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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 2.1905/​1906

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Baer, Casimir Hermann: Die St. Michaelskirche in Zug: erbaut von Karl Moser, Architekt, in Firma Curjel & Moser in Karlsruhe
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Coböken, Jos. Mar.: Ausstellung von Goldschmiedearbeiten in Breslau
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https://doi.org/10.11588/diglit.53157#0326

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AUSSTELLUNG VON GOLDSCHMIEDEARBEITEN ^3

künstlerische Ausführung und weise berech-
nete Aufstellung und Umgebung sofort als
das Allerheiligste und den Mittelpunkt des
ganzen Gotteshauses zu erkennen.
In ähnlicher Weise wie der Chor ist auch
die seitlich der Orgelempore und Vorhalle
angebaute Taufkapelle mit reichen Wand-
und Gewölbemalereien geziert; sie enthält
neben dem Taufstein mit originellem Kupfer-
deckel den in gotischen Formen hübsch ge-
schnitzten Allerseelenaltar.
Die Kanzel in Savonierestein entspricht der
Formengebung der Altarwerke ; ihre Brüstung
ist mit den Reliefdarstellungen der vier großen
Propheten Jesaias, Jeremias, Ezechiel und Da-
niel geschmückt und der Schalldeckel von
der stehenden Figur Christi mit dem Kreuze
überragt (Abb. S. 288).
fit
Die Kunst ist weder gegen die Religion
überhaupt noch gegen den Geist des Christen-
tums. Im Gegenteil, die Kunst- gehört zur
Religion und bildet einen Teil von ihr. Im
Mittelaltar waren Kunst und Religion wie
Leib und Seele; wie hätte sonst Fra Angelico
von Fiesoie jene herrlichen Lobgesänge in
Farben und Gold schaffen können?
Wenn das heute vielfach anders ist, so hat
das wohl mit seinen Grund darin, daß man
die kirchlichen Zwecken dienenden Bauwerke
und Gegenstände von Händen herstellen läßt,
die nichts weniger als kunstverständig sind,
und trotzdem glaubt, wirkliche Kunstwerke
vor sich zu haben. Für die vollendete Aus-
gestaltung eines Kirchenbaus aber ist es un-
bedingt nötig, daß Architektur, Bildnerei und
Malerei, als Rohbau, innerer Ausbau, Altäre
und innere Einrichtung bis ins kleinste Detail
künstlerisch und einheitlich gefertigt und
von einer Hand, der des Architekten, ge-
leitet werden, unter Wahrung der Bewegungs-
freiheit der Schwesterkünste.
Zumeist jedoch werden die Bauten frei ver-
geben und gar oft Leuten anvertraut, die be-
deutenderen Aufgaben nicht gewachsen sind.
Die Innenausstattung schließlich pflegt man
an Hand der Kataloge und entsprechend den
vorhandenen Geldmitteln oderStiftungen ohne
jede Rücksicht auf einheitliche Wirkung von
irgend welchen Firmen zu beziehen, die die
Anfertigung kirchlicher Gegenstände fabrik-
mäßig betreiben. Das hemmt die künstle-
rische und neuzeitliche Entwicklung des ka-
tholischen Kirchenbaues, die sich erst dann
wieder frei entfalten wird, wenn sith die ein-
schlägigen Faktoren entschließen können, in

formalen Fragen den Künstler vor allem zum
Worte kommen zu lassen.
Daß dann unter solchen Vorbedingungen
auch bei nicht allzu reichlich vorhandenen
Geldmitteln doch Gutes geleistet werden
kann, beweist die eben beschriebene Kirche
St. Michael in Zug. Dr. C. H. Baer, Zürich

AUSSTELLUNG VON GOLD-
SCHMIEDEARBEITEN IN BRESLAU
Von JOS. MAR. COBÖKEN
(Schluß)
Erwähnt sei, daß sowohl Paul wie Fabian
Nitsch nicht bei Rosenberg (siehe H. 10,
S. 239 unten) erwähnt sind.
Das ist auch bei Christian Mentzel d.Ä.,
der von 1668—1699 in Breslau tätig war, der
Fall, obwohl die Ausstellung 24 seiner Werke
aufweist und somit ein fast lückenloses Bild
seines künstlerischen Werdeganges gibt. Drei
Monstranzen, eine Anzahl von Kelchen, meh-
rere Sargschilde und Schützenorden, Meß-
kännchen, Kanontafeln, eine Henkelkanne,
ein Reliquienstandkreuz, ein Deckelbecher,
Beschlag einer Tabernakeltür usw. usw.,
die 16 (!) verschiedenen Besitzern gehören,
sind von der Ausstellungsleitung zusammen-
gebracht worden, fürwahr eine anerkennens-
werte Leistung! Das Hauptwerk des Meisters
ist eine prachtvolle der katholischen Pfarrkirche
in Heinrichau gehörige Monstranz, die der kunst-
sinnige AbtMelchiorvonHeinrichau ihmin Auf-
trag gab (Abb. S. 291). Sie ist aus Silber und
teilweise vergoldet, mit Steinen und Email
geschmückt. Als Motiv liegt, wie auch sonst
bei Monstranzen, die Wurzel Jesse zugrunde.
Auf dem Fuße sind drei auf die Erfüllung des
neuen Bundes sich beziehende Darstellungen
(Johannes der Täufer weist auf das Lamm
Gottes hin, der schlafende Adam schaut Christus,
zwei Engel mit der Bundeslade vor der Mutter-
gottes mit dem Jesuskinde). Aus dem Fuße
entsprießt die Rundfigur Jesses, dessen Haupt
ein mächtiger Weinstock, als Vorder- und
Rückseite gleich sorgfältig gearbeitet, mit den
Halbfiguren der Stammväter Christi und der
auf Wolken thronenden Gottesmutter in der
Mitte entwächst. Nach der Umschrift um das
Heinrichauer Stiftswappen ist die Monstranz
1671 bestellt, sie ist 104 cm hoch.
Sodann ist von Interesse ein silberner, gut
vergoldeter Kelch des Meisters, der reichen
farbigen Reliefschmelz aufweist, mit dem der
durchbrochene Belag der Kuppa, sowie der
Nodus bedeckt sind. Auf dem Fuße sind
Halbfiguren von Heiligen, auf der Kuppa Engel
 
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