152
MUSEUMS-VEREIN AACHEN
späteren und berühmteren Dav. Röntgen ist aus der
Zeit Friedrichs II. der Kunsttischler Möllinger, von dem
wir hier eines der sogenannten Zylinderbureaus und
eine Uhr finden.
Ch arlottenburg hat von den Architekten Rein-
hardt und Süßenguth ein neues Rathaus bauen
lassen und macht es jetzt dem Publikum bequem zu-
gänglich. In modern variierten Formen einer späten
deutschen Renaissance erhebt sich das Hauptgebäude
mit hohem steilem Dach und einem vorn aus dem
Mittelrisalit emporsteigenden Turm, dessen wuchtige
Vierkantigkeit sich erst hoch oben zu kleineren und
feineren Vierecken abstuft. Die Architekturornamentik
des Gebäudes leidet unter einem kapriziösen derben
Bandwerke mit recht stereotypen Masken in dessen
Mittelstücken. Dagegen sind die einzelnen Ausstat-
tungsstücke meist treffliche Gegenwartsarbeit; so nament-
lich die verschiedentlichen Bronzeteile und die Glas-
malereien. Zu den interessantesten architektonischen Pro-
blemlösungen gehören die größeren Treppenhäuser.
Von den Sälen machen sich der Stadtverordnetensaal
und der kleinere Magistratssaal besonders bemerklich;
namentlich der letztere enthält gut moderne kunstge-
werbliche Einzelheiten.
Der brandenburgischen Architektur in Vergangenheit
und Gegenwart gleichsam ins Verborgene zu schauen,
ermöglichte uns eine, mindestens hier noch nicht da-
gewesene Vorführung: die Erste Ton-, Z em ent-
rind Kalkindustrie-Ausstellung zu Berlin. In
ihr lernte man die norddeutsche Ziegelarchitektur, aber
auch die feinere Architekturausstattung keramischer Art
unserer Zeit gut kennen. Näher können wir uns darauf
nicht einlassen. Jedenfalls nehmen wir die Einsicht mit,
daß in diesen Dingen, bei denen es zunächst auf Tech-
nisches ankommt, die hiesige Gegend leistungsfähiger
ist, als auf Gebieten, in denen der gute Geschmack das
Erste ist. Und außerdem sehen wir auch hier wieder,
wie vieles von technischer und künstlerischer Seite er-
reicht ist, das der allgemeinen Praxis nur erst mit vieler
Mühe zugeführt werden kann.
MUSEUMS-VEREIN AACHEN
Der Januar hat dem kunstliebenden Publikum in zwei
Oberlichtsälen des Suermondt-Museums eine reich-
haltige Kollektion des »Ausstellungsverbandes Düssel-
dorf« gebracht, die einen interessanten Einblick in den
Wirkungskreis einer Reihe hochbegabter Künstler der
jüngeren Düsseldorfer Schule gestattet. Die Mannig-
faltigkeit des Gesamtbildes wird noch dadurch erhöht,
daß die einzelnen Meister durch Werke verschiedenster
Technik: Gemälde in Öl, Pastell und Gouache, sowie
durch Radierungen, Lithographien und Zeichnungen ver-
treten sind.
Beim Eintritt in den großen Oberlichtsaal wird die
Aufmerksamkeit durch ein großes Gemälde von An-
dreas Dirks gefesselt. Der Blick auf den »Fischer-
hafen« mit den stürmisch bewegten See, den damit
kämpfenden Booten und dem wolkenschweren Himmel
darunter wirkt äußerst frisch und anziehend. Hierbei
ist auch die pastose, auf Fernwirkung berechnete
Technik zu verblüffender Wirkung gebracht. Eine ähn-
liche großzügige Behandlung bietet Aug. Deusser
auf seinem Bilde »Auf dem Felde«; dieses führt einen
pflügenden Bauern bei einer kleinen Ruhepause vor,
wobei besonders gut die schweren Ackergäule getroffen
sind, hinter denen sich weite Stoppelfelder ausdehnen.
In viel kleineren Dimensionen ist die »Herbstlandschaft«
gehalten, die gleichfalls ein langgestrecktes Ackerfeld,
am Waldesrande gelegen, stimmungsvoll gibt, während
sich darunter ein schwerer Himmel breitet. Einem an
sich »unmalerischen« Motiv »Neubau«, das uns an die
Peripherie der Großstadt führt, weiß er durch die
flotte Behandlung und die geschickten Farbenkontraste
zwischen dem dunkeln Pferd und dem grauangestrichenen
Karren, ebenso wie zwischen dem Rotbraun des Ziegel-
mauerwerks und dem Blau des Himmels künstlerische
Werte zu verleihen. Weniger glücklich sind seine
Reiterbilder, besonders das »Im Trabe«, das in der
eigentümlichen Bewegung doch zu sehr an eine Moment-
aufnahme erinnert. Gleichfalls als intim schildernder
Landschafter, doch von besonderer Eigenart, tritt uns
Ernst Hardt entgegen. Am besten gefällt uns sein
Gemälde »In den Feldern« auf dem er eine im fernen
Horizonte verschwimmende, durch eine Schafherde be-
lebte Ebene darstellt, über der fahles Gewölk lastet.
Einander verwandte Motive zeigen »An der Anger«
und »Früblingsahnen«, nämlich einen von knorrigen
Weiden bestandenen Bach, in dessen Wasser die klare
Spiegelung eines scharfen Frühlingshimmels erscheint.
Noch kräftiger ist die Beleuchtung bei dem »nieder-
rheinischen Gehöft«, während bei der »Wolkenstimmung«
der Vordergrund dunkel daliegt und erst rückwärts
helleres Licht durchbricht. Auf dem Gebiet des Figür-
lichen arbeitet Max Stern. Besonders sei hier auf
ein großes Gemälde »Abschied der Heringsfischer« auf-
merksam gemacht, das in der Gruppierung äußerst ge-
schickt abgewogen ist: wie hier die Nuancen der
einzelnen Stimmungen, von der Gruppe des jungen
Paares mit der Mutter an bis zu den ganz rechts stehen-
den älteren, schon abgestumpfteren Fischern fein zu-
einander überleiten, ist beachtenswert, desgleichen auch
die Art, wie die Figuren in die ganze Atmosphäre
hineingesetzt sind. Sein »Niederländisches Volksfest«
schildert gleichfalls eine fein beobachtete Szene, bei der
die Gruppen in ein gemütliches holländisches Städtchen
hineinkomponiert sind, während uns die »Predigt« zu
sehr an die Modellstudien erinnert. Bei den »Trinkern«
ist besonders die Figur des Mannes mit dem Schlapp-
hut und dem durchsichtig behandelten Schattenton
vollendet durchgeführt. Helm. Liesegang scheint
holländische Motive zu bevorzugen, wie wir das haupt-
sächlich an dem großen »Herbst« und an dem Bild
»Vor dem Tor« sehen, das ein malerisches Architektur-
stück festhält. Zwei fein durchgearbeitete Interieurs
sind Theodor Funks »Am Totenbett« und »Die
beiden Alten«, ersteres voll düsteren Ernstes, das andere
mit einem Hauch anspruchsloser Zufriedenheit, die sich
in den Zügen des alten Paares widerspiegelt. Inter-
essant zu verfolgen ist, wie Gustav Wendling
ähnliche Vorwürfe andersgeartet wiedergibt; im Gegen-
satz zu Funck liebt er lichtere Töne, besonders ein
kräftiges Rot, das bei den Ziegeldächern des »Hol-
ländischen Städtchens« gut wirkt, jedoch auf seinem
»Seeländischen Interieur« in der Kleidung des jungen
Fischers zu sehr herausfällt. Dagegen atmet sein anderes
Interieur, mit dem »eine Frage« an das Mädchen
richtenden jungen Manne natürliche Frische. Auch als
Porträtist tritt er auf mit dem Porträt von O. Sohn-
Rethel, wo er den Künstler beim Scheine einer Kerze
am Arbeitstische zeigt. Nicht nur in der Wahl des
Dargestellten, sondern zugleich in der Art der Be-
leuchtung knüpft Gerh. Janssen an die Holländer an.
Am sympathischsten berühren uns die in Kohlenzeichnung
ausgeführten Studienköpfe. Auch die breite Technik
bei den Gouachen läßt sich rechtfertigen, während es
scheint, als ob er sich hierin bei dem Studienkopf in
Oel vergriffen hätte. So fein im Ton sein Interieur
»Gegen Abend« wirkt, so kommt uns das die beiden
Alten umgebende Helldunkel — das bei den alten
Niederländern vielfach auf das Alter zurückzuführen ist —
nicht ganz motiviert vor, wobei einzelne Schönheiten
nicht übersehen werden sollen. (Schluß folgt)
Für die Redaktion verantwortlich: S. Staudhamer; Verlag der Gesellschaft für christl. Kunst, G. m. b. H.
Druck von Alphons Bruckmann. — Sämtliche in München.
MUSEUMS-VEREIN AACHEN
späteren und berühmteren Dav. Röntgen ist aus der
Zeit Friedrichs II. der Kunsttischler Möllinger, von dem
wir hier eines der sogenannten Zylinderbureaus und
eine Uhr finden.
Ch arlottenburg hat von den Architekten Rein-
hardt und Süßenguth ein neues Rathaus bauen
lassen und macht es jetzt dem Publikum bequem zu-
gänglich. In modern variierten Formen einer späten
deutschen Renaissance erhebt sich das Hauptgebäude
mit hohem steilem Dach und einem vorn aus dem
Mittelrisalit emporsteigenden Turm, dessen wuchtige
Vierkantigkeit sich erst hoch oben zu kleineren und
feineren Vierecken abstuft. Die Architekturornamentik
des Gebäudes leidet unter einem kapriziösen derben
Bandwerke mit recht stereotypen Masken in dessen
Mittelstücken. Dagegen sind die einzelnen Ausstat-
tungsstücke meist treffliche Gegenwartsarbeit; so nament-
lich die verschiedentlichen Bronzeteile und die Glas-
malereien. Zu den interessantesten architektonischen Pro-
blemlösungen gehören die größeren Treppenhäuser.
Von den Sälen machen sich der Stadtverordnetensaal
und der kleinere Magistratssaal besonders bemerklich;
namentlich der letztere enthält gut moderne kunstge-
werbliche Einzelheiten.
Der brandenburgischen Architektur in Vergangenheit
und Gegenwart gleichsam ins Verborgene zu schauen,
ermöglichte uns eine, mindestens hier noch nicht da-
gewesene Vorführung: die Erste Ton-, Z em ent-
rind Kalkindustrie-Ausstellung zu Berlin. In
ihr lernte man die norddeutsche Ziegelarchitektur, aber
auch die feinere Architekturausstattung keramischer Art
unserer Zeit gut kennen. Näher können wir uns darauf
nicht einlassen. Jedenfalls nehmen wir die Einsicht mit,
daß in diesen Dingen, bei denen es zunächst auf Tech-
nisches ankommt, die hiesige Gegend leistungsfähiger
ist, als auf Gebieten, in denen der gute Geschmack das
Erste ist. Und außerdem sehen wir auch hier wieder,
wie vieles von technischer und künstlerischer Seite er-
reicht ist, das der allgemeinen Praxis nur erst mit vieler
Mühe zugeführt werden kann.
MUSEUMS-VEREIN AACHEN
Der Januar hat dem kunstliebenden Publikum in zwei
Oberlichtsälen des Suermondt-Museums eine reich-
haltige Kollektion des »Ausstellungsverbandes Düssel-
dorf« gebracht, die einen interessanten Einblick in den
Wirkungskreis einer Reihe hochbegabter Künstler der
jüngeren Düsseldorfer Schule gestattet. Die Mannig-
faltigkeit des Gesamtbildes wird noch dadurch erhöht,
daß die einzelnen Meister durch Werke verschiedenster
Technik: Gemälde in Öl, Pastell und Gouache, sowie
durch Radierungen, Lithographien und Zeichnungen ver-
treten sind.
Beim Eintritt in den großen Oberlichtsaal wird die
Aufmerksamkeit durch ein großes Gemälde von An-
dreas Dirks gefesselt. Der Blick auf den »Fischer-
hafen« mit den stürmisch bewegten See, den damit
kämpfenden Booten und dem wolkenschweren Himmel
darunter wirkt äußerst frisch und anziehend. Hierbei
ist auch die pastose, auf Fernwirkung berechnete
Technik zu verblüffender Wirkung gebracht. Eine ähn-
liche großzügige Behandlung bietet Aug. Deusser
auf seinem Bilde »Auf dem Felde«; dieses führt einen
pflügenden Bauern bei einer kleinen Ruhepause vor,
wobei besonders gut die schweren Ackergäule getroffen
sind, hinter denen sich weite Stoppelfelder ausdehnen.
In viel kleineren Dimensionen ist die »Herbstlandschaft«
gehalten, die gleichfalls ein langgestrecktes Ackerfeld,
am Waldesrande gelegen, stimmungsvoll gibt, während
sich darunter ein schwerer Himmel breitet. Einem an
sich »unmalerischen« Motiv »Neubau«, das uns an die
Peripherie der Großstadt führt, weiß er durch die
flotte Behandlung und die geschickten Farbenkontraste
zwischen dem dunkeln Pferd und dem grauangestrichenen
Karren, ebenso wie zwischen dem Rotbraun des Ziegel-
mauerwerks und dem Blau des Himmels künstlerische
Werte zu verleihen. Weniger glücklich sind seine
Reiterbilder, besonders das »Im Trabe«, das in der
eigentümlichen Bewegung doch zu sehr an eine Moment-
aufnahme erinnert. Gleichfalls als intim schildernder
Landschafter, doch von besonderer Eigenart, tritt uns
Ernst Hardt entgegen. Am besten gefällt uns sein
Gemälde »In den Feldern« auf dem er eine im fernen
Horizonte verschwimmende, durch eine Schafherde be-
lebte Ebene darstellt, über der fahles Gewölk lastet.
Einander verwandte Motive zeigen »An der Anger«
und »Früblingsahnen«, nämlich einen von knorrigen
Weiden bestandenen Bach, in dessen Wasser die klare
Spiegelung eines scharfen Frühlingshimmels erscheint.
Noch kräftiger ist die Beleuchtung bei dem »nieder-
rheinischen Gehöft«, während bei der »Wolkenstimmung«
der Vordergrund dunkel daliegt und erst rückwärts
helleres Licht durchbricht. Auf dem Gebiet des Figür-
lichen arbeitet Max Stern. Besonders sei hier auf
ein großes Gemälde »Abschied der Heringsfischer« auf-
merksam gemacht, das in der Gruppierung äußerst ge-
schickt abgewogen ist: wie hier die Nuancen der
einzelnen Stimmungen, von der Gruppe des jungen
Paares mit der Mutter an bis zu den ganz rechts stehen-
den älteren, schon abgestumpfteren Fischern fein zu-
einander überleiten, ist beachtenswert, desgleichen auch
die Art, wie die Figuren in die ganze Atmosphäre
hineingesetzt sind. Sein »Niederländisches Volksfest«
schildert gleichfalls eine fein beobachtete Szene, bei der
die Gruppen in ein gemütliches holländisches Städtchen
hineinkomponiert sind, während uns die »Predigt« zu
sehr an die Modellstudien erinnert. Bei den »Trinkern«
ist besonders die Figur des Mannes mit dem Schlapp-
hut und dem durchsichtig behandelten Schattenton
vollendet durchgeführt. Helm. Liesegang scheint
holländische Motive zu bevorzugen, wie wir das haupt-
sächlich an dem großen »Herbst« und an dem Bild
»Vor dem Tor« sehen, das ein malerisches Architektur-
stück festhält. Zwei fein durchgearbeitete Interieurs
sind Theodor Funks »Am Totenbett« und »Die
beiden Alten«, ersteres voll düsteren Ernstes, das andere
mit einem Hauch anspruchsloser Zufriedenheit, die sich
in den Zügen des alten Paares widerspiegelt. Inter-
essant zu verfolgen ist, wie Gustav Wendling
ähnliche Vorwürfe andersgeartet wiedergibt; im Gegen-
satz zu Funck liebt er lichtere Töne, besonders ein
kräftiges Rot, das bei den Ziegeldächern des »Hol-
ländischen Städtchens« gut wirkt, jedoch auf seinem
»Seeländischen Interieur« in der Kleidung des jungen
Fischers zu sehr herausfällt. Dagegen atmet sein anderes
Interieur, mit dem »eine Frage« an das Mädchen
richtenden jungen Manne natürliche Frische. Auch als
Porträtist tritt er auf mit dem Porträt von O. Sohn-
Rethel, wo er den Künstler beim Scheine einer Kerze
am Arbeitstische zeigt. Nicht nur in der Wahl des
Dargestellten, sondern zugleich in der Art der Be-
leuchtung knüpft Gerh. Janssen an die Holländer an.
Am sympathischsten berühren uns die in Kohlenzeichnung
ausgeführten Studienköpfe. Auch die breite Technik
bei den Gouachen läßt sich rechtfertigen, während es
scheint, als ob er sich hierin bei dem Studienkopf in
Oel vergriffen hätte. So fein im Ton sein Interieur
»Gegen Abend« wirkt, so kommt uns das die beiden
Alten umgebende Helldunkel — das bei den alten
Niederländern vielfach auf das Alter zurückzuführen ist —
nicht ganz motiviert vor, wobei einzelne Schönheiten
nicht übersehen werden sollen. (Schluß folgt)
Für die Redaktion verantwortlich: S. Staudhamer; Verlag der Gesellschaft für christl. Kunst, G. m. b. H.
Druck von Alphons Bruckmann. — Sämtliche in München.