte Reihe von Graphiken ist, neben denen
von Menzel und von dem ganz besonders energischen
Stauffer-Bern haben sie doch einen schweren Stand.
Die letzte historische Gabe im Ausstellungssaal des
Kupferstichkabinettes sind »Neuere englische Radie-
rungen, Steindrucke und Holzschnitte«. Nur wenige
von den dabei zum Vorschein kommenden Künstlern
sind bereits näher bekannt. Die Radierungen zeigen im
allgemeinen eine gute technische Reife, während die
Stücke der anderen Techniken im ganzen dahinter
zurückstehen. Der Stoffkreis ist bei allen meistens etwas
beschränkt; Landschaften überwiegen. Unter den Ver-
tretern dieser in der Radierung nennen wir an erster
Stelle Francis Seymour Haden, geboren zu
London 1818, also weit vor unserer Moderne liegend.
Er versteht es noch trefflich, mit seinem Licht in die
 
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