SW ADOLF VON MENZEL ^3
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Gräser, Schneeglöckchen, Wucherblume etc.
Als Körper zur räumlichen Darstellung werden
verwendet: Früchte, Krugformen,Vasen, Helm-
formen, Gießkannen, Leuchter, Stuhl, „.Tisch,
Kasten usf. Im achten Schuljahr, dessen Be-
such freiwillig ist, werden die Pflanzenstudien
fortgesetzt, dann folgen die einfachsten geo-
metrischen Kon-
daß sich die neue Methode wohl bewährt
hat. Der Gebrauch des Pinsels, das Zeich-
nen nach dem wirklichen Gegenstände be-
reitet den Kindern sichtlich mehr Freude
als das immerwährende Kopieren von Vorlagen
mit dem Bleistift. Dazu kommt noch der
Umstand, daß helle Gegenstände auf dunkles,
dunkle auf hell-
struktionen. Die
Knaben üben sich
dann im Freihand-
zeichnen nach
kunstgewerbli-
chen Mustern und
im Projektions-
zeichnen nach
Modellen, wäh-
rend die Mädchen
die erlangte Zei-
chenfertigkeit für
Litzenmuster, zu
Stickereien und
Applikationen
verwenden.
Bereits im ver-
gangenen Schul-
jahre wurde in
einer Anzahl von
Klassen versuchs-
weise nach dem
nunmehr einge-
führtenLehrplane
gezeichnet. Die
Mitte Juli veran-
staltete Ausstel-
lung der Schüler-
arbeiten ließ in
der Tat'schließen,
RUDOLF SCHULTE IM HOFE PORTRÄT ADOLFS VON MENZEL
Große Berliner Kunstausstellung 1905
farbiges Papier ge-
zeichnet, bezw.
gemalt, d. h. mit
Farbe eingedeckt
werden, was der
ganzen Arbeit
dann ein sehr ge-
fälliges Aussehen
verleiht.
Daß die Grund-
ideen zur neuen
Zeichenmethode
auch anderwärts
in ähnlicherWeise
wie in München
erfaßt werden,
beweist unter an-
derem der neue
Lehrplan der Bu-
dapester Volks-
schulen, der uns
unlängst zu Ge-
sicht kam, wel-
cher bezüglich
des Zeichenunter-
richts mit dem
Münchener in al-
len wesentlichen
Punkten überein-
stimmt. E. G.
ADOLF VON MENZEL
Ein Gedenk blatt
von CARL CONTE SCAPINELLI
NJur selten geht ein Künstler von uns, an
1 dessen Bahre wir den Satz aussprechen kön-
nen: »Wir haben ihm nichts abzubitten, wir
haben ihm aber auch nichts zu verzeihen«. Ge-
wöhnlich ist über das Leben und die Kunst
eines noch Schaftenden für die Mitwelt ein
Schleier gebreitet, oft ein grauer, der ihn uns
nicht recht erkennen, der ihn uns geringer
einschätzen läßt, oft aber auch ein glitzernder,
goldbesetzter, der uns sein Lebenswerk in
glänzenderen Farben zeigt.
So wird die Kunstgeschichte meist zur Wis-
senschaft, die im Gegensatz zur Zeitmeinung
die Wahrheit klargelegt, die abbitten oder
verzeihen muß.
Die Meinung über den greisen Menzelstand
aber schon zu seinen Lebzeiten fest. Geehrt
wie selten ein Künstler von seinem Herrscher
wie von seinem Volk, gekannt wie überhaupt
selten ein Mann, hat man ihn in den letzten
z) Raumverhältnisse halber mußte dieser Aufsatz, der
uns schon länger vorlag, bis jetzt zurückbehalten werden.
Vgl. übrigens I.Jahrg, Heft 6, Beil. S. VI; ferner II. Jahrg.,
Heft i, Beil. S. II u. III. D. Red.
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Gräser, Schneeglöckchen, Wucherblume etc.
Als Körper zur räumlichen Darstellung werden
verwendet: Früchte, Krugformen,Vasen, Helm-
formen, Gießkannen, Leuchter, Stuhl, „.Tisch,
Kasten usf. Im achten Schuljahr, dessen Be-
such freiwillig ist, werden die Pflanzenstudien
fortgesetzt, dann folgen die einfachsten geo-
metrischen Kon-
daß sich die neue Methode wohl bewährt
hat. Der Gebrauch des Pinsels, das Zeich-
nen nach dem wirklichen Gegenstände be-
reitet den Kindern sichtlich mehr Freude
als das immerwährende Kopieren von Vorlagen
mit dem Bleistift. Dazu kommt noch der
Umstand, daß helle Gegenstände auf dunkles,
dunkle auf hell-
struktionen. Die
Knaben üben sich
dann im Freihand-
zeichnen nach
kunstgewerbli-
chen Mustern und
im Projektions-
zeichnen nach
Modellen, wäh-
rend die Mädchen
die erlangte Zei-
chenfertigkeit für
Litzenmuster, zu
Stickereien und
Applikationen
verwenden.
Bereits im ver-
gangenen Schul-
jahre wurde in
einer Anzahl von
Klassen versuchs-
weise nach dem
nunmehr einge-
führtenLehrplane
gezeichnet. Die
Mitte Juli veran-
staltete Ausstel-
lung der Schüler-
arbeiten ließ in
der Tat'schließen,
RUDOLF SCHULTE IM HOFE PORTRÄT ADOLFS VON MENZEL
Große Berliner Kunstausstellung 1905
farbiges Papier ge-
zeichnet, bezw.
gemalt, d. h. mit
Farbe eingedeckt
werden, was der
ganzen Arbeit
dann ein sehr ge-
fälliges Aussehen
verleiht.
Daß die Grund-
ideen zur neuen
Zeichenmethode
auch anderwärts
in ähnlicherWeise
wie in München
erfaßt werden,
beweist unter an-
derem der neue
Lehrplan der Bu-
dapester Volks-
schulen, der uns
unlängst zu Ge-
sicht kam, wel-
cher bezüglich
des Zeichenunter-
richts mit dem
Münchener in al-
len wesentlichen
Punkten überein-
stimmt. E. G.
ADOLF VON MENZEL
Ein Gedenk blatt
von CARL CONTE SCAPINELLI
NJur selten geht ein Künstler von uns, an
1 dessen Bahre wir den Satz aussprechen kön-
nen: »Wir haben ihm nichts abzubitten, wir
haben ihm aber auch nichts zu verzeihen«. Ge-
wöhnlich ist über das Leben und die Kunst
eines noch Schaftenden für die Mitwelt ein
Schleier gebreitet, oft ein grauer, der ihn uns
nicht recht erkennen, der ihn uns geringer
einschätzen läßt, oft aber auch ein glitzernder,
goldbesetzter, der uns sein Lebenswerk in
glänzenderen Farben zeigt.
So wird die Kunstgeschichte meist zur Wis-
senschaft, die im Gegensatz zur Zeitmeinung
die Wahrheit klargelegt, die abbitten oder
verzeihen muß.
Die Meinung über den greisen Menzelstand
aber schon zu seinen Lebzeiten fest. Geehrt
wie selten ein Künstler von seinem Herrscher
wie von seinem Volk, gekannt wie überhaupt
selten ein Mann, hat man ihn in den letzten
z) Raumverhältnisse halber mußte dieser Aufsatz, der
uns schon länger vorlag, bis jetzt zurückbehalten werden.
Vgl. übrigens I.Jahrg, Heft 6, Beil. S. VI; ferner II. Jahrg.,
Heft i, Beil. S. II u. III. D. Red.