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SW DER WITTELSBACHERBRUNNEN IN EICHSTÄTT
wie in dem »Bacchanale« nicht frei von Perver-
sität sind. Unterdessen ist das erwähnte Bild
von höherer Stelle beanstandet und mit Recht
auch entfernt worden. Besser gemalt ist das
umfangreiche »Hinter den Kulissen«; obgleich
fehlerhaft in der Zeichnung, wirkt das Ganze
gutin den Tonvaleurs. Die manierierte Malerei,
welche sowohl Püttner als Münzer sich
angewöhnt haben, ist eine karikierte Leibi-
Technik und gar nichts Neues. — Eine selb-
ständige Malweise hat Fritz Frier. Auch
er liebt große Formate, aber sie haben für
seine Motive auch Berechtigung. Eine Art
feierliche Ruhe mit einem Anklang an Tragik
weiß er in seine Kompositionen zu tragen,
und so berührt auch das Bild »Die Fremd-
linge«. Doch paßt solch Bild in keine mo-
derne Ausstellung, sondern als Wandmalerei.
Weniger Originalität besitzt Walter Georgi,
welcher über eine große handwerkliche Ge-
schicklichkeit verfügt, aber es sich oft zu
leicht macht, so daß, wie dies bei dem Bild
»Brotzeit« recht deutlich bemerkbar ist, seine
Malweise auf ein Rezept, auf ein Schema
hinausläuft. Vergriff sich Georgi oft im For-
mate, so auch Münzer bei seinem Waldfeste,
das aber nur eine Dame im Grünen mit
Blumen in der Hand erkennen läßt. Seine vor-
jährigen Malereien waren entschieden frischer
und interessanter. Erich Erler-Samaden
hat ein Triptychon »Melancholie« beigesteuert,
das tiefsinnig gedacht, mehr seelische Wirkung
hervorrufen will. Er hat vieles, vielleicht ganz
unbewußt, von Segantini angenommen und
ist auch in manchem mit diesem nordischen
Italiener ähnlich. Mehr persönlichen Eindruck
von der Natur, mehr Freude an der stillen,
erhabenen Gottesnatur spricht sich in dem
anderen Bilde »Mittagsstunde« aus. Der
stärkste Könner der Scholle, mit der soli-
desten Grundlage ist Robert Weise. Es
steckt in ihm eine reife künstlerische Er-
ziehung, die auf eine strenge, wenn auch
moderne Schulung schließen läßt. Dem Stu-
dium der alten Meister scheint Weise eben-
falls nicht abhold zu sein; man glaubt dies
bei Betrachtung des feintonigen Damenbild-
nisses in Schwarz schließen zu können und
wird an Velasquez gemahnt. Es gehört dies
Bildnis mit zu den besten Werken der Inter-
nationalen. Auch das Werk »Blaue Stunde«,
darstellend eine Dame am Fenster, die in
die Nacht hinausblickt und vom warmen
Lampenlicht beleuchtet wird, ist eine vor-
treffliche Leistung, in welcher ein Beleuch-
tungs- und Farbenproblem zugleich auf die
feinste und raffinierteste Art gelöst wurde.
(Schluß folgt)
DER WITTELSBACHERBRUNNEN IN
EICHSTÄTT
in Anwesenheit Sr. K. Hoheit des Prinzen Ludwig
1 Ferdinand von Bayern als des Vertreters unseres er-
habenen Regenten wurde am 22. Oktober d. J. in
Eichstätt der neue Wittelsbacherbrunnen feierlich
enthüllt.
Das Denkmal ist eine Schöpfung der Tochter und
Schülerin unseres weitbekannten Professors von Hilde-
brand, Fräulein Irene Hildebrand, im Vereine mit
dem jungen Architekten Karl Sattler. Ihr gemeinsamer
Entwurf errang in dem für diesen Brunnen ausge-
schriebenen Wettbewerbe den Sieg.
Das Brunnendenkmal ist den nicht sehr günstigen
räumlichen Verhältnissen des Leonrodplatzes so günstig
als möglich angepaßt. Vielleicht wäre das Ganze um
eine ringsumlaufende Sockelstufe erhöht, noch besser
herausgehoben worden.
Ein oblonges Bassin von rund 9 zu 12 m, umsäumt
von einer etwa meterhohen, von schlichten schmied-
eisernen Schranken durchbrochenen Brüstung, wird
an der zurückliegenden Schmalseite von einem wirk-
samen Renaissanceaufbau überhöht (Abb. S. 73).
Dieser Aufbau selbst (etwa 6 m hoch) bildet eine
von flachen Pilastern beseitete, mit einfachem Gebälke und
elliptischem Giebel, den eine Wappenkartusche ziert,
bekrönte Nische. Die Nische (etwa 3 m hoch) um-
schließt eine ungemein edle Madonnengruppe.
Am Fuße des Bildes selbst ist zu lesen »Patrona
Bavariae«. Der Sockel des Mittelbaues zeigt ein zier-
liches Engelchen, welches mit beiden Händen eine über-
strömende Schale hält. Aus ihr fällt das Wasser in
zwei immer weitere Becken und so in das Hauptbassin.
In das unterste Becken schleudern auch wohlgeformte
Delphine ihre Strahlen.
Den Übergang von der Brüstung zum Hauptaufbau
vermitteln außer den stilgemäßen Seitenvoluten auch
zwei schmiedeiserne, rotverglaste Laternen an den Ecken
der Brüstung nach Münchner Vorbildern, und zwischen
diesen Behälter für Pflanzenschmuck.
Die architektonischen Details sind alle möglichst zu-
rückgehalten, um die Wirkung der plastischen Gruppe
zu erhöhen.
Geistvoll und doch herzlich empfunden ist das Haupt-
werk. Die Mutter Gottes thront hier in würdevoller
Weiblichkeit, das von dem königlichen Reife geschmückte
feinprofilierte Antlitz gütig und milde geneigt. Das
Zepter ruht zwanglos in der Rechten, während die
Linke den lieblichen Jesusknaben hält, dessen linker
Fuß sich straff auf das leicht gesenkte linke Knie der
Mutter stellt, das rechte Knie anmutig natürlich einge-
bogen. Das rechte Ärmchen und der Oberkörper stützt
sich auf die Brust, das linke Händchen faßt die schützende
Hand der Mutter. Das Köpfchen des göttlichen Knaben
ist in seinem kindlichen Ernste von holdem Reize.
Die ganze Gruppe1) ist im echten Hildebrandstil ge-
halten, nirgends verleugnet die Tochter die große Schule
ihres Vaters. Die Modellierung, die Art der Ausführung
von Einzelheiten in großen zusammenfassenden Zügen,
die Gewandgebung und die Behandlung der Körper-
formen ist ungemein charakteristisch, klar und einfach.
Die Auffassung ist gleich großzügig. Einheitlich tritt
die Idee hervor: friedliches Glück und beglückender
Friede.
Fräulein Hildebrand ist in Florenz geboren und auf-
gewachsen. Seit vielen Jahren verlebt sie wenigstens
die Frühlingsmonate wieder im blühenden Florenz oder
dem kirchenreichen Rom. Der Einfluß der Florentiner
Frührenaissance und wohl auch Raffaels ist nicht zu
Das Material der architektonischen Teile ist unterfränkischer, das
der plastischen Gruppe Donau-Muschelkalk.
SW DER WITTELSBACHERBRUNNEN IN EICHSTÄTT
wie in dem »Bacchanale« nicht frei von Perver-
sität sind. Unterdessen ist das erwähnte Bild
von höherer Stelle beanstandet und mit Recht
auch entfernt worden. Besser gemalt ist das
umfangreiche »Hinter den Kulissen«; obgleich
fehlerhaft in der Zeichnung, wirkt das Ganze
gutin den Tonvaleurs. Die manierierte Malerei,
welche sowohl Püttner als Münzer sich
angewöhnt haben, ist eine karikierte Leibi-
Technik und gar nichts Neues. — Eine selb-
ständige Malweise hat Fritz Frier. Auch
er liebt große Formate, aber sie haben für
seine Motive auch Berechtigung. Eine Art
feierliche Ruhe mit einem Anklang an Tragik
weiß er in seine Kompositionen zu tragen,
und so berührt auch das Bild »Die Fremd-
linge«. Doch paßt solch Bild in keine mo-
derne Ausstellung, sondern als Wandmalerei.
Weniger Originalität besitzt Walter Georgi,
welcher über eine große handwerkliche Ge-
schicklichkeit verfügt, aber es sich oft zu
leicht macht, so daß, wie dies bei dem Bild
»Brotzeit« recht deutlich bemerkbar ist, seine
Malweise auf ein Rezept, auf ein Schema
hinausläuft. Vergriff sich Georgi oft im For-
mate, so auch Münzer bei seinem Waldfeste,
das aber nur eine Dame im Grünen mit
Blumen in der Hand erkennen läßt. Seine vor-
jährigen Malereien waren entschieden frischer
und interessanter. Erich Erler-Samaden
hat ein Triptychon »Melancholie« beigesteuert,
das tiefsinnig gedacht, mehr seelische Wirkung
hervorrufen will. Er hat vieles, vielleicht ganz
unbewußt, von Segantini angenommen und
ist auch in manchem mit diesem nordischen
Italiener ähnlich. Mehr persönlichen Eindruck
von der Natur, mehr Freude an der stillen,
erhabenen Gottesnatur spricht sich in dem
anderen Bilde »Mittagsstunde« aus. Der
stärkste Könner der Scholle, mit der soli-
desten Grundlage ist Robert Weise. Es
steckt in ihm eine reife künstlerische Er-
ziehung, die auf eine strenge, wenn auch
moderne Schulung schließen läßt. Dem Stu-
dium der alten Meister scheint Weise eben-
falls nicht abhold zu sein; man glaubt dies
bei Betrachtung des feintonigen Damenbild-
nisses in Schwarz schließen zu können und
wird an Velasquez gemahnt. Es gehört dies
Bildnis mit zu den besten Werken der Inter-
nationalen. Auch das Werk »Blaue Stunde«,
darstellend eine Dame am Fenster, die in
die Nacht hinausblickt und vom warmen
Lampenlicht beleuchtet wird, ist eine vor-
treffliche Leistung, in welcher ein Beleuch-
tungs- und Farbenproblem zugleich auf die
feinste und raffinierteste Art gelöst wurde.
(Schluß folgt)
DER WITTELSBACHERBRUNNEN IN
EICHSTÄTT
in Anwesenheit Sr. K. Hoheit des Prinzen Ludwig
1 Ferdinand von Bayern als des Vertreters unseres er-
habenen Regenten wurde am 22. Oktober d. J. in
Eichstätt der neue Wittelsbacherbrunnen feierlich
enthüllt.
Das Denkmal ist eine Schöpfung der Tochter und
Schülerin unseres weitbekannten Professors von Hilde-
brand, Fräulein Irene Hildebrand, im Vereine mit
dem jungen Architekten Karl Sattler. Ihr gemeinsamer
Entwurf errang in dem für diesen Brunnen ausge-
schriebenen Wettbewerbe den Sieg.
Das Brunnendenkmal ist den nicht sehr günstigen
räumlichen Verhältnissen des Leonrodplatzes so günstig
als möglich angepaßt. Vielleicht wäre das Ganze um
eine ringsumlaufende Sockelstufe erhöht, noch besser
herausgehoben worden.
Ein oblonges Bassin von rund 9 zu 12 m, umsäumt
von einer etwa meterhohen, von schlichten schmied-
eisernen Schranken durchbrochenen Brüstung, wird
an der zurückliegenden Schmalseite von einem wirk-
samen Renaissanceaufbau überhöht (Abb. S. 73).
Dieser Aufbau selbst (etwa 6 m hoch) bildet eine
von flachen Pilastern beseitete, mit einfachem Gebälke und
elliptischem Giebel, den eine Wappenkartusche ziert,
bekrönte Nische. Die Nische (etwa 3 m hoch) um-
schließt eine ungemein edle Madonnengruppe.
Am Fuße des Bildes selbst ist zu lesen »Patrona
Bavariae«. Der Sockel des Mittelbaues zeigt ein zier-
liches Engelchen, welches mit beiden Händen eine über-
strömende Schale hält. Aus ihr fällt das Wasser in
zwei immer weitere Becken und so in das Hauptbassin.
In das unterste Becken schleudern auch wohlgeformte
Delphine ihre Strahlen.
Den Übergang von der Brüstung zum Hauptaufbau
vermitteln außer den stilgemäßen Seitenvoluten auch
zwei schmiedeiserne, rotverglaste Laternen an den Ecken
der Brüstung nach Münchner Vorbildern, und zwischen
diesen Behälter für Pflanzenschmuck.
Die architektonischen Details sind alle möglichst zu-
rückgehalten, um die Wirkung der plastischen Gruppe
zu erhöhen.
Geistvoll und doch herzlich empfunden ist das Haupt-
werk. Die Mutter Gottes thront hier in würdevoller
Weiblichkeit, das von dem königlichen Reife geschmückte
feinprofilierte Antlitz gütig und milde geneigt. Das
Zepter ruht zwanglos in der Rechten, während die
Linke den lieblichen Jesusknaben hält, dessen linker
Fuß sich straff auf das leicht gesenkte linke Knie der
Mutter stellt, das rechte Knie anmutig natürlich einge-
bogen. Das rechte Ärmchen und der Oberkörper stützt
sich auf die Brust, das linke Händchen faßt die schützende
Hand der Mutter. Das Köpfchen des göttlichen Knaben
ist in seinem kindlichen Ernste von holdem Reize.
Die ganze Gruppe1) ist im echten Hildebrandstil ge-
halten, nirgends verleugnet die Tochter die große Schule
ihres Vaters. Die Modellierung, die Art der Ausführung
von Einzelheiten in großen zusammenfassenden Zügen,
die Gewandgebung und die Behandlung der Körper-
formen ist ungemein charakteristisch, klar und einfach.
Die Auffassung ist gleich großzügig. Einheitlich tritt
die Idee hervor: friedliches Glück und beglückender
Friede.
Fräulein Hildebrand ist in Florenz geboren und auf-
gewachsen. Seit vielen Jahren verlebt sie wenigstens
die Frühlingsmonate wieder im blühenden Florenz oder
dem kirchenreichen Rom. Der Einfluß der Florentiner
Frührenaissance und wohl auch Raffaels ist nicht zu
Das Material der architektonischen Teile ist unterfränkischer, das
der plastischen Gruppe Donau-Muschelkalk.